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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Mann noch weitere Tagelöhner, die nirgendwo Arbeit gefunden hatten, zu sich in den Weinberg und am Nachmittag tat er es noch einmal. Doch als er am Abend allen drei Gruppen denselben Lohn auszahlte, ich glaube, es war ein Denar, da murrten diejenigen, die für denselben Lohn den ganzen Tag im Weinberg geschuftet hatten. Und wenn mich meine Bibelkenntnis jetzt nicht ganz im Stich lässt, hielt der Weinbergbesitzer den Empörten vor: ›Meine Freunde, euch geschieht kein Unrecht. Habt ihr nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nehmt euer Geld und geht! Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder seid ihr neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?‹ Nicht, dass ich Pembroke für gütig halte. Aber ich denke, du verstehst, was ich damit sagen will.«
    Alistair schoss das Blut ins Gesicht. »Ich bin doch gar nicht neidisch auf ihn!«, versicherte er hastig. »Wirklich nicht, Byron! Ich gönne dir das viele Geld. Aber wenn wir das gewusst hätten, hätten wir für uns vielleicht noch mehr herausschlagen können. Das ist alles, wirklich!«
    »Vielleicht verstehst du die Höhe meiner Bezahlung besser, wenn du weißt, dass Lord Pembroke mich vorher um genau diese hohe Summe betrogen hat«, sagte Byron. »Sein Scheck hat also nur den Verlust ausgeglichen, den seine betrügerische Intrige mich gekostet hatte. Aber das ist jetzt alles nicht weiter von Bedeutung. Ihr erhaltet die 2 000 Pfund, wie ich gesagt habe, und damit wollen wir auch nicht länger über diese Sache reden.«
    Horatio nickte. »Ja, jetzt ist nichts wichtiger, als dass wir Harriet freibekommen. Hoffentlich erfahren wir schon bald, wo und wie der Austausch stattfinden soll!«

8
    I hre Hoffnung erfüllte sich nicht. Stunde um Stunde warteten sie im Pera Palace, dass die nächste Anweisung der Entführer eintraf. Darü ber wurde es Mittag und schließlich später Nachmittag.
    Das untätige Warten auf dem Hotelzimmer und die Ungewissheit zerrten an ihren Nerven. Byron war krank vor Sorge um Harriet. Und in diesen Stunden wurde ihm bewusst, wie viel sie ihm bedeutete.
    Als Byron am Fenster stand und mit bleichem Gesicht hinaus in die hereinbrechende Dunkelheit starrte, trat Alistair neben ihn und frag te leise: »Du liebst sie, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Byron ebenso leise und sofort drängte sich auch ihm eine Frage auf, die ihn schon lange beschäftigte. Er versuchte, sie zu unterdrücken, aber dann musste er sie doch aussprechen. »Und du?«
    Alistair überlegte kurz. »Ich begehre sie«, sagte er dann. »Du magst das nicht für genug halten. Aber so, wie ich die Welt sehe, ist das ei ne so gut wie das andere.«
    Das Klopfen an der Zimmertür enthob Byron einer Erwiderung. So fort sprang Horatio auf und öffnete. Auf dem Flur stand ein Hoteldie ner, der ihm einen Brief aushändigte, der gerade an der Rezeption für sie abgegeben worden sei.
    Es war die Nachricht, auf die sie so viele quälend lange Stunden ge wartet hatten. Der Brief enthielt die nächsten Instruktionen:
    Begeben Sie sich sofort aus Ihrem Zimmer und hinunter in die Halle! Vor dem Hotel wartet eine Kutsche auf Sie! Reden Sie nicht mit dem Kutscher und versuchen Sie erst gar nicht, von ihm etwas über das wahre Ziel zu er fahren! Er weiß nichts und wird Sie nur zu einem Ort bringen, wo ein ande res Gefährt Sie erwartet. Eine heutige Ausgabe der französischen Zeitung Le Moniteur Oriental ist das erste Erkennungszeichen, dass Sie am Ende der Kutschfahrt den richtigen Mann gefunden haben. Der nächste wird sich mit dem Levant Herald ausweisen. Reden Sie mit niemandem auf dem Weg zur Kutsche! Jemand wird Sie beobachten! P. B.
    »Offensichtlich geht es mit dieser Kutsche nicht direkt zu dem Ort, wo er Harriet gegen Mortimers Aufzeichnungen austauschen will! Der Schweinehund hält uns also weiterhin im Dunkeln!«, knurrte Ho ratio. »Wer immer dieser P. B. auch sein mag, er weiß offenbar sehr genau, was er tut!«
    Byron steckte Mortimers Notizbuch ein und eilte mit seinen Freun den aus dem Zimmer. Ihnen fehlte die Ruhe, auf den elektrischen Fahrstuhl zu warten, und deshalb hasteten sie die Treppen hinunter. Vor dem Hoteleingang wartete eine gewöhnliche Kutsche, deren Fahrer gerade andere Gäste abwies, die bei ihm einsteigen wollten. »Ich bedaure sehr, aber meine Droschke ist für die Herren Bourke, Slade und McLean reserviert.«
    »Das sind wir!«, rief Byron ihm zu und sprang in die Kutsche.
    Der Kutscher brachte sie hinunter an das westliche Ufer von Galata und hielt

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