Die Joghurt-Luege
Verwendung als Lebensmittel zu. Der Mais war bereits im November 2005 für den Import und zur Verwendung als Futtermittel zugelassen worden. Trotz fehlender Langzeitstudien an großen Probandenkohorten nach dem Vorbild der Pharmabranche gelangte somit das auf den europäischen Markt, was hierzulande gleich mehreren Umfragen zufolge kaum ein Verbraucher haben will. Die Hersteller freilich durften sich freuen: »Zusammen mit dieser Entscheidung wird der Weg für den Import von Getreideprodukten und Produkten mit der 1507-Eigenschaft in alle 25 Länder der EU geebnet«, ließ Pioneer Hi-Bred über eine Pressemitteilung 1 verkünden.
Noch ungesicherter als die Langzeitfolgen des Genfood-Konsums sind Erkenntnisse über »Nanofood«, bei dem Zusatzstoffe in winzigster Form vollkommen neue Eigenschaften der Produkte versprechen. Diese Lebensmittel sollen schon in wenigen Jahren auf den Markt gelangen – sie erscheinen für die Hersteller als Tor zu einem neuen Milliardenmarkt. Nur: Langzeitstudien über die Risiken und Folgen gibt es nicht, noch weniger existiert dazu ein gesetzliches Regelwerk, das dem Verbraucher die nötige Sicherheit bieten würde. Trotzdem gehen die Konzerne offensiv daran, »Nanofood« schon bald zu vermarkten – wohl wissend, dass ihnen niemand Einhalt gebieten wird.
Wer seine Gesundheit langfristig nicht aufs Spiel setzen will, muss daher wissen, was er isst – oder eben auch lieber nicht. Das Buch will nicht eine ganze Branche diskreditieren und im Vergleich zu vielen anderen kritischen Werken zum Thema Lebensmittel auch keine Anleitung zum Umstieg auf Bioprodukte sein – obwohl wir als Autoren im Laufe der Recherchen für dieses Buch und nach Abwägung aller Aspekte letzten Endes überzeugte Bioprodukt-Käufer geworden sind.
Unser Buch will die Mechanismen der Industrie offen legen und den Einblick ins »Eingemachte« erlauben – am Ende wird jeder Leser für sich entscheiden können, was er in Zukunft glauben und vor allem essen kann.
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|15| Kapitel 1
Die Strategien der Giganten in der Nahrungsmittelbranche
Der PfanniMan kämpft sich durch ein Feldlabyrinth und vertilgt reihenweise Qualitätskartoffeln. Wer ihn schnell zu steuern weiß, überwindet alle Hürden – von der faulen Knolle bis zum gefräßigen Kartoffelkäfer. Das Online-Spiel des Lebensmittelgiganten Unilever, dem PC-Klassiker PacMan nachempfunden, soll Spaß machen – und Appetit auf Knödel & Co.
Dass Kundenbindung über die reine Produktvermarktung hinausgeht, ist kein Geheimnis. Der Verbraucher gilt als sensibles und konservativ entscheidendes Wesen, dessen Geschmack, Preisvorstellung und Hang zur Bequemlichkeit ebenso befriedigt werden müssen wie seine Schwäche für Unterhaltung. Jeder Vorsprung zählt, jedes Extra, jedes Sahnehäubchen, das ihm die Ware schmackhaft machen soll. Heftig umkämpft ist der 130 Milliarden schwere Markt für Lebensmittel: Schätzungsweise 2 000 neue Produkte fügt die Branche dem bereits bestehenden Überangebot pro Jahr hinzu – mit dem Ergebnis, dass der größte Teil davon innerhalb kürzester Zeit wieder aus den Regalen verschwindet 1 (siehe dazu auch Kapitel »Functional Food«). Auf dem Schlachtfeld der Kost tummeln sich mehr als 5 000 Unternehmen, doch schneiden sich weniger als ein Dutzend die größten Stücke vom Kuchen ab.
Das Marketing beherrscht den Alltag des Verbrauchers. Die Lust an der Speise wird als Lust am Leben verkauft. Modernes Essen ist Sex für den Magen: eine möglichst umgehende Bedürfnisbefriedigung, die mit einem Augenflirt beginnt und mit dem Löffel in der Fünf-Minuten-Terrine endet. Das »magische Trend-Dreieck« Wellness–Convenience–Genuss verspricht der Branche, endlich das Langweilerimage loszuwerden. Die Gesellschaft für |16| Konsumforschung (GfK) und die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) haben anlässlich der internationalen Ernährungsmesse Anuga 2005 eine aktuelle Studie 2 vorgestellt, die überproportionales Wachstum und Wertschöpfung einzelner Sortimente in Aussicht stellt. Wellness, Convenience und Genuss werden die Megatrends sein, von denen Industrie und Handel neue Impulse für ihr Geschäft erwarten können, verspricht die Studie. Bereits heute geben Konsumenten in Deutschland für Produkte dieser Kategorie 60 Milliarden Euro pro Jahr aus. Die Stunden von »Otto-Normalverbraucher« scheinen gezählt. Einkaufspräferenzen richten sich nach individuellen Vorstellungen, nach Geldbeutel
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