Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
waren mit ihrem Urteil schnell bei der Hand.
»Die haben gelogen!«
Ihre Reaktion zeigte die Menschen von ihrer schlechtesten Seite. Während die Journalisten und Medienleute zum Flughafen eilten, flohen die wenigen Flughafenmitarbeiter, die noch dort waren, nach Hause. Endlich war ihnen klar, wie alles zusammenhing. Mysteriöse Todesfälle in anderen Teilen Italiens, Verwandte oder Freunde eines Freundes, die an Lungenentzündung gestorben waren – jetzt gab es eine Antwort. Menschen starben an der Epidemie, und die Behörden vertuschten das – was sie immer taten, wenn es um etwas ging, für das sie die Verantwortung trugen. Das Gerücht begann sich auszubreiten, getragen von den Flügeln der Angst. Eine Verschwörung war aufgedeckt worden.
»Berufen Sie eine Kabinettssitzung ein!«, ordnete Martinelli an, kaum dass er im Präsidentenpalast eingetroffen war. Zwar hatte niemand in seiner Entourage gewagt, ihm gegenüber das Wort »Seuche« fallenzulassen, doch allen Gesichtern war zu entnehmen, dass irgendetwas die Leute stark beunruhigte. Oder nicht? Hatte er ihre Mienen falsch gedeutet? Lag es einfach nur an seiner Verzweiflung? Der Tod seines einzigen Sohnes hatte ihm das Herz gebrochen, aber was konnte er tun? Er war der Ministerpräsident dieses Landes – und hatte deshalb keine Zeit zu trauern. Hätte Marco das verstanden?
Sobald Martinelli die Order gegeben hatte, das Kabinett zu versammeln, zog er sich in jene Privaträume zurück, die er im obersten, dem fünften Stock des Palasts unterhielt, um seine Freundinnen und privilegierte Gäste unterzubringen. Er telefonierte augenblicklich mit dem weiblichen Wesen, das ihm im Moment am meisten am Herzen lag – seiner Geliebten. Er brauchte einen Menschen, der ihm half, sein Leid zu lindern. Seine Frau wollte er hinterher anrufen, denn es würde ein quälendes Telefonat werden.
»Caterina!«
»
Ciccetto!
Wo warst du denn?«
Der unbekümmerte Klang ihrer Stimme war mehr als Gold wert. Tränen traten ihm in die Augen.
»Bist du allein?«
»Ja«, log sie.
»Wo bist du?«
»Im Wohnzimmer.«
Tatsächlich frühstückte Caterina im Bett mit ihrem Leibwächter, und sie war fast sicher, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Er war jünger, erst fünfundzwanzig, und eine jüngere Person hatte immer etwas sexuell Attraktives. Es lag nicht nur an seiner Potenz. Sie war überzeugt, dass er sie um ihrer selbst willen liebte, nicht nur, weil sie die Geliebte des Präsidenten war und dadurch Zugang zu Geld und Verbindungen besaß.
Betrüblicherweise gingen die Gedanken ihres Bodyguards jedoch in eine andere Richtung als vermutet. Für ihn war es ein Coup, die Gespielin des Präsidenten ins Bett bekommen zu haben. Schließlich war Caterina eine umwerfende Frau, mit langem kastanienbraunem Haar, einem ovalen Gesicht, Schmollmund und großen, vollen Brüsten. Sie war ein Model und wusste genau, wie sie das Beste aus ihren Vorzügen machte, wozu lange Beine und ein Faible für exotische Lüste gehörten.
Aber
er hatte auch eine Freundin in Rom, eine Zwanzigjährige, und eine jüngere Person hatte immer etwas sexuell Attraktives. Außerdem war Caterina verwöhnt und egoistisch. Sie war körperlich schön, aber hässlich, was ihre Persönlichkeit betraf, während seine Freundin in Rom liebevoll war und eine gute Ehefrau abgeben würde. Dennoch: Seine Freundin war in Rom, und was eine Freundin nicht wusste, machte sie nicht heiß.
»Wo warst du denn?«
Normalerweise war Martinelli sehr verschwiegen. In seiner Not platzte er jedoch heraus: »Mein Sohn ist tot.«
»Tot? Was soll das heißen – tot?« Sie verschüttete ein wenig Cranberrysaft auf die schneeweißen Laken.
»Er wurde krank. Ich habe versucht, ihm zu helfen …« Die Tränen strömten Martinelli nur so über das Gesicht. Seine Stimme versagte.
Hektisch bedeutete sie ihrem Geliebten, Platz zu machen, sie aus dem Bett zu lassen. »Warum hast du mich nicht sofort angerufen?«
»Ich habe alles in meiner Macht Stehende für ihn getan.«
Martinelli hörte sie kaum, so sehr hüllte seine Not ihn ein.
»Tot. Aber woran ist er gestorben?« Caterina ging auf dem pinkfarbenen Teppich auf und ab. Etwas stimmte da nicht, ihre weibliche Intuition war in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
»Er hat sich eine Infektion zugezogen, eine Art Lungenentzündung.«
»Wie seltsam«, vernahm er ihre verwirrte Stimme. »Aber … so schnell? Warum haben denn die Ärzte nicht …«
»Komm zurück nach Rom! Bitte.
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