Die Joghurt-Luege
ganz »ohne Chemie« kann eine großtechnische Herstellung gar nicht ablaufen, wie das Beispiel Zitronensäure zeigt. Obwohl die Endprodukte rein und frei von Verunreinigungen durch Hilfsstoffe sind, müssen die beim Herstellungsprozess anfallenden Nebenprodukte wie Gips unter Umweltaspekten als heikel beurteilt werden. Auch spielt der Einsatz der Gentechnologie bei der Herstellung von Substanzen für die Lebensmittelindustrie eine zunehmende Rolle. So werden heute Fruchtsäuren wie Zitronensäure oder Äpfelsäure oft unter Zuhilfenahme gentechnisch veränderter Mikroorganismen (Pilze oder Hefen) produziert (siehe dazu auch das Kapitel »Gentechnik und Genfood«).
Beispiel Zitronensäure: Beim ursprünglichen Verfahren wird Zitronensaft mit konzentrierter Ammoniaklösung versetzt. Es entsteht lösliches Ammoniumcitrat. Um dieses Ammonimcitrat in einen unlöslichen Zustand zu überführen, wird es mit Kalziumchlorid in Kalziumcitrit umgewandelt. Nach der Behandlung mit Schwefelsäure entsteht eine Zitronensäurelösung und Gips als Abfallprodukt. Zitronensäure erhält man schließlich durch Kristallisation. Heute wird Zitronensäure mithilfe der Biotechnologie gewonnen: Der transgene Pilz Aspergillus niger produziert bei niedrigen ph-Werten und unter Eisenmangel Zitronensäure. 48
Die Industrie verspricht sich vom Einsatz der »weißen Biotechnologie« einen geringeren Rohstoff- und Materialverbrauch, geringere Investitions- und Entsorgungskosten und einen geringeren Energiebedarf – kurz: eine Kostenersparnis und einen höheren Gewinn. Biotechnologische Verfahren ersetzen klassisch-chemische; ihr Anteil wird voraussichtlich von heute 5 Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2010 klettern. Biotechnologisch hergestellte Produkte mit großem Marktvolumen finden sich vornehmlich in der Lebensmittel-, Futtermittel und Genussmittelindustrie (siehe Tabelle 12).
|118|
Tabelle 12: Mit biotechnologischen Verfahren hergestellte Bulk-Ware
Quelle: McKinsey 2003, Frost & Sullivan 2003, Festel Capitel 2003 49
Von Einsatz bis Wirkung
Die Produktion und Bereitstellung moderner Lebensmittelvielfalt ist oft ein zweischneidiges Schwert: Verbraucher stellen hohe Ansprüche an Haltbarkeit, geschmackliche Qualität und Preis. Wer erwartet, dass er an der Fleischtheke zwischen mehreren Salaten wählen kann, den auserwählten dann auch noch bei hochsommerlichen Temperaturen gefahrlos im Auto transportieren, womöglich nebenbei noch andere Einkäufe erledigen und schließlich zu Hause verzehren will, ohne gesundheitliche Risiken durch Verderb in Kauf nehmen zu müssen, der kann auf Konservierungsstoffe nicht verzichten. Es sind vor allem die langen Transportwege vom Hersteller über Händler und Verkäufer bis hin zum Kunden, die eine Haltbarmachung erfordern. |119| Auch Obst, Nüsse und Meeresfrüchte aus den entlegensten Gebieten der Erde sollen taufrisch die Tafel zieren, Grundnahrungsmittel mindestens über zwei Wochen frei von Schimmel und Fäulnis sein, Fertiggerichte monatelang in Supermarktregalen und Vorratsräumen ausharren.
Lange Transportwege und Lagerzeiten auch aus mikrobiologischer Sicht zu überstehen, ist besonders schwierig für empfindliche Waren wie Fleisch, Geflügel; Milch; Fische, Krebse, Muscheln, Schnecken; Eier sowie Erzeugnisse daraus; Säuglings- und Kindernahrung; Speiseeis und Halbgefrorenes; Backwaren mit nicht durcherhitzter Füllung oder Auflage; Feinkost-, Rohkost-, Kartoffelsalate; Marinaden, Mayonnaise; Nahrungshefen; emulgierte Soßen.
Dabei ist nicht jeder Konservierungsstoff per se gesundheitsschädlich. Geprüft sind sie alle, umstritten viele. Offizielle Stellen sprechen Konservierungsstoffen aufgrund der Zulassungsbestimmungen und Mengengrenzen zwar eine direkte toxische Wirkung ab, wenn sie entsprechend den Vorgaben verarbeitet und konsumiert werden. Unter bestimmten Bedingungen und für bestimmte Menschen können sie dennoch schädlich sein. Schätzungsweise 0,1 bis 1 Prozent der Verbraucher reagieren auf Konservierungsstoffe mit allergischen Symptomen. Wer die Erfahrung gemacht hat, dass er bestimmte Substanzen nicht verträgt, sollte sie auf jeden Fall meiden.
Beobachtete Nebenwirkungen von Konservierungsstoffen
E 200–203 Sorbinsäure und ihre Salze
Gemeinhin gilt Sorbinsäure als unbedenklich, weil sie vom Gesunden verstoffwechselt wird. Es gibt allerdings Hinweise aus Tierversuchen, dass ein Abbauprodukt von E 201, Natriumsorbat, erbgutverändernd wirkt.
Produktbeispiele: Dauerwurst,
Weitere Kostenlose Bücher