Die Janus-Vergeltung
Außenstehende eher wie ein Universitätsprofessor oder ein Angehöriger eines Washingtoner Thinktanks. Er hatte einen aufrechten, leichtfüßigen Gang, und ein aufmerksamer Beobachter bemerkte vielleicht, dass er eine gewisse Autorität ausstrahlte. Und tatsächlich managte Klein als Leiter von Covert One eine der geheimsten Organisationen im amerikanischen Geheimdienstwesen. Covert One finanzierte sich aus Steuermitteln, die heimlich umgeleitet wurden, in die kein Überwachungsausschuss Einblick hatte und über die allein der Präsident verfügte. Er war es auch, der über die Aktivitäten der Organisation entschied, seit er sie im Zuge eines Terroranschlags ins Leben gerufen hatte. Damals hatten die Täter ein Virus verbreitet, das beinahe eine Pandemie ausgelöst hätte. Klein leitete das Tagesgeschäft der Einheit und war nun zu einer privaten Sitzung unterwegs, die der Präsident einberufen hatte. Er schritt durch die Gänge des Weißen Hauses zum Oval Office und wurde durch einen weiteren Wächter mit einem Kopfnicken eingelassen.
Präsident Castilla erhob sich an seinem Schreibtisch und trat Klein entgegen. Der ehemalige Gouverneur von New Mexico war Ende vierzig, fit und engagiert. Er wirkte jung genug für die Anforderungen des Amts, aber reif genug, um die dafür nötige Erfahrung mitzubringen. Klein hatte ihn als umsichtigen, intelligenten Mann kennengelernt, doch ihm fiel auf, dass das Grau in seinen schwarzen Haaren zugenommen hatte. Das Amt forderte seinen Tribut, davon blieb auch Castilla nicht verschont. Die jüngsten Meldungen aus Den Haag brachten neue Sorgen.
»Gut, dass du da bist«, begrüßte ihn Castilla und schüttelte ihm die Hand. »Du hast die Bilder aus Den Haag gesehen?«
Klein nickte. »Ob du’s glaubst oder nicht, ich habe einen Covert-One-Agenten vor Ort. Er hat an der WHO -Konferenz teilgenommen.«
Castilla hob eine Augenbraue. »Ist er aus dem Hotel rausgekommen?«
»Er war der Mann auf dem Fenstersims. Ich habe nichts mehr von ihm gehört, seit er wieder hineingeklettert ist.«
Castilla sah ihn bestürzt an. »Ich hatte schon Sorge, wir müssten live im Fernsehen mit ansehen, wie ein Terrorist einen Unschuldigen umbringt. Ich brauch dir nicht zu erklären, was für ein Coup das für die Terroristen gewesen wäre.«
»Der Scharfschütze hat großartige Arbeit geleistet. War er von einer holländischen Spezialeinheit?«
Castilla schüttelte den Kopf. »Nein, von der CIA . Er ist noch vor Ort, wechselt aber die Position. Die Terroristen schwärmen angeblich aus.«
Castilla winkte Klein zu einem Sitzbereich mit vier Stühlen und einem Kaffeetisch in der Mitte.
»Das ist nicht gut. Hat sich jemand zu dem Anschlag bekannt?«
»Noch nicht. Die größeren Terrororganisationen bestreiten sogar, etwas damit zu tun zu haben.«
»Das will was heißen.«
»Die CIA glaubt, dass die WHO -Konferenz kein zufälliges Ziel ist. Meine Sorge ist, dass es ihnen in Wirklichkeit um einen der Wissenschaftler oder um die biologischen Produkte geht, die einige mitgebracht haben.«
»Mein Agent hat Fotos in der Tasche eines Angreifers gefunden.« Klein berichtete dem Präsidenten von dem Telefonat mit Smith.
Castilla lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Lassen wir den MI6 -Agenten einmal beiseite und konzentrieren wir uns auf die Frau. Kann es sein, dass sie an der Konferenz teilgenommen hat? Eine Wissenschaftlerin?«
»Das ist durchaus möglich. Sobald ich die Fotos habe, lasse ich sie analysieren.«
»Es gibt noch mehr schlechte Neuigkeiten. Der Generaldirektor der WHO hat mich angerufen. Drei Wissenschaftler haben Proben eines neuen Choleraerregers mitgebracht, außerdem einen resistenten Erregerstamm von Hepatitis B und ein paar besonders unangenehme Kolibakterien. Sie sollten an einen sicheren Ort gebracht werden, um von einem internationalen Biologenteam analysiert zu werden. Die Proben sollten eigentlich so klein sein, dass sie für Terroristen kaum interessant wären, doch wir haben gerade erfahren, dass sich die Cholerabakterien erstaunlich schnell vermehren können. Wenn dieses Material in die Hände der Terroristen gelangt, müssen wir davon ausgehen, dass sie irgendwo das Trinkwasser damit verseuchen werden. Das könnte ein Massensterben zur Folge haben.«
»Sind das die einzigen Proben, über die wir uns Sorgen machen müssen?«
Castilla dachte einen Augenblick nach. »Ansonsten war da nur unbedenkliches Material – von lebenden Hefekulturen bis zu Bakterien, die man als
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