Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
nach lautet die Antwort ›Ja‹, aber wir verstehen nicht, weshalb das Virus auf den Menschen überspringen konnte. Wir haben die Frage noch nicht abschließend geklärt.«
Jefferson antwortete nicht. Der Vizepräsident, den er gebeten hatte, an der Sitzung teilzunehmen, ebenfalls nicht. Die Gruppe war aus verschiedenen Landesteilen eingeflogen worden, mit Militärflugzeugen, da die Grenzen zwischen den Bundesstaaten allesamt geschlossen waren. Zudem war das Treffen streng geheim – was der Gruppe der Akademiker vermutlich gefiel, weil es ihrem Ego schmeichelte. Die akademische Welt und die Politik waren gar nicht so verschieden. Beide zogen Männer und Frauen an, die andere gern beeinflussten.
»Wie hat sich das Virus ausgebreitet?«
Dennis Legen – der Dekan der Fakultät für Virologie an der Universität Yale – trank einen Schluck schwarzen Kaffee und stellte die Tasse scheppernd auf die Untertasse zurück. »Schlechte Nachrichten. Wir glauben, sowohl durch Körperkontakte als auch auf dem Luftweg. Außerdem überlebt es im Wasser. Mehr noch: Es ist von erstaunlicher, wirklich erstaunlicher Effizienz. Wenn es sich auf diese Weise ausbreitet, lässt es sich praktisch nicht aufhalten. Verstehen Sie, es handelt sich um eine neue Art Virus. Die Inkubationszeit im menschlichen Körper beträgt sechs bis acht Wochen; dann kommen die Symptome einer Lungenentzündung zum Vorschein. Eine Woche später ist der Patient tot. Die uns zur Verfügung stehenden Krankeninformationen zeigen, dass die zur Behandlung von Lungenentzündungen eingesetzten Medikamente unwirksam sind – was gar nicht überraschend ist, weil es sich nicht um Pneumonie handelt und« – er wurde ganz aufgeregt – »weil wir nicht wissen, wie das Virus wirkt.«
»Die Sterblichkeitsrate?«
»Oh, hundert Prozent bislang. Kein Zweifel, das Virus ist sehr viel stärker als der Erreger der Beulenpest.«
»Haben die Italiener helfen können? Haben Sie die Spur verfolgt, auf die wir Sie hingewiesen haben?«
»Natürlich, Sir. Ich habe mich mit dem italienischen Gesundheitsministerium in Verbindung gesetzt, aber dort ist man noch längst nicht so weit. Die haben nach eigener Aussage erst ein Forscherteam zusammengestellt, obwohl bereits Hunderte gestorben sind. Der Gesundheitsminister wollte mich heute Morgen anrufen, aber er ist abgesprungen.«
»Abgesprungen?«
»Er hat sich aus dem Fenster gestürzt.«
Der US -Präsident erschrak und fuhr sich durch das kurzgeschnittene Haar. Wollte Martinelli die Spuren ganz und gar beseitigen? Er schenkte sich Kaffee nach, ohne den anderen welchen anzubieten. Er war nicht gut darin, an andere zu denken; in seinem Leben hatte er bislang immer zuerst an sich selbst gedacht.
»Droht die Menschheit auszusterben?«
»Die Gefahr besteht, sicherlich.« Die anderen Mediziner und Wissenschaftler am Tisch gaben Zeichen ihrer Zustimmung. »Abgesehen davon, sind manche Personen möglicherweise immun gegen das Virus.«
»Auch wenn es zunächst nicht zu erkennen ist – Sie und ich, könnten wir das Virus in uns tragen?«
Es war nicht notwendig, darauf zu antworten – der Gesichtsausdruck offenbarte ihre Angst. Jefferson betrachtete die polierte Tischplatte. Der Mensch – ein schlechter Spieler, der auf der Bühne herumstolziert und dann nicht mehr gehört wird. Der Mensch – eine Spezies am Rande des Aussterbens.
»Was werden Sie tun?«
»Ich, Mr. President?« Die Frage verblüffte den Virologen. Er hatte noch nicht darüber nachgedacht. »Hm«, er hob zweifelnd die Hand. »Ich, persönlich? Na ja … ich schätze, ich fliege nach Hause zurück und arbeite weiter in meinem Labor. Ich werde ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel werde ich meine Kinder nicht zur Schule schicken, obwohl zurzeit nicht viel Unterricht stattfindet. Und …«
»Aber Sie müssen trotzdem aus dem Haus gehen, um sich Wasser und Lebensmittel zu besorgen.«
»Ja.«
»Würden Sie fliehen?«
»Wohin?« Legen lächelte ironisch, mehr in Richtung seiner Kollegen als in die des Präsidenten. »Ich bin nicht wichtig genug, um eine Eintrittskarte zu einem Atombunker zu erhalten. Wie gesagt: Ich arbeite weiter im Labor und schaue, ob ich ein Heilmittel finden kann. Ich kann nicht alle Kontakte mit Menschen vermeiden, und ich habe Frau und drei Kinder. Ich muss Gott vertrauen, Mr. President.«
»Wie wir alle.« Jefferson glaubte nicht an seine Antwort, doch sie kam ihm richtig vor. Er trank
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