Die Judas-Papiere
chen wir was daraus, Freunde!« Und damit erhob er sich und eilte auf die Empore, wo er an einem der Pokertische auch sogleich als neuer Mitspieler willkommen geheißen wurde. Der Ruf, Alleinerbe eines Druckimperiums zu sein, war ihm schon vorausgeeilt.
Byron fand den Waffenhändler an der Bar und er bat ihn zu einem Gespräch unter vier Augen hinaus auf das umlaufende Deck. Basil Sa har folgte ihm bereitwillig nach draußen. Dort suchten sie sich eine abgeschiedene Stelle, wo sie ungestört miteinander reden konnten.
»Ein wenig frische Luft tut jetzt gut. Sie belebt den Geist und klärt so manches, was einen beschäftigt, wenn auch bei Weitem nicht al les«, sagte er hintergründig, als sie am Geländer lehnten und auf das dunkle Wasser des Marmarameers hinausblickten.
»Nach dem Vorfall im Orient-Express sagten Sie im Salonwagen, Sie wären uns eine Erklärung schuldig«, begann Byron. »Nun ist es an mir, Ihnen eine Erklärung für unser merkwürdiges Verhalten vorhin zu geben.«
»Worauf nun ich Ihnen mit Ihren eigenen Worten antworte, dass Sie mir zwar keine Erklärung schuldig sind«, erwiderte er mit einem Schmunzeln, »es mich aber natürlich schon interessiert, was sich hin ter Ihrem großen Interesse an dem Krummsäbel verbirgt. Der nebenbei bemerkt nie und nimmer aus der Zeit Saladins stammt. Wenn man etwas von Waffen versteht, dann sieht man sofort, dass die Klinge aus einem viel späteren Jahrhundert kommt. Zur Zeit Saladins gab es diese Art der Metallverarbeitung und die Legierung, aus der die Parierstange und das Griffstück gearbeitet sind, noch gar nicht. Der Säbel ist höchstens ein paar Jahre alt. Also wenn Sie...«Er zögerte kurz, bevor er fortfuhr: ». . . wenn Sie Ihr Auge auf das Stück geworfen haben, dann rate ich Ihnen davon ab. Die Smaragde sind der Mühe nicht wert.«
»Es ist nicht unsere Absicht, den Krummsäbel in unseren Besitz zu bringen«, erwiderte Byron. »Es geht vielmehr um Folgendes: Jener Mortimer Pembroke, von dem Murat die Waffe als Geschenk erhal ten hat, war ein äußerst skurriler Mann, um es gelinde auszudrü cken. Er hat nämlich in dem Griffstück, das hohl ist und dessen Knauf sich aufschrauben lässt, eine Nachricht versteckt, die für uns von großer Wichtigkeit ist.«
»Das Griffstück ist hohl und enthält eine Nachricht?«, wiederholte der Waffenschieber verblüfft. »Das klingt ja fast wie ein orientali sches Märchen! Vielleicht ein Testament, das seine Erbfolge völlig neu ordnet?«
»Das nicht, aber etwas ähnlich Folgenschweres«, sagte Byron. »Bit te sehen Sie es mir großherzig nach, dass ich nicht die Freiheit habe, Ihnen Näheres darüber zu sagen.«
»Akzeptiert. Jeder von uns hat seine kleinen und großen Geheim nisse. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie noch etwas auf dem Herzen haben, junger Freund. Gehe ich da richtig in meiner Annah me?«
Byron nickte und weihte ihn nun in ihren Plan ein, der jedoch nur gelingen konnte, wenn er, Basil Sahar, Murat dazu bringen könne, Harriet um eine Privatvorstellung in seinem Kasino zu bitten.
Als der Waffenhändler das hörte, lachte er amüsiert auf. »Und ob mir das gelingen könnte, Mister Byron! Ich bräuchte ihm nur zu verstehen zu geben, dass es eine gute Werbung für sein Kasino wäre, wenn er eine Artistin von Weltruf dazu bringen könnte, bei ihm aufzutreten!«
»Heißt das, Sie werden ihm diesen Stachel ins Fleisch setzen?«
»Und ob es das heißt, Mister Bourke! Das wird mir mehr Freude be reiten als der Verkauf der beiden U-Boote an den Sultan!«, erklärte Basil Sahar. »Also los, ziehen wir dem Lumpen einen hübschen Ring durch die Nase und führen ihn dann vor Miss Harriets Füße!«
Und es dauerte tatsächlich nicht lange, bis Murat nach einem kur zen Gespräch mit dem Waffenhändler sichtlich aufgeregt zu ihnen an den Tisch trat und Harriet förmlich bedrängte, ihm doch die gro ße Ehre einer Sondervorstellung bei ihm im Haus des Glücks zu ma chen. Und er geizte auch nicht mit der Gage, die er ihr für ihren Auf tritt in Aussicht stellte.
Harriet zierte sich natürlich, wie sie es mit ihren Freunden abge sprochen hatte, damit hinterher der Sieg für Murat noch süßer aus fiel.
»Sie schmeicheln mir, aber solch eine Vorstellung kann man nicht einfach aus dem Hut zaubern, Mister Murat. Weder habe ich mein Artistenkostüm auf dieser Reise bei mir noch meine Feuerreifen und Keulen, ganz zu schweigen von einer Assistentin. Auch bräuchte ich dazu die Spannstreben und das
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