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Die Judas-Papiere

Die Judas-Papiere

Titel: Die Judas-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sicher bin, ob du deine flinken Finger auch wirklich bei dir lässt!«, fiel sie ihm ins Wort.
    Horatio lachte schallend auf. »Das nenne ich unverblümt!«
    Alistair kam nicht mehr dazu, sich noch länger über Harriets Unter stellung zu entrüsten. Denn der Kastenwagen der Hotelwäscherei war indessen links abgebogen und die kurze Strecke über die Felberstraße zum Nordeingang des Westbahnhofs gerattert. Julius Höpfner zog die Eisenstange der Bremse an, wickelte die Zügel um den Griff, sprang vom Kutschbock und öffnete die Hintertür.
    »Da sind wir, die Herrschaften! Gerade noch rechtzeitig, bevor Wien im ersten Schneetreiben des Winters versinkt!«, rief er leutselig, legte beim Ausladen ihres Gepäcks kräftig mit Hand an und eilte dann in die prächtige Halle des Westbahnhofs, um einige der livrierten Träger in ihren nussbraunen Uniformen herbeizurufen, die ausschließlich für die Betreuung der Gäste des Orient-Express bereitstanden.
    Wenig später trafen Byron und seine Gefährten auf dem Perron ein, der für den Luxuszug reserviert war, den man sowohl »König der Züge« als auch »Zug der Könige« nannte.
    »Alle Achtung!«, entfuhr es Horatio, als sein Blick auf den Orient-Ex press fiel. »Der macht ja schon von außen einen spektakulären Ein druck! Gott sei Dank, dass ich mir noch zwei anständige Anzüge und Hemden in Wien gekauft habe.«
    Alistair nickte. »Ja, nicht übel...Ich wette, dass der eine oder an dere gut betuchte Passagier einem kleinen Spielchen nicht abge neigt sein wird«, sagte er und grinste dabei über das ganze Gesicht. Und sein Blick taxierte schon die elegant gekleideten Herren und die in Pelz gehüllten und juwelenbehängten Damen, die vor ihnen über den Perron gingen.
    Auch Byron war beeindruckt. Am Kopf des Zuges stand die in Dampfwolken gehüllte, beeindruckende Lokomotive. Zischend entwichen aus dem schwarzen, kohlenfressenden Monstrum mächtige Dampfschwaden, begleitet von metallischen Geräuschen. Gleich hinter der Lokomotive und dem Tender kamen die zwei Schlafwagen, der Speisewagen und der Salonwagen. Sie waren durch neuartige Faltenbalgübergänge miteinander verbunden, die wie Teile einer riesigen Ziehharmonika aussahen. Daran schlossen sich die Güterwagen an, in denen Postsäcke, die sperrigen Gepäckstücke der Passagiere und die unzähligen Behälter voll mit erlesenen Lebensmit teln mitgeführt wurden. Außen waren die Waggons aufwendig mit Teakholzleisten verziert, die ihnen ihr charakteristisches, nobles Aussehen gaben. Auf den Fenstern prangte in goldenen Lettern die Firmenaufschrift Compagnie Internationale des Wagons-Lits et des Grands Express Européens. Und hinter den breiten Fenstern sah man im hell erleuchteten Speisewagen schon vor der Abfahrt schneewei ße Tischtücher und zu Muscheln gefaltete Servietten, glitzernde Kristallgläser und schweres Silberbesteck.
    Während der Zugführer, eine eindrucksvolle Gestalt mit sorgfältig geschnittenem weißem Kinnbart, gewichstem Schnurrbart und Goldlitzen auf seiner eleganten Uniform, vorn bei der Lokomotive stand und einen sichtlich ungeduldigen Blick auf das Zifferblatt sei ner goldenen Taschenuhr warf, wurden die vier Reisegefährten von einem nicht weniger elegant livrierten Conducteur in Empfang ge nommen und in ihre Abteile geleitet.
    Sowie sie den Zug betraten, umfingen sie wohlige Wärme und ein dezenter Duft von Holz, Wachs und Leder. Auf den Gängen dämpf ten dicke Teppiche die Schritte. Die Handläufe bestanden aus polier tem Messing. Wagentüren und Abteilwände trugen Teak-und Maha gonitäfelung, geschmückt mit Intarsien aus Rosenholz. Die Abteile, überraschend geräumig für einen Zug und mit breiten Sitzbänken ausgestattet, hatten vor den Fenstern Rollos mit Federantrieb sowie geblümte Damastvorhänge, die tagsüber an den Seiten von Seiden schnüren mit Quasten aus Goldfäden zusammengehalten wurden. Die Fenster konnten wie in einer Kutsche mit einem Ledergurt geöff net werden.
    Der Conducteur wies sie mit ausgesuchter Freundlichkeit in die Bedienung des Klingelknopfes und der Sprechröhre ein, die sie so gleich mit einem Bediensteten verbinden würde, der die Aufgabe ha be, ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Neben dem Speisewagen gebe es in dem Zug noch einen Rauchsalon mit einer Bar für die männli chen Passagiere, ein Boudoir für die Damen sowie eine kleine Biblio thek. Und sie erfuhren, dass die Betttücher aus Seide, die Decken aus feinster Wolle und die Federbetten mit den

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