Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
seinen Kaffee aus. Es war die entmutigendste Besprechung, an der er jemals teilgenommen hatte, und er wollte sie rasch beenden. »Ich werde im Laufe des Tages eine Rede an die Nation halten. Eine Frage noch, Professor Legen: Kann es sein, dass Tausende Menschen das Virus bereits in sich tragen, weil die Inkubationszeit länger ist, als Sie glauben?«
»Ich habe keine wissenschaftlichen Beweise dafür, aber es ist möglich. Das Virus ist erstaunlich schwer fassbar, im Körper einiger Menschen kann es durchaus Monate schlummern. Mehr noch: Man könnte meinen, dass es entwickelt wurde, um Menschen zu töten. Wissen Sie mehr darüber, Mr. President?«
»Überhaupt nichts; nur das, was Sie mir gesagt haben. Also, vielen Dank für Ihr Kommen. Auf Wiedersehen – und viel Glück! Ich bin sicher, alles wird gut werden.«
Nachdem die Besucher gegangen waren, blieben der Präsident und der Vizepräsident allein am Tisch sitzen. Jefferson stützte den Kopf in die Hände. Er wollte gedanklich alles zusammenfassen, bevor er sich äußerte. Er hakte in Gedanken seine Besorgnisse ab. Alle Unterlagen im Zusammenhang mit der Operation Pandora waren vernichtet worden. Der Leiter der CIA hatte das erledigt, bevor er einem Herzinfarkt erlegen war (ein Segen, denn sonst hätte Jefferson überlegen müssen, ob er dauerhaft entfernt werden musste). Der italienische Virologe war tot, und alle in der CIA , die am Rande mit der Operation Pandora zu tun gehabt hatten, waren entlassen worden. Wahrscheinlich tat Martinelli das Gleiche mit seinen Leuten. Also gab es nichts, was ihn oder den italienischen Ministerpräsidenten mit dem Virus in Verbindung brachte. Sie waren von jedem Verdacht befreit. Was Spencer Woods anging, so musste dieser nichts über die Vergangenheit erfahren. Es war nicht mehr relevant, und, ehrlich gesagt, er könnte Gewissensbisse bekommen und plaudern. Trotzdem: Jefferson brauchte ihn – musste ihn angesichts ihrer jeweiligen Stellung bis zu einem gewissen Grad einweihen. Der Präsident lehnte sich im Stuhl zurück, streckte lässig die Arme aus und versuchte die aufsteigende tiefe Furcht zu unterdrücken.
»Spencer, morgen Abend lasse ich meine beiden Kinder nach Hawaii fliegen, zu einem geheimen Präsidentenbunker. Es ist nur eine Sicherheitsmaßnahme, falls die Virusepidemie richtig schlimm wird.«
»Glauben Sie, dass es so weit kommen wird?«
»Ja. Und Ihre Frau?« Der Vizepräsident hatte keine Kinder.
»Sie ist hier bei mir in Washington.«
»Ich frage mich, ob ich Sie, als Vorsichtsmaßnahme, an einen sicheren Ort schicken soll – eine Militärbasis oder einen unterirdischen Bunker.«
Der Vizepräsident runzelte die Stirn. Ihm gefiel das alles gar nicht. Ebenso wenig wie es seiner Frau gefallen würde. Sie liebte das gesellschaftliche Leben in Washington über alles. Sie würde ihm eine Szene machen.
»Möglicherweise wären wir dort auch nicht sicherer, Sir. Vielleicht überreagieren wir ja.«
»Überlassen Sie diese Entscheidung mir«, entgegnete Jefferson; er mochte es nicht, dass man ihm widersprach. »Es ist am besten, das Schlimmste anzunehmen, außerdem sollten wir Notfallpläne machen. Die CIA soll ein paar Berichte für mich aufbereiten, und Sie arbeiten direkt mit denen zusammen. Niemand sonst im Weißen Haus darf eingeweiht werden, es ist nämlich undicht wie ein Sieb. Wollen Sie wirklich nicht, dass wenigstens Ihre Frau an einen anderen Ort gebracht wird?«
»Nein, Sir.«
»Gut.« Der Präsident stand auf. Ihm war flau im Magen. »Noch irgendwelche Fragen? Gedanken?«
»Woher stammt das Virus?«
»Ich habe es doch gesagt: Ich weiß es nicht. Das wär’s also erst mal.«
Der Vizepräsident verließ das Konferenzzimmer. Spencer Woods war ratlos. Als der Präsident nach dem Ursprung des Virus gefragt worden war, hatte er zweimal jede Kenntnis abgestritten. Aber war da nicht ein kurzes Zögern in seiner Stimme herauszuhören gewesen? Jefferson stand in der Öffentlichkeit im Ruf, ehrlich und direkt zu sein. Doch Woods hatte während der Zusammenarbeit mit ihm in den vergangenen drei Jahren festgestellt, dass er sich in vielen Dingen nicht in die Karten schauen ließ. Vor allem, wenn es mit dem Geheimdienst zu tun hatte. Die CIA müsste doch eigentlich über die Sache Bescheid wissen, oder bildete er sich das nur ein? Aber der Präsident würde ihn natürlich einweihen, sollte es da irgendwelche Leichen im Keller geben.
Der Vizepräsident verließ das Weiße Haus. Während seine
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