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Die Judas Variante

Titel: Die Judas Variante Kostenlos Bücher Online Lesen
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der
Kiste. »Ich werde hinter dir zumachen.«
Flynn holte tief Luft, packte das Seil und ließ sich in die Tiefe fallen.
Für einen Moment hing er da und kämpfte gegen einen plötzlichen Schwindel und ein schreckliches
Gefühl der Verwundbarkeit an. Paraglider, sogar flügellahme , waren kein Problem für ihn.
Doch am Ende eines Seils zu hängen, mit der Sicherheit über sich und der Aussicht, auf dem Grund
der Schlucht zu zerschmettern, war eine höchst unangenehme Empfindung.
Über ihm erlosch das diffuse Licht plötzlich, als Toby den Kasten wieder in seine ursprüngliche
Position schwenkte. Flynn verzog das Gesicht und begab sich an den Abstieg.
Zu seinem gelinden Erstaunen verflüchtigte sich das Unbehagen jedoch zum größten Teil, als er
erst einmal in Bewegung war. Das Gurtzeug hielt ihn sicher, und Jensens Methode der Seilführung
erzeugte genug Reibung, um den größten Teil des Gewichts aufzunehmen. Es war eigentlich nicht
schlimmer als eine ganz normale Kletterpartie, sagte er sich, als er den Abstieg beschleunigte.
Dabei kam ihm zugute, dass er nicht befürchten musste, sich den Knöchel zu verstauchen - was beim
Abstieg an einem Gebäude oder an einer Steilwand durchaus möglich gewesen wäre.
Jensen wartete so weit unten auf ihn, wie er abzusteigen vermochte, ohne das Seil loszulassen.
»Gut«, sagte er, als Flynn zum Stillstand gekommen war.
»Und nun schlingst du das verknotete Ende um diese Seile hier.« Er demonstrierte ihm die Technik
mit seinem eigenen Seil und Geschirr. »Damit müsstest du eigentlich ausreichend gesichert sein -
obwohl ich dir trotzdem raten würde, dich noch mit der Hand am Seil festzuhalten.«
»In Ordnung.« Flynn imitierte die Technik des anderen. »Ich frage mich nur, wozu Toby diese
Seilrollen braucht.«
»Er hat wahrscheinlich kaum Verwendung dafür«, sagte Jensen. »Ist schon eine Weile her, seit sie
zuletzt benutzt wurden.«
»Ach ja?« Flynn wurde wieder vom Schwindelgefühl übermannt, als er zum Boden der Hütte
emporschaute, die nun fast hundert Meter über ihm war.
»Wie lang genau?«
»Keine Sorge, die werden schon halten«, versicherte Jensen ihn. »Das ist aber ein schönes
Souvenir.«
»Was?«
»Dein neues Spielzeug«, sagte Jensen und deutete auf die Pistole in Flynns Gürtel. »Toby hat sie
dir doch gegeben.«
»Ach so.« Flynn warf einen Blick auf die Waffe. »Ja. Er wollte nicht, dass eventuelle Besucher
sie bei ihm finden.«
»Kann man ihm auch nicht verdenken«, sagte Jensen und legte die Stirn in Falten, als er die Waffe
betrachtete. »Die Sicherheit sieht es nämlich nicht gern, wenn sich Zivilisten im Besitz von
Waffen befinden, die verdeckt getragen werden.«
»Die Sicherheit toleriert gerade einmal Jagdgewehre im Besitz von Privatpersonen«, entgegnete
Flynn und musterte den Gesichtsausdruck des anderen. »Stimmt was nicht?«
»Nein, alles klar«, sagte Jensen. »Mir ging nur gerade durch den Kopf, dass diese Waffe doch eine
ausgesprochen militärische Anmutung hat.«
Flynn schaute zum Boden der Hütte auf. »Du glaubst, Toby sei ein Kriegsteilnehmer gewesen?«
»Das wäre möglich«, sagte Jensen. »Ich weiß, dass zumindest auf Plinry die Ryqril nach ihrer
Machtübernahme versucht haben, alle Veteranen zu registrieren - vor allem die Offiziere.
Vielleicht hat Toby sich in der Hoffnung dort oben verschanzt, durchs Raster zu fallen.«
Flynn stellte sich vor, wie der alte Mann seit dreißig Jahren in einer Einmannhütte gehaust
hatte.
»Ich habe aber den Eindruck, dass die Jagd vorbei ist.«
Jensen schnaubte. »Sie ist vielleicht schon drei bis fünf Jahre nach der Besetzung zu Ende
gewesen«, sagte er. »Er erinnert mich irgendwie an diese Japaner auf einer einsamen Südseeinsel,
die dreißig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch nicht wussten, dass der Krieg längst
vorbei war.«
»Vielleicht gefällt es ihm da draußen einfach.«
»Weiß der Geier, wie er in den Besitz der Waffe gelangt ist«, sagte Jensen, wobei seine Stimme
sich verdüsterte. »Vielleicht hat er sie irgendwo gefunden oder sogar gestohlen.«
Flynn lief es eiskalt den Rücken hinunter. »Oder er hat den ursprünglichen Besitzer
getötet.«
»Wäre auch möglich«, pflichtete Jensen ihm grimmig bei. »Das würde auch erklären, weshalb er sich
noch immer im Niemandsland versteckt.«
»Was sollen wir nun tun?«
»Zunächst einmal aufhören zu quatschen«, sagte Jensen und zuckte zusammen, als er sein Gurtzeug
um die angeknacksten Rippen

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