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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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kann!«
    »Idiot!«, zischte Horatio. »Glauben Sie vielleicht, wir wollen Miss Harriets Leben aufs Spiel setzen?«
    »Und kommen Sie nicht auf die Idee, mich überwältigen und für die Geisel austauschen zu wollen!«, warnte sie der Österreicher noch. »Ich bin bereit, für unsere Sache zu sterben, falls es nötig sein sollte!«
    »Und was genau ist Ihre Sache?«, fragte Byron sofort mit provozie rendem Tonfall.
    »Das geht Sie nichts an!«, entgegnete der Ordensbruder und fügte dann noch höhnisch hinzu: »Sie werden noch früh genug von uns er fahren! Die ganze Welt wird es, wenn wir erst die Offenbarung des Judas in unseren Händen halten und sie sich als das herausstellt, was unser Per. . .« Er hielt abrupt inne, als hätte er sich ermahnt, nicht das Geheimnis seines Ordens auszuplaudern.
    »Sieh an, aus den Papyri ist also schon eine Offenbarung gewor den!«, sagte Alistar sarkastisch. »Fehlt wohl nicht mehr viel und die ser Judas wird noch ein Heiliger!«
    »Das ist er bereits! Und jetzt halten Sie den Mund!«, herrschte ihn der Ordensmann an.
    Dann tastete er sie nacheinander ab. Byron achtete darauf, dass die brennende Flamme des Feuerzeugs vorsichtshalber die ganze Zeit über in der Nähe von Mortimers Notizbuch blieb. Nur das war ihre Garantie, dass Harriet mit heiler Haut davonkam.
    Endlich hatte sich der Tempelbruder davon überzeugt, dass sie kei ne Waffen bei sich trugen. »Kommen Sie!«, forderte er sie nun auf und legte ein scharfes Tempo vor, sodass sie fast ins Rennen gerieten.
    Es ging über verwinkelte Hintergassen durch ein Wohnviertel, das Byron an die tristen Vorstädte von Bukarest erinnerte. Sie eilten in nördliche Richtung, wie Byron zu wissen meinte. Aber wo sie sich genau befanden, wusste er nicht zu sagen. Es fiel nicht viel Mond licht durch die Wolkenlöcher und am Himmel waren zu wenige Ster ne auszumachen, um sich an ihnen besser orientieren zu können.
    Auf einmal traten zu ihrer Rechten die schemenhaften Umrisse von Resten der alten Befestigungsanlagen der Stadt aus der Dunkelheit hervor. Gleich danach stießen sie auf einen großen Durchbruch in der Umfassungsmauer und sofort dahinter auf einen Friedhof.
    »Es wird ja immer heimeliger«, raunte Alistair, während sie am Grä berfeld vorbeihasteten. »Das hier wäre ein Ort, an dem Dracula sich sauwohl gefühlt hätte! Insbesondere wenn er dem verfluchten Ös terreicher das Blut hätte aussaugen können!«
    »Hör mit deinem Gequatsche auf!«, zischte Horatio, dessen Nerven so blank lagen wie die von Byron. »Du machst mich nervös!«
    »Ich mache dich nervös?« Alistair lachte trocken auf. »Ich glaube, du verkennst hier Ursache und Wirkung!«
    »Nur Ruhe, Freunde!«, mahnte Byron. Er ahnte, dass Alistair genauso um Harriet bangte wie Horatio und er, aber sich in überdrehtes Gere de flüchtete, um sich von seiner Angst abzulenken. »Gleich kommt es zum Austausch und dann hat dieser Albtraum ein Ende. Verliert jetzt bloß nicht die Nerven, sondern reißt euch zusammen. Beide!«
    Kurz hinter dem Friedhof erhob sich die Ruine eines palastartigen Gebäudes. Dem Baustil der wenigen noch stehenden Säulen und Wände nach zu urteilen, handelte es sich um einen Bau aus byzanti nischer Zeit. Aber ganz sicher war Byron sich dessen nicht.
    Der Österreicher führte sie über einen gewundenen Pfad, der zu beiden Seiten von verwilderten Sträuchern und einigen Zypressen gesäumt war. Hinter einer scharfen Biegung, die wie das Halbrund einer Sichel durch eine tiefe Mulde schnitt, erhob sich vor ihnen ein Hügel, der mit Bäumen und Buschwerk bedeckt war. Der Ordens mann hielt auf den Hügel zu und es schien, als wollte er mit ihnen den Hang hinauf. Doch dann wandte er sich scharf nach links und Au genblicke später tauchten hinter einer Gruppe von hohen Bäumen die Umrisse eines weiteren alten Gebäudes mit einem von Säulen ge tragenen Eingang auf.
    Je näher sie kamen, desto mehr Einzelheiten konnten sie ausma chen. Und als sie nur noch knappe zwei Dutzend Schritte vom Ein gang trennten, war Byron sich ganz sicher, ein Gebäude aus byzanti nischer Zeit vor sich zu haben. Die Art der Säulen und die Aus schmückung der Fassade sagten ihm, dass es jedenfalls vor dem 29. Mai des Jahres 1453 erbaut worden sein musste. An dem Tag hatten die muslimischen Truppen unter Mohammed II. das damalige christ liche Byzanz nach langer Belagerungszeit erobert. Unter dem neuen Namen Stambul war es danach zur Hauptstadt der Osmanen gewor den und die

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