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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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sein eigener tiefinnerer Herzschlag.
    Die Wege des Waldes trennen sich.
    Auf einer Seite führt er zu der Frau aus Stein, der mit Gürteln aus Schnecken und Schlangen verzierten indianischen Statue, die eine von der mimetisch wirkenden Natur grün gefärbte Krone trägt, mit Halsketten und Reifen, Arm-, Nasen- und Ohrringen geschmückt ist.
    Auf der anderen Seite gelangt man zum Wollbaum, dem König des Urwaldes, dessen Krone die scharfen, dolchgleichen Dornen sind, von denen es überall auf seinem großen, braunen, alterslosen, unbeweglichen, aber sehnsuchtsvollen Körper nur so wimmelt, und dessen Zweige sich wie Arme ausbreiten, auf die tödliche Liebkosung wartend, die der große Leib mit den spitzen Dolchen geben kann und will.
    Laura Dïaz umarmte mit aller Kraft, die ihr blieb, den väterlich-mütterlich schützenden Wollbaum, den König eines leeren Raums, aus dem keine Botschaft zurückkehren konnte.

 
XXVI. Los Angeles: 2000
     
    Ein Jahr nach dem Überfall in Detroit erhielt ich den Auftrag zu einer Bildreportage über Los Angeles. Diesmal ließen sich meine persönliche Neigung und mein Beruf wunderbar vereinbaren: Ich sollte über die Enthüllung des restaurierten Wandbildes berichten, das David Alfaro Siqueiros 1930 in der Calle Olvera gemalt hatte.
    Die Angloamerikaner hatten sich diese »typische« Straße ausgedacht, um die hispanoamerikanische Vergangenheit von La Puebla de Nuestra Señora de los Angeles de Porciüncula zu würdigen, jenem Ort, der im Jahre 1769 von einer spanischen Expedition auf der Suche nach geeigneten Plätzen für eine christliche Missionsstation gegründet wurde. Und um sich selbst (das sagte mir Enedina Pliego, während wir mit einem Tempo von zwölf Stundenkilometern auf dem Pomona-Highway dahinkrochen) eine romantische Vergangenheit und ein gutes Gewissen gegenüber den Mexikanern zu verschaffen, die nicht in der malerischen Olvera Street lebten, sondern mit Dokumenten oder ohne und in einer Masse, die die Millionengrenze überschritt, in den Vierteln von East L.A. hausten, aus denen sie in Bussen oder Chevys nach West L.A. und seinen von Mexikanern gepflegten Rasen und Rosenhecken fuhren.
    »Mein Großvater hat die Ritte Zapatas in Morelos mitgemacht«, erzählte uns der alte Gärtner, den Enedina und ich aus Pomona mitgenommen hatten. »Jetzt reite ich im Bus von Whittier nach Wilshire.«
    Der Alte ließ ein gewaltiges Lachen hören und erklärte, heute sei Los Angeles in Kalifornien sein Arbeitsort und Ocotepec, Morelos, sein Urlaubsort, wohin er seine Dollars schicke und das er immer wieder besuche, um sich zu erholen und seine Leute zu sehen.
    Enedina und ich sahen uns an und stimmten in das Gelächter des Alten ein. Wir drei waren Angelenos, aber wir sprachen, als wären wir Fremde in der Stadt, gerade erst eingetroffene Einwanderer, wie die, die in diesem Augenblick den Grenzpatrouillen an der Mauer entwischten, die man zwischen San Diego und Tijuana, zwischen den beiden Californias, errichtet hatte. Es hatte genügt, daß ich ein Jahr nicht in der Stadt gewesen war, damit alle dachten, sogar meine Freundin Enedina, ich sei für immer fortgegangen, denn das war hier die Regel: Du bist gerade erst angekommen, und schon gehst du wieder weg oder bist bereits vor kurzem wieder weggegangen, immer bist du nur auf einen Sprung da, dabei stimmt das nicht, sagten Enedina und ich, wir Indios, Spanier und Mexikaner waren früher als alle anderen hier, und wir verschwinden nicht, sondern werden immer mehr, ständig treffen neue mexikanische Einwandererwellen in Los Angeles ein, als kehrten sie nach Los Angeles zurück… In dem Jahrhundert, das gerade vorüber ist, kamen zuerst jene her, die vor der Diktatur des Porfirio Dïaz flohen, und später die, die vor der Revolution flohen, dann die Cristero-Kämpfer, die Feinde des »Obersten Führers« Galles, der von Cardenas vertriebene Galles selbst, die Fremdarbeiter, die die Kriegsanstrengungen des Nordens unterstützten, dann die Pachucos, die halbassimilierten La-tinos, die laut riefen: »Hère we are!« Und immer waren es diese Armen, die den Reichtum und die Kunst der Stadt schufen, die armen Mexikaner, die sich abrackerten und Kleinbetriebe gründeten und dann reich wurden, die Analphabeten, die hier in die Schule gingen und das zum Ausdruck bringen konnten, was sie in ihrem Inneren bewahrten, Tanz, Dichtkunst, Musik, Literatur: Wir fuhren an einem riesigen Wandbild vorbei, das aus immer wiederkehrenden, unverwechselbaren

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