Die Janus-Vergeltung
doch als erfahrene Agentin wusste sie aus vielen Einsätzen, wie wichtig es war, eine Kommandozentrale hinter sich zu haben, die einen unterstützte und nicht behinderte.
Die CNN -Kameras konzentrierten sich auf den dritten Stock des Gebäudes, wo ein Mann an einem offenen Fenster stand. Er stieg heraus und hielt sich an der Fassade fest. Der CNN -Korrespondent kommentierte die Szene.
»Ein Hotelgast versucht gerade, dem Albtraum zu entkommen, der sich im Grand Royal abspielt«, berichtete der Reporter. Randi ärgerte sich über diese Art der Berichterstattung. Die Situation war schlimm genug – die Dramatisierung durch die Medien war absolut überflüssig.
Ihr direkter Vorgesetzter, der Director of European Operations, trat zu ihr. Dr. George Cromwell war Anfang sechzig, hatte seine gesamte berufliche Laufbahn in der CIA absolviert und würde in zwei Jahren in den Ruhestand treten. Er trug ein zerknittertes Hemd und eine Khakihose, nachdem er überstürzt aus der Behaglichkeit des Heims ins Hauptquartier geeilt war.
»Wenn er abstürzt, ist er tot«, bemerkte Cromwell. Randi nickte. Der Mann auf dem Fenstersims war nur mit einer schwarzen Kordelzughose und einem schwarzen T-Shirt bekleidet. Barfuß bewegte er sich auf dem schmalen Sims, ohne hinunterzusehen. Die CNN -Kamera ging näher heran und zeigte das Profil des Mannes. Randi erschrak.
»Was ist?«, fragte Cromwell.
»Das ist Jon Smith.« Randi trat näher an den Flachbildfernseher. Smiths Bild füllte den 42-Zoll-Bildschirm.
»Kennen Sie ihn?«, fragte Cromwell.
»Er ist bei der Army und war vor ihrem Tod mit meiner Schwester Sophia verlobt.« Wendel und Jordan blickten von ihren Computerbildschirmen auf. Jana Wendel warf ihrem Kollegen einen kurzen Blick zu und hob die Augenbrauen, ehe sie sich wieder ihrem Monitor zuwandte.
Randi Russell blickte sich im Raum um. »Ich brauche eine Liste der Hotelgäste. Die hatten wir doch hier?« Ein Mitarbeiter reichte ihr die Unterlagen. Sie überflog die erste Seite, dann die zweite und die dritte. Schließlich zeigte sie auf einen Namen und zeigte ihn Cromwell. »Da ist er.«
»U.S. Army. Ist er Arzt?«, wollte Cromwell wissen.
Russell nickte. »Und Mikrobiologe. Ein Experte auf seinem Gebiet.« Sie winkte Jordan zu.
»Haben wir einen direkten Draht zur Feuerwehr? Verbinden Sie mich bitte. Aber benutzen Sie die Tarnidentität.« Randis Tarnung umfasste einen falschen Namen und ein falsches Bild auf der CIA -Homepage, wo sie als Direktorin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit vorgestellt wurde. Unter diesem Titel hatte sie in den vergangenen Wochen Mitteilungen über aktuelle Bedrohungsszenarien an verschiedene europäische Geheimdienste verschickt.
Randi Russell begann wieder auf und ab zu gehen, während sie auf die Verbindung mit der Feuerwehr vor Ort wartete. Sie beobachtete mit einem flauen Gefühl im Magen, wie Smith sich langsam an der Fassade entlangschob. Ihr Verhältnis zu Smith war nicht ganz unbelastet, doch es hätte sie tief getroffen, ihn hier in den Tod stürzen zu sehen. Endlich meldete sich der Brandmeister.
»Hier ist Brandweercommandant van Joer.« Er sprach Englisch mit britischem Akzent.
»Herr Brandmeister, können Sie eine Leiter zu dem Mann bringen? Schnell?«
»Tut mir leid, das geht nicht. Ich habe die Anweisung, meine Männer vom Haus fernzuhalten. Sie haben keine kugelsicheren Westen, und es ist zu befürchten, dass die Terroristen sie töten würden, bevor sie eine Leiter in Position bringen können. Wir warten auf unser Einsatzteam, das die Situation zuerst unter Kontrolle bringen soll.«
»Aber er kann jeden Moment abstürzen.«
»Es tut mir leid. Außerdem trägt er eine Waffe. Es könnte sein, dass er zu den Terroristen gehört.«
»Nein, nein, er ist einer von uns.«
»Aber er ist bewaffnet …«
»Natürlich ist er bewaffnet! Er ist von der United States Army.«
»Was macht er mit einer Waffe bei einer WHO -Konferenz?«
Randi zögerte. Sie wusste, dass Smith in seiner geheimen Tätigkeit für Covert One oft zu Krisenherden und Konflikten geschickt wurde, doch in diesem Fall konnte seine Anwesenheit in dem Hotel wirklich reiner Zufall sein. Als Arzt und Mikrobiologe geriet er ebenfalls des Öfteren in kritische Situationen, und so könnte es auch in diesem Fall gewesen sein.
»Er ist Spezialist für Infektionskrankheiten. Wahrscheinlich hat ihn die WHO eingeladen.«
»Es tut mir sehr leid, aber ich kann meine Männer nicht der Gefahr aussetzen.«
»Ms.
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