Die Joghurt-Luege
Unkrautbekämpfung bei Raps, den Insektenbefall bei Mais, den Befall der Zuckerrübe durch das Rhizomaniavirus, Kartoffeln mit veränderter Stärkezusammensetzung sowie den Mehltaubefall bei Weinreben untersucht. Ziel war es, in diesen fünf Fallbeispielen gentechnische Lösungsansätze den Möglichkeiten konventioneller und ökologischer Landwirtschaft gegenüberzustellen. Im Mittelpunkt der Analyse standen sowohl die technische Machbarkeit als auch die Marktchancen der drei recht konträren Alternativen.
Das Fazit fiel überraschend aus. Es gebe in jedem der fünf Fälle bereits Lösungen ohne Einsatz von Gentechnik, die technisch machbar, ökologisch sinnvoll und zum Teil auch ökonomisch konkurrenzfähig seien. So existieren erfolgreiche konventionelle Neuzüchtungen wie virusresistente Zuckerrübensorten oder Weinreben, die weniger anfällig für Pilzkrankheiten sind. Nur bei der Kartoffel mit veränderter Stärkezusammensetzung ist noch viel Züchtungsarbeit zu leisten. Zwar scheint hier der gentechnische Ansatz zunächst die einfachere Lösung zu sein. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zeigen jedoch, dass dadurch neue Probleme entstehen können – so das Auftreten resistenter Unkräuter oder die Schädigung von Nützlingen.
Trotz möglicherweise ökonomisch vielversprechender gentechnisch veränderter Pflanzen dürfe die Förderung und Weiterentwicklung von Alternativen nicht vernachlässigt werden, rät deshalb das UBA. Welche Lösungen – mit oder ohne Gentechnik – sich bei den Landwirten letztendlich durchsetzen werden, hängt nicht nur von der technischen Machbarkeit und der Umweltverträglichkeit, sondern auch von den ökonomischen Rahmenbedingungen wie staatlichen Fördermaßnahmen und nicht zuletzt vom Zuspruch des Verbrauchers ab.
Wie die Bürger europäischer Staaten zu gentechnisch veränderter Nahrung stehen, wollten Sozialwissenschaftler vom Zentrum für |250| Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) Mannheim gemeinsam mit Forschern der Aristoteles-Universität in Thessaloniki in ihrem Projekt »Einstellungen gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln in der EU« wissen und analysierten die Eurobarometerdaten von 1999 bis 2002 sowie die Zahlen des European Social Survey 2002. 74 In Sachen Genfood ist die europäische Bevölkerung geteilter Meinung. Während die Griechen die größten Vorbehalte und die Spanier die geringsten gegenüber gentechnisch veränderter Nahrung äußern, scheint die Mauer bleibende Spuren in den Köpfen von Ost- und Westdeutschen hinterlassen zu haben: Die Ostdeutschen stehen den Kreationen modernistischer Nahrung weniger skeptisch gegenüber als die Westdeutschen. Die Analysen zeigen, dass nicht das Einkommen über die Meinungsbildung entscheidet, sondern kulturelle und wertespezifische Unterschiede die Ursache dafür sind, und zwar europaweit. Die Studie vermutet, dass sich an den länderspezifischen Einstellungen auch in naher Zukunft wenig ändern wird. Dass Europäer beim Thema Genfood irgendwann einmal an einem Strang ziehen werden, bleibt wohl Illusion. Für die Branche ist das eine eher positive Nachricht, denn so lange es keine EU-weite Ablehnung für Genfood gibt, steigen die Chancen für die Vermarktung transgener Pflanzen in einem beliebigen Mitgliedsstaat.
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Pestizide
Fragt man jemanden, was er unter »Pestizid« versteht, antwortet er vermutlich einfach: Gift. Tatsächlich vereint der Begriff eine Vielzahl bioaktiver Substanzen, die gegen Schaderreger wirken – sie sollen entweder Viren, Bakterien oder Pilze zerstören, das Wachstum unerwünschter oder lästiger Pflanzen und Tiere verhindern oder zumindest eindämmen. Die deutsche Bezeichnung »Pflanzenschutzmittel« klingt wesentlich freundlicher und beschreibt keinen anderen Zweck als den, die vom Menschen angebauten Nutzpflanzen vor Krankheiten und Befall zu bewahren. Pestizide beugen Ernteausfällen vor und sorgen für |251| eine kontinuierliche Versorgung der Industrie mit Rohstoffen und der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln – ohne sie ist keine auf Discountpreise ausgerichtete landwirtschaftliche Großproduktion möglich. Die intensive Landwirtschaft mit ihren Agrarmonokulturen giert geradezu nach einem Plus an Düngung und Pflanzenschutzmitteln.
Allein 1997 wurden in Deutschland etwa 35 000 Tonnen Pestizide in der Landwirtschaft, in der Umwelt oder direkt am Körper von Lebewesen eingesetzt. Hierzulande sind derzeit
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