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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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»Möchtest du meine silberne Schnalle sehen? Sir Bloet hat sie mir geschenkt. Ich werde sie morgen bringen. Heute kann ich nicht kommen, denn wir gehen den Julblock schneiden.«
    »Den Julblock?« fragte Kivrin. Der Julblock, der später in Brand gesetzt wurde, war traditionell am 24. geschnitten worden, und dies war erst der 17. Hatte sie Frau Imeyne falsch verstanden?
    »Ja«, sagte Agnes. »Zu Haus gehen wir erst am Weihnachtsabend, aber es wird Sturm geben, und Großmutter möchte, daß wir ausreifen und ihn holen, solange noch gutes Wetter ist.«
    Schlechtwetter, dachte Kivrin. Wie würde sie den Absetzort wiedererkennen, wenn es schneite? Das Fuhrwerk und ihre Kisten und Kästen waren noch dort, aber wenn es mehr als zehn Zentimeter schneite, würde sie Straße und Lichtung nicht wiedererkennen.
    »Gehen alle mit, den Julblock zu schneiden?« fragte Kivrin.
    »Nein. Pater Roche rief Mutter zu einem kranken Häusler.«
    Das erklärte, warum Imeyne die Tyrannin spielte, Maisry und den Verwalter einschüchterte und Kivrin des Ehebruchs beschuldigte. »Geht deine Großmutter mit euch?«
    »Ja«, antwortete die Kleine. »Ich werde mein Pony reiten.«
    »Geht Rosemund mit?«
    »Ja.«
    »Und der Verwalter?«
    »Ja«, sagte sie ungeduldig. »Das ganze Dorf geht.«
    »Auch Gawyn?«
    »Nein«, sagte sie, als ob das selbstverständlich wäre. »Ich muß zum Stall und Blackie Lebewohl sagen!«
    Sie rannte fort.
    Frau Imeyne ging, und der Verwalter, und Eliwys versorgte irgendwo einen kranken Bauern. Und Gawyn war aus einem Grund, der Agnes offensichtlich schien, aber nicht ihr, zu Haus geblieben. Vielleicht war er mit Eliwys gegangen, aber wenn er geblieben war, um auf Haus und Hof achtzugeben, konnte sie ungestört mit ihm sprechen.
    Auch Maisry ging offensichtlich mit den anderen. Als sie Kivrin einen Gerstenbrei zum Frühstück brachte, trug sie einen braunen Umhang aus grobem Wollstoff und hatte die Beine mit ausgefransten Stoffstreifen umwickelt. Sie half Kivrin zum Nachttopf, trug ihn hinaus und brachte ein Becken mit glühenden Holzkohlen herauf. Bei alledem zeigte sie sich flinker und unternehmender als Kivrin sie bisher gesehen hatte.
    Nachdem Maisry gegangen war, wartete Kivrin noch eine Stunde, bis sie überzeugt war, daß alle fort waren, dann stand sie auf, tappte zum Fenster und zog das gewachste Leinen zurück. Außer Zweigen und dunkelgrauem Himmel konnte sie nichts sehen, aber die Luft war noch kälter als die im Raum. Sie stieg auf die Steinbank, um besser hinaussehen zu können.
    Sie war über dem Hof. Er lag verlassen, und das große hölzerne Tor stand offen. Die Steine auf dem Hof und die niedrigen, strohgedeckten Dächer der Nebengebäude sahen naß aus. Sie streckte die Hand hinaus, besorgt, der Regen würde bei der niedrigen Temperatur bald in Schnee übergehen, fühlte aber keine Tropfen auf der Haut. Sie stieg von der Steinbank, wobei sie sich an der eiskalten Mauer einhalten mußte, und kauerte beim Kohlenbecken nieder.
    Die Holzkohlenglut war bereits am Erkalten und strahlte kaum noch Wärme aus. Kivrin umfaßte die Oberarme mit den Händen, zog die Schultern ein und zitterte in ihrem dünnen Nachthemd. Was mochte mit ihren Kleidern geschehen sein? Kleider wurden im Mittelalter an Pfosten neben dem Bett aufgehängt, aber hier hingen sie nicht, und es gab keine Kleiderhaken.
    Ihre Kleider lagen säuberlich zusammengelegt in der Truhe am Fußende des Bettes. Sie nahm sie heraus, dankbar, daß ihre Stiefel noch da waren, dann setzte sie sich auf den geschlossenen Deckel der Truhe, um wieder zu Atem zu kommen.
    Sie mußte diesen Morgen mit Gawyn sprechen, und wenn ihr Körper zu schwach war, mußte sie ihn mit einer Willensanstrengung zwingen. Es war das einzige Mal, daß alle fort waren. Und bald mußte es schneien; die kalte Luft roch nach Schnee.
    Sie kleidete sich im Sitzen an, so gut es ging, und als sie aufstehen mußte, lehnte sie sich gegen das Bett. Als sie die Stiefel angezogen hatte, fühlte sie sich so erschöpft, daß sie zum Bett wankte. Ich werde ein wenig ausruhen, dachte sie, nur bis ich mich aufgewärmt habe – und schlief sofort ein.
    Die Kirchenglocke weckte sie. Es war dieselbe, die sie im Südwesten gehört hatte, als sie durchgekommen war. Sie hatte gestern den ganzen Tag geläutet und dann aufgehört, und Eliwys war ans Fenster gegangen und hatte eine Weile still dort gestanden, wie um zu erspüren, was geschehen war. Das Licht vom Fenster war trüber, aber es lag nur

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