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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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eingearbeitet und so wohl die Enden der Parierstange als auch der Knauf des kräftigen Griffstücks waren mit Smaragden besetzt.
    »Und das hier ist mein bestes Stück!«, rief Ahmet Murat voller Be sitzerstolz. »Für mich ist es die Krone meiner Sammlung.«
    »Und wer hatte das Vergnügen, diese Waffe gegen wen zu schwin gen?«, erkundigte sich Horatio mit höflichem Interesse, obwohl er viel lieber noch mehr über die Koranabschrift erfahren hätte.
    »Diese prächtige Waffe mit ihrer edlen Damaszenerklinge gehörte keinem anderen als dem legendären Saladin!«, verkündete Murat fast andächtig. »Mit ihr ist er in die Schlachten gegen Richard Löwen herz gezogen und hat 1187 zum Ruhme Allahs das Frankenheer bei Hattin vernichtend geschlagen sowie Jerusalem erobert. Seitdem trägt sie den Namen ›Die Stimme des Propheten‹.«
    Byron und seine Freunde fuhren unwillkürlich zusammen, starrten auf den Krummsäbel und fragten sich, was bei der Waffe denn bloß die Kehle sein sollte, in der Mortimer seinen nächsten Hinweis versteckt hatte.
    »Dieses herrliche Stück ist übrigens das Geschenk eines großherzi gen Landsmannes von Ihnen, der selbst eine ganz außerordentliche Kunstsammlung sein Eigen nennen soll«, fügte Murat hinzu. »Sein Name ist Lord Mortimer Pembroke, falls Ihnen der Name etwas sagt.«
    Byron nickte. »Ja, der ist uns schon mal zu Ohren gekommen.«
    »Sieh an, das also ist die ›Stimme des Propheten‹!«, sagte Basil Sa har mit einem versteckten Lächeln auf den Lippen. »Wirklich sehr in teressant!«
    »Du weißt von Saladins wunderbarer Waffe und dass ich das Glück habe, sie zu meiner Sammlung zählen zu dürfen?«, fragte Murat überrascht und stolz.
    Der Waffenhändler nickte. »Man hat mir erst kürzlich davon er zählt. Und jetzt, wo ich sie vor mir sehe, bin ich voller Bewunderung. Geht es Ihnen nicht auch so, Mister Bourke?«
    »In der Tat«, murmelte Byron und vermied seinen Blick.
    Horatios Hände bewegten sich unruhig, als juckten sie ihn. »Sagen Sie, Mister Murat, wäre es vielleicht möglich, dieses edle Stück ein mal in den Händen halten und aus der Nähe bewundern zu dürfen?«, fragte er mit belegter Stimme.
    »Aber gewiss doch!«, versicherte Murat eifrig, der sich in der scheinbaren Bewunderung seiner illustren Gäste sonnte. Er zog ei nen vergoldeten Schlüssel hervor, auf den Horatio sofort einen auf merksamen Blick warf, schloss das Vitrinenfenster auf und hob den Krummsäbel aus seinen Halterungen. Dann überreichte er ihn Hora tio feierlich, als wäre es eine heilskräftige Reliquie.
    Horatio drehte die Waffe in seinen Händen hin und her, als müsse er sich von jedem kleinsten Detail überzeugen. Scheinbar andächtig tastete er über Klinge und Parierstange. Vor allem umschloss seine rechte Hand immer wieder das Griffstück, befühlte den Knauf mit seinem goldgefassten Smaragd und tat so, als wollte er die Griffigkeit der Waffe prüfen.
    Schließlich nickte er seinen Gefährten mit einem Lächeln zu, das nur sie zu deuten wussten. »Prächtig! Einfach prächtig! Da bleibt ei nem ja vor Staunen fast das Wort in der Kehle stecken!«, sagte er und gab den Krummsäbel an Murat zurück.
    »Wie hat es sich angefühlt?«, fragte Alistair erregt.
    »Ich sage euch, das Griffstück hat es in sich! Und der Knauf mit dem Smaragd ist eine wahre Offenbarung!«, antwortete Horatio und teil te ihnen damit seine Erkenntnisse verschlüsselt mit.
    Harriet lächelte. »Es hat sich also wirklich gelohnt, uns Mister Mu rats exquisite Sammlung näher anzusehen!«
    Auf Murats Gesicht stand ein fast seliges Strahlen. Er fühlte sich ge schmeichelt und anerkannt und das in Gegenwart des Waffenhänd lers, dem er dessen unerreichbaren Erfolg neidete. Ein Neid, den er zu dieser Stunde jedoch vergaß.
    »Was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt erst einmal für eine Wei le an einen der freien Tische setzen und uns einen Brandy oder ein Glas Champagner genehmigen?«, schlug Byron vor. »Vielleicht sogar ein leichtes Abendessen?«
    »Tun Sie das«, sagte Basil Sahar. Er spürte, dass die vier Freunde jetzt unter sich sein wollten. »Ich werde indessen mit Ahmet unsere glorreichen Jugendjahre wieder aufleben lassen!«

5
    S ie wählten einen der freien mittleren Tische und hofften, dass er ihnen die nötige Privatsphäre bot. Aber bei der Operettenmusik des Grammofons sowie den Stimmen und Geräuschen, die von den Spieltischen kamen, hätte es schon der scharfen Ohren eines Luchs bedurft, um an

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