Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
er liebte diesen Ort; hatte es immer getan.
»Aber wo sind die beiden?«
»Draußen. Die Mönche wollen sie nicht reinlassen; sie wollen nicht, dass sie sich mit dem Virus anstecken. Oh, in der Nacht ist ein weiterer Mönch gestorben – der, der gekocht hat –, also sind es nur noch drei. Steh auf! Es ist unsere einzige Chance, sonst sterben auch wir hier. Steh auf!« Er zerrte Josua aus dem Bett.
Gemeinsam gingen sie zum großen Tor des Klosters, das verschlossen war. Dort stand der junge Mönch.
»Es ist gefährlich, sie reinzulassen.«
Jussef bedeutete dem jungen Mönch mit hektischen Bewegungen, er solle das Tor öffnen, aber Josua sagte: »Gehen wir auf den Balkon, und reden wir erst mal von dort mit ihnen.«
Sie liefen die Treppe hinauf und spähten über die hohe Mauer. Jussef weinte vor Freude. Sein Retter war gekommen – nicht auf einem Esel, sondern in einem Auto, das vermutlich schon an Christus auf seinem Weg nach Jerusalem vorbeigefahren war, so klapprig sah es aus. Trotzdem machte der Anblick ihn glücklicher, als wenn der Patriarch in seiner Limousine eingetroffen wäre.
»O Pater Hassan, o Pater Hassan! Du hast ja keine Vorstellung, wie sehr wir uns freuen, dich zu sehen. Danke,
danke
, dass du gekommen bist, um uns zu retten.«
Tief unten winkte der betagte Mönch zu ihnen hinauf. Aus dem Taxi stieg eine junge Frau, deren Kopf von einem hellgrünen Schleier umhüllt war. Jussef hüpfte voll Freude von einem Fuß auf den anderen. Noch nie war er glücklicher gewesen, seinen Mitbruder zu sehen. Gott hätte ihm kein größeres Geschenk machen können.
»Pater Hassan, du kannst nicht hereinkommen, wir haben die Seuche hier. Was gibt’s Neues?«
»Gute Nachrichten. Unsere Kirche hat sich mit der römischen vereinigt.«
Jussef packte Josua. »Hast du das gehört? Hat der Papst dir gesagt, dass das geschehen würde?«
»Ja.«
»Oh, es ist ein Wunder!«
»Kommt zurück nach Alexandria! Ich brauche Hilfe. Der Patriarch ist gestorben.«
»Gestorben? Was ist mit dem Bischof?«
»Liegt im Sterben.«
»Tatsächlich?« Vielleicht bestand ja doch die Chance, dass er noch vor dem Ende der Welt befördert wurde. »Josua, sag etwas zu Miriam! Bedank dich, dass sie Pater Hassan hergefahren hat!«
Sein Schützling richtete den Blick weiter auf die beiden Gestalten unter ihnen. Ihm wurde schwer ums Herz. »Ich muss mit Miriam allein sprechen.«
»Aber sie kann nicht reinkommen, also musst du hinunter rufen. Ich tue so, als hörte ich nicht zu.« Jussef beugte sich über die Brüstung. »Pater Hassan, Josua will mit Miriam reden. Wir sollten nicht lauschen.«
Josua rief: »Miriam, geht es deiner Familie gut?«
»Mein Vater ist tot.«
»Das tut mir leid.«
»Pater Hassan hat mich gebeten, ihn herzufahren.«
»Oh. Was passiert in Alexandria?«
»Alle sterben.«
Miriam warf Pater Hassan einen kurzen Blick zu. Leise sagte sie: »Ich muss ihm etwas sagen.«
»Verstehe.«
Sie atmete tief durch und rief dann hinauf: »Ich liebe dich.«
Pater Jussef wurde puterrot vor Schreck. Er hatte doch versprochen, nicht zu lauschen, oder? Konsterniert drehte er sich zu Josua um.
Dieser rief zurück: »Ich liebe dich auch, Miriam.«
»Mutter Gottes!«, rief Jussef. Er zog seinen Schützling zurück. »Ist das wahr? Liebst du sie?«
»Ja.«
»Oh.« Das war eine unerwartete Entwicklung. Jussef schluckte. »Und was wirst du tun?«
»Ich werde hierbleiben.«
»Hierbleiben! Spinnst du? Du musst mit uns kommen!« Jussef senkte die Stimme. »Alle Mönche hier werden sterben, das ist offensichtlich. Wir haben bessere Aussichten, wenn wir nach Alexandria zurückfahren.« Dann, in traurigem Tonfall: »Aber du bleibst hier, nicht wahr?«
»Ja.«
»Weil der Papst es dir befohlen hat?«
»Ja.«
Jussef kratzte sich den Bart. »Josua, wenn die Welt wirklich zu Ende geht – oder fast zu Ende geht – na ja …«Er kratzte sich wieder den Bart, diesmal fester. »Also, wahr ist: Wenn du Miriam wirklich liebst und sie dich liebt, dann solltet ihr eure letzten Tage gemeinsam verbringen. Dies sind extreme Zeiten …«
»Ich muss hierbleiben.«
»Und was soll
ich
tun?«
»Kehr nach Alexandria zurück! Das hast du doch immer gewollt, dafür hast du gebetet, erinnerst du dich nicht?«
»Ja. Gott weiß, wie gern ich nach Hause zurückkehren möchte, aber das geht nur mit dir. Ich bin dein Führer. Ich habe versprochen, mich um dich zu kümmern.«
»Das hast du getan«, erwiderte Josua sanft. »Diese Pflicht ist
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