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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Diavatikon nennt. Alle Türflügel sind massiv, mit dicken Metallblättern versehen und mit großen Nägeln beschlagen. Selbst wenn es mir gelingt, die Schlösser zu knacken, kommen wir nicht rein. Denn im Innern liegen noch mächtige Holzbalken vor den Türen, die Sigos, die man mit ei
    ner Art von Riegel horizontal vor- und zurückschieben kann.«
    »Dann fällt das ja wohl schon mal flach«, sagte Byron.
    Horatio nickte. »Und auch der Versuch, dort über die Mauer zu kommen. Das Pfortenhaus eines Kloster ist nämlich immer besetzt, um jederzeit einem bedürftigen Pilger eine Schale Wasser und ein Stück Brot reichen zu können. Das ist für Mönche ein ehernes bibli sches Gebot. Und bei den Athos-Klöstern könnte sich so ein Portari us auf dem vorn am Tor befindlichen Wehrturm herumtreiben. Dann wären wir im Handumdrehen entdeckt, schon weil das vorgelagerte Gelände aufgrund des Festungscharakters dieser Klöster stets weit räumig einzusehen ist.«
    »Und wie sollen wir dann nach Simonopetra kommen?«, fragte Har riet und ahnte schon die Antwort.
    »Wir kommen über das Meer und suchen auf der Westseite des Klosters nach einer Möglichkeit zum Einsteigen«, antwortete Hora tio. »Und dafür brauchen wir einiges an Ausrüstung und vor allem ein solides Ruderboot! Besser wäre noch ein Fischer, der den Mund hal ten kann, sich auch bei Nacht mit den Tücken vor der Küste auskennt und uns zum Kloster bringt!«

4
    D as da ist unser Mann!« Mit dem geschulten Blick eines Berufsspie lers, dem die scharfe Beobachtung seiner Mitmenschen in Fleisch und Blut übergegangen war, deutete Alistair auf einen Fischer in der Daphni-Bucht, wo sie am Nachmittag bei diesigem Wetter wieder eingetroffen waren. »Bei dem stehen unsere Chancen am besten, ihn für unsere kleine Bootspartie zu gewinnen!«
    »Und weshalb soll sich ausgerechnet dieser Fischer dort auf die Sa che einlassen?«, fragte Harriet verwundert.
    »Weil sein Boot etwas abseits von den anderen Booten vertäut liegt und er allein seine Netze flickt, während die anderen Fischer da drüben palavernd zusammensitzen«, erwiderte Alistair. »Der Mann ist ein Außenseiter, mit dem die anderen nichts zu tun haben wollen. Vielleicht weil er sich nicht an ihre Regeln hält oder aus sonst einem Grund seine eigenen Wege geht.«
    Alistairs Vermutung erwies sich als richtig. Als sie den hageren Mann von Anfang vierzig ansprachen und beiläufig fragten, wie es denn mit dem Fischfang in diesen Gewässern aussehe, verzog der Fi scher das zerfurchte, wettergegerbte Gesicht zu einer grimmigen Miene.
    »Es geht so. Aber was nützt es mir auch, wenn ich volle Netze ein ziehe, mir der Händler in Karyäs jedoch nur einen Hungerlohn zahlt? Und wem soll ich meinen Fang hier sonst verkaufen?«, beklagte er sich in gebrochenem Englisch. »Die Mönche sind sogar noch schlim mer. Die wollen meinen Fisch am liebsten für Gotteslohn! ›Wir neh men dich in unsere Gebete auf, Spiros Konstantinos!‹, haben sie ein mal zu mir gesagt und mir ein paar schäbige Kupfermünzen in die Hand gedrückt. Aber von ihren frommen Gebeten kann ich keine neuen Netze und Farbe fürs Boot kaufen. Und im Wirtshaus kann ich damit auch nicht bezahlen!«
    »Wie kommt es, dass Sie so gut englisch sprechen?«, schmeichelte Byron ihm.
    Das Gesicht des Fischers hellte sich kurz auf. »Ich bin nicht von hier. Meine Heimat ist Saloniki und da habe ich oft mit Engländern zu tun gehabt, bevor ich eine Frau aus Karyäs geheiratet habe und hier Fischer geworden bin. Aber das wird bald vorbei sein. Mich hält hier nichts mehr, seit meine Frau letztes Jahr gestorben ist. Kinder hat uns Gott leider nicht geschenkt, und wenn ich endlich einen Käufer für mein Boot und meine Hütte gefunden habe, kehre ich zu meinen Leuten nach Saloniki zurück.« Und damit spuckte er in Richtung der anderen Fischer aus. »Aber jetzt im Winter sieht es dafür nicht gut aus. Vielleicht klappt es nächstes Frühjahr, so Gott will.«
    »Vielleicht können wir Ihnen dazu verhelfen, schon viel früher in Ihre Heimat zurückzukehren«, sagte Byron. »Wir würden nämlich gern Ihr Boot für einen nächtlichen Ausflug chartern und sind bereit, dafür gut zu bezahlen. Sehr gut sogar, wenn Sie ein Mann sind, der nicht viele Fragen stellt und Stillschweigen bewahren kann.«
    Spiros Konstantinos bedachte sie nun mit einem wachsamen, miss trauischen Blick, der auch ihren mitgebrachten Säcken und der Ta sche galt, die Horatio dabeihatte. »Und was soll

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