Die Judas-Papiere
einem der Nachbartische etwas von ihrer Unterhal tung aufschnappen zu können.
Sie bestellten beim Kellner ihre Getränke und wählten von der Speisekarte ein leichtes Abendessen aus gefüllten Schafskäse taschen und gebackenen Barschen.
»Deine doppeldeutigen Formulierungen waren einfach köstlich!«, sagte Harriet, als der Kellner ihre Bestellung aufgenommen hatte und sich wieder entfernte. »Zum Beispiel, dass Gefängnisse deine Spezialität seien!«
Horatio schmunzelte. »Man muss mit den wenigen Pfunden, die man hat, so gut wuchern, wie man kann.«
»Wie sieht es aus, du steinreicher Börsenspekulant? Lädst du uns heute Abend zum Essen ein?«, frotzelte Alistair.
»Sag bloß, du hast dein geerbtes Druckimperium schon verspielt!«, erwiderte Byron und gab sich erschrocken.
»Na ja, im schlimmsten Fall könnte sich Alistair ein bisschen Spiel geld von seiner Verlobten geben lassen«, sagte Horatio. »Bei den gi gantischen Gagen, die sie offenbar einstreicht!«
Alles lachte.
Dann wurde Byron ernst. »Basil Sahar hat uns mit seiner gelunge nen Vorstellung einen Riesengefallen getan. Das ist ihm hoch anzu rechnen.«
Horatio nickte. »Ein patenter Kerl, das muss man ihm lassen. Schade nur, dass er sich mit solchen Geschäften abgibt. Aber zu einem gewissen Teil hat er ja recht. Wenn man jeden an den Pranger stellen wollte, der mit dem Krieg Geschäfte macht, dann müssten in der ersten Reihe all die ehrenwerten Herren Bankiers, Politiker, Stahlmagnaten und Werftbesitzer stehen, die ihr Vermögen dem Bau von Kriegsschiffen, Panzern und anderem Kriegsgerät verdanken.«
»Da ist was dran. Und sympathische Seiten hat der Mann ohne je den Zweifel. Nur an seiner exaltierten Kleidung könnte er noch et was arbeiten«, stimmte Alistair ihm zu. »Aber jetzt zur Sache, Hora tio! Bist du dir sicher, dass Mortimers Nachricht im Griffstück des Krummsäbels steckt? Denn so habe ich dich vorhin verstanden.«
»So ist es!«, bestätigte Horatio. »Der Knauf mit dem Smaragd ist aufgeschraubt, das habe ich genau gefühlt. Ich konnte ihn sogar ein Stück weit aufdrehen. Im Griff ist ein Hohlraum, dessen bin ich mir sicher. Es gibt einfach keine Möglichkeit, an anderer Stelle etwas zu verstecken. Die Parierstange, die vielleicht noch infrage käme, ist ein solides Stück Stahl. An dessen Ende gibt es nichts, was sich aufdre hen ließe.«
Byron nickte. »Gut, das wäre also geklärt. Und bei allen Problemen, denen wir uns jetzt gegenübersehen, ist das doch schon mal ein ge waltiger Fortschritt. Jetzt müssen wir uns nur noch den Kopf zerbre chen, wie wir unbemerkt an den Krummsäbel herankommen.«
Harriet blickte zur Empore hinüber. »Jedenfalls können wir wohl schlecht die Scheibe von dem Schaukasten einschlagen und mal eben den Knauf aus dem Griff drehen! Das wäre der schnellste Weg in ein türkisches Gefängnis!«
»So weit würden wir erst gar nicht kommen«, sagte Horatio. »Ich habe draußen auf dem umlaufenden Deck schon vier Wachposten gezählt, die Gewehre über der Schulter hängen und Revolver am Gürtel stecken hatten. Und ich bin sicher, dass es davon noch ein paar mehr gibt. So ein unbewachtes Spielkasino auf dem Wasser wä re ja sonst ein gefundenes Fressen für Ganoven. Tagsüber mögen sich hier zwar weniger Wachen herumtreiben, aber mit Waffengewalt will ich auf keinen Fall vorgehen, Freunde!«
»Auch mir liegt nichts ferner als das«, versicherte Byron. »Eine Waf fe nehme ich nicht in die Hand. Ich halte es da sehr streng mit der Bi bel: Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um! Es muss uns also etwas anderes einfallen.«
Alistair verzog das Gesicht. »Fragt sich nur, was. Während des Spielbetriebs werden wir wohl kaum unbemerkt an den Krummsäbel kommen. Zumal es da ja noch die beiden Schlösser gibt!«
»Die Schlösser sind überhaupt kein Problem. An denen ist nichts Raffiniertes. Die habe ich im Handumdrehen geknackt!«, versprach Horatio. »In weiser Voraussicht habe ich ja einen Großteil meiner . . . kleinen Werkzeuge mitgebracht.«
Sie brüteten noch angestrengt über einem Plan, als das Essen kam. Nichtsdestotrotz ließen sie es sich schmecken. Und alle fanden, dass die Küche ein Lob verdient hatte.
Als Byrons Blick wieder einmal durch den Saal ging, blieb er an der kleinen Bühne hängen und plötzlich kam ihm ein Einfall. »Ich hab’s, Freunde!«, rief er und dämpfte seine Stimme gleich wieder. »Ich weiß, wie wir womöglich unbeobachtet an das Krummschwert he
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