Die Joghurt-Luege
Geheimnisschutz aus.
Unterdessen rückte das Expertengremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht von seinem vormaligen |232| Standpunkt ab, der Verzehr von Mais MON 863 sei nicht gesundheitsschädlich. Auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als zuständige deutsche Behörde hatte eine Zulassung empfohlen. Belastbare Anhaltspunkte, die gegen den Einsatz als Futtermittel und in der industriellen Produktion sprechen, konnten die Fachbehörden nicht ausmachen. Am 13. Januar 2006 war es soweit: Trotz tausender Protestmails durch besorgte EU-Bürger ließ die EU-Kommission Monsantos Gentechmais MON 863 als Nahrungsmittel zu.
Belege dafür, dass Fremdgene aus gentechnisch veränderten Futterpflanzen im Organismus von Versuchstieren wieder auftauchten, gibt es nicht nur bei Rindern und Ratten, sondern auch bei Mäusen, Schweinen und Geflügel. Bereits 1994 hatten Forscher Mäusen Genfutter verabreicht und festgestellt, dass die Gene in Magen und Darm nicht vollständig abgebaut wurden, sondern sich noch im Kot und sogar im Blut der Tiere nachweisen ließen. Bei weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass die fremden Gene über das Blut in Leber und Milz der Tiere wanderten. 46 Dass es einen Gensprung von Bt-Mais auf Hähnchen nachweisen konnte, brachte ein deutsches Team, bestehend aus Forschern der Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach, des Instituts für Tierernährung in Braunschweig und des Instituts für Ernährungswissenschaften der Universität Jena nicht aus der Fassung. 47 Sie hatten das Federvieh während der 32 Tage seines kurzen Lebens ausschließlich mit Bt-Körnern gefüttert und nach der Schlachtung Gewebeproben von Niere, Milz, Leber, Schenkel- und Brustmuskelfleisch untersucht. Dabei fanden sie in allen Tieren typische Sequenzen der Mais-DNS, allerdings nicht aus den veränderten Genen des Bt-Maises. Dennoch sind die Wissenschaftler sicher, dass dies nur an der Art der Untersuchungsmethode lag: »Wir können davon ausgehen, dass auch Fragmente aus diesen Genen in die verzehrbaren Fleischbestandteile des Broilers gelangen«, meint Gerhard Jahreis, einer der beteiligten Wissenschaftler. Grund zur Panik bestehe trotzdem nicht, denn der menschliche Organismus verfüge »über fantastische Entsorgungssysteme für diese Fremd-DNS«. Von den täglich über die Nahrung aufgenommenen 100 bis 1 000 Mikrogramm fremder Erbsubstanz werde ein Teil direkt wieder |233| ausgeschieden oder binnen kurzer Frist im Darm in seine Hauptbestandteile Purin, Pyrimidin, Phosphat und Zucker aufgetrennt und anschließend verstoffwechselt. Nur wer sich ausschließlich von Drüsensekreten, etwa reiner Milch, und konzentrierten Nährstoffen, wie Zuckerwürfeln oder Kartoffelstärke, ernähren würde, esse keine Fremd-DNS. Es sei Ironie des Schicksals, dass als überaus gesund geltende Kost wie zum Beispiel Getreidekeime besonders reich an Erbgut sei.
»Für die Experten sind die Ergebnisse noch kein Beweis für die Gefährlichkeit, aber zumindest ein Hinweis und eine Mahnung, den Mais eingehender zu prüfen. Doch MON 863 ist von der europäischen Gesundheitsbehörde für unbedenklich erklärt worden und wartet darauf, angebaut zu werden«, warnte – bis 2005 unvorstellbar – sogar eine gesetzliche Krankenkasse ihre Versicherten. Ungewohnt direkt sprach die Securvita in ihrer Broschüre Grüne Gentechnik – Risiko ohne Nutzen die Problematik an und resümierte: »Die Risiken sind schwer vorherzusagen, gerade wenn es um solche geht, die erst nach Jahren eintreten können.« 48
Auf potenzielle Risiken gentechnisch veränderter Erbsen mussten australische Forscher im November 2005 hinweisen – nachdem sie über zehn Jahre lang Tierversuche damit durchgeführt hatten. Thomas J. Higgins, Vizechef der staatlichen australischen Forschungsorganisation CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation) hatte den Auftrag, Erbsen zu züchten, die resistent gegen den Erbsenkäfer Bruchus pisorum sind. Die Forscher hatten den Erbsen ein Bohnengen eingepflanzt, das einen Hemmstoff für das Enzym Alpha-Amylase herstellt. Dieser Hemmstoff führt dazu, dass die Larven der Erbsenkäfer keine Stärke mehr verdauen können. Bei den Mäusen rief die Fütterung mit den gentechnisch veränderten Erbsen eine heftige allergische Reaktion hervor, die vor allem die Lungenfunktion einschränkte. Der Versuch musste aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden. Gegenüber
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