Die Janus-Vergeltung
Adern pumpte.
Sein Handy leuchtete auf und begann zu klingeln. Smith erstarrte. Es lag auf dem Nachttisch, und im schwachen gelben Licht des Displays sah er den Angreifer am Fußende des Betts liegen. Das Klingeln wurde lauter und drängender. Smith eilte um den Tisch herum, vorbei an dem reglosen Killer und zum Nachttisch hinüber. Er schnappte sich seine Pistole, hielt sie in Richtung des Betts und knipste die Nachttischlampe an.
Der Killer rührte sich nicht. Smith blickte auf das Handydisplay. »Anacostia Yacht Club«, stand da, gefolgt von einer Nummer, die, wie Smith wusste, eine Tarnung darstellte. Der Anruf kam von seinem zweiten Arbeitgeber, Fred Klein, dem Leiter von Covert One, einer geheimen Sondereinheit von Spezialisten aus verschiedenen Fachgebieten, die sich dem Kampf gegen den Terrorismus verschrieben hatten. Klein rief nicht oft an und nie ohne zwingenden Grund. Eine weitere Explosion erschütterte das Hotel, gefolgt von Schreien und dem Sirenengeheul von Einsatzfahrzeugen, noch fern, aber immer lauter.
Smith nahm das Handy und drückte die Empfangstaste, die Waffe weiterhin auf den reglosen Killer gerichtet.
»Was geht hier vor, Klein?«
»Verlassen Sie sofort das Hotel. Die CIA hat gerade gemeldet, dass es angegriffen werden soll.« Wieder hallte automatisches Gewehrfeuer durch den Flur, diesmal noch lauter und von beiden Seiten. »Sind das Schüsse?«, fragte Klein.
Smith ging um das Bett und den Mann am Boden herum zur Tür. Er schloss ab und schob zusätzlich den Sicherheitsriegel vor, dann wandte er sich wieder dem Killer zu. Der Mann trug keine Maske. Er war etwa fünfundzwanzig, hatte schwarze Haare und ein breites asiatisches Gesicht. Smith ging in die Hocke und legte zwei Finger an die Halsschlagader, um den Puls zu fühlen. Er spürte nichts. Er drückte von beiden Seiten auf den Kiefer des Mannes, um den Mund zu öffnen und nach einer Zyanidkapsel zu suchen. Nichts. Smith konnte nicht erkennen, woran der Mann gestorben war.
»Die CIA ist ein bisschen spät dran. Sie sind schon da. Warum sind sie hinter mir her?« Smith nahm das Handy in die linke Hand und begann den Toten zu durchsuchen.
»Sie sind nicht hinter Ihnen persönlich her, sondern hinter amerikanischen und internationalen Zielpersonen. Es ist einfach ein unglücklicher Zufall. Die CIA warnt schon seit Monaten vor einem Anschlag in Europa, aber dass die WHO -Konferenz das Ziel ist, habe ich jetzt erst erfahren. Sehen Sie zu, dass Sie irgendwie aus dem Hotel kommen! Schnell!«
Klein hatte recht. Die Medien hatten darüber berichtet, dass kleine Terrorzellen einen Anschlag planten, doch Smith hatte sich nicht viel dabei gedacht. Die amerikanischen Geheimdienste werteten täglich Hunderte Informationen aus, doch die meisten führten zu nichts. Solche Berichte waren oft viel zu vage, um etwas damit anfangen zu können. Außerdem erforderte es sein Beruf, dass er auch nach Europa reiste.
»Wie viele sind es?«, fragte Smith.
»Angeblich mindestens dreißig. In jedem Stockwerk zwei bis vier.«
Vom Flur drangen Schreie herein. Eine Frau begann zu heulen, ein Schuss ertönte, und sie verstummte.
»Nehmen sie Geiseln?«
»Nein. Sie töten jeden, der ihnen unterkommt. Beeilen Sie sich!«
Das Hotel erzitterte von einer erneuten Explosion, und der Feueralarm schrillte los – so laut, dass Smith zusammenzuckte. Ein Sprinkler an der Wand hinter seinem Bett begann Wasser zu sprühen. Zwei weitere schalteten sich über dem Tisch und neben der Tür ein.
In den Taschen des Toten entdeckte Smith ein Ersatzmagazin für die schallgedämpfte Pistole, ein Bündel Euroscheine sowie drei Fotos. Das erste zeigte eine Frau auf der Straße, offensichtlich ohne ihr Wissen aufgenommen. Sie war mit einem marineblauen Hosenanzug bekleidet, trug eine Aktentasche und hatte langes, schwarzes, im Nacken zusammengebundenes Haar. Sie wirkte attraktiv, aber auch Respekt einflößend und entschlossen.
Das zweite Foto war ein Schnappschuss eines Mannes, den Smith kannte und bewunderte: Peter Howell, Ex-Agent des britischen Geheimdienstes MI6 .
Das dritte Bild zeigte Smith.
Kapitel zwei
Noch während Smith mit Klein telefonierte, eilte er zum Fenster, die Euroscheine und die Fotos in der einen Hand, die Pistole in der anderen.
»Sieht ganz so aus, als wären sie doch hinter mir her. Jedenfalls gab es hier jemanden, der’s auf mich abgesehen hatte. In meinem Zimmer liegt ein Toter, der ein Foto von mir in der Tasche hatte, dazu eins von
Weitere Kostenlose Bücher