Die Joghurt-Luege
überstehen auch Tiefgefrieren und Trocknen sehr gut. Gesunde Erwachsene erkranken kaum, können sich aber auch über Geschlechtsverkehr anstecken. Gefährdet sind vor allem Kranke, Schwangere, Föten und Neugeborene. Symptome: Entzündungen in Hals und Rachen, von Harnblase und Nierenbecken. Schwere Verläufe: Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung, Blutvergiftung mit hoher Sterblichkeitsrate. Vernichtung durch Erhitzen.
Neben den genannten Beispielen gibt es noch andere Verursacher von Lebensmittelvergiftungen, zum Beispiel Viren (Hepatitis A, E, Rotaviren, Norwalk-Like-Viren) oder Parasiten (zum Beispiel Trichinellen).
Wie viele Menschen tatsächlich kontaminierte Nahrung zu sich nehmen und erkranken, lässt sich nicht genau eruieren. In Deutschland werden jährlich rund 200 000 Fälle gemeldet; wahrscheinlich sind es wesentlich mehr. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass allein in den Industrienationen 30 Prozent aller Menschen erkranken – Tendenz steigend. Das Bakterium Campylobacter hat mittlerweile Salmonellen als häufigste Durchfallerreger abgelöst. Doch während sich Salmonellen in gut gekühlten Lebensmitteln nicht vermehren, halten sich die eher wärmeempfindlichen Campylobacter bei Kühlschranktemperaturen in Hackfleisch bis zu fünf Tagen, in Wasser bis zu einer Woche und in Milch sogar bis zu zwei Wochen. Forscher arbeiten derzeit an einer Campylobacterimpfung – sie halten sie mittlerweile für wichtiger als die Impfung gegen Kinderlähmung (Polio). Untersuchungen haben gezeigt, dass 60 bis 80 Prozent der Fleischware, die in Supermärkten angeboten wird, Campylobacter enthielt. 40 20 Millionen Lebensmittelvergiftungen durch Campylobacter pro Jahr in den USA stimmen nachdenklich – zumal einige der bakteriellen Infektionserreger resistent gegenüber Antibiotika geworden sind, der einzigen wirksamen Therapie. Der Wettlauf zwischen Pharmazie und Krankheitserregern hat längst begonnen, |112| die einstige Wunderwaffe ist stumpf geworden. Waren beispielsweise 1990 noch etwa 2 Prozent der Bakterien eines bestimmten Stammes gegen ein Antibiotikum resistent, sind es heute 20 Prozent.
Solche Zahlen und Fakten nimmt die Industrie gern zum Anlass, um auf die Verwendung von Konservierungsstoffen in möglichst vielen Lebensmitteln zu dringen. Dass Konservierungsstoffe tatsächlich sinnvoll und notwendig sein können, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen – die Frage ist nur: Wo sollten sie eingesetzt werden und auf welche kann man verzichten? Eine generelle Ausstattung als Rüstzeug gegen den Verderb ist wohl ebenso abzulehnen wie der blinde Griff ins Reagenzienregal, zumal einige der zugelassenen Substanzen durchaus nicht so harmlos sind, wie dem Verbraucher suggeriert wird.
Natamycin : Zwischen Heilen und Konservieren
Das biotechnologisch gewonnene Natamycin (E 235) ist ein Konservierungsstoff – und gleichzeitig Medikament. Es wirkt antibiotisch auf der menschlichen Haut, auf Käse, auf der Schleimhaut, auf Wurst, ist als Breitbandmykotikum unter anderem gegen Fußpilz und Vaginalmykosen geschätzt und verhindert auf gepökelten und getrockneten Fleischprodukten, Hartkäse, Schnittkäse und halbfestem Schnittkäse das Wachstum von Pilzen. Selbstverständlich musste sich auch Natamycin den Vorabprüfungen aller Zusatzstoffanwärter unterziehen. Das Expert Committee on Food Additives (JECFA) hat den Stoff insgesamt viermal, nämlich 1968, 1976, 2001 und 2003 beurteilt. Nach seiner ersten Bewertung leitete es einen ADI-Wert von bis zu 0,25 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht ab, erhöhte sieben Jahre später auf 0 bis 0,30 Milligramm und setzte die Unbedenklichkeitsgrenze (»Level causing no toxicological effects«) auf 200 Milligramm pro Person und Tag beziehungsweise 3 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht fest. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-Kommission (Scientific Committee on Food, SCF) hielt Natamycin für Gouda, Edamer & Co. sowie für Wursthüllen dann für akzeptabel, wenn ausschließlich das Endprodukt mit |113| Natamycin behandelt wird und die Rückstände – bezogen auf die Oberfläche – nicht größer als ein Milligramm je Quadratdezimeter sind. Außerdem darf Natamycin fünf Millimeter unter der Oberfläche nicht mehr nachweisbar sein. Dem Wunsch der Unternehmen, die Substanz auch für Wein, andere Getränke und Schinken zuzulassen, entsprachen die Behörden nicht.
Kritischer als die international Verantwortlichen äußerten sich deutsche
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