Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
hervorbringe und voller Schlangen sei.«
Jussef lief es kalt den Rücken hinunter; Schlangen waren ihm zuwider. Der Präfekt führte sie an einer Reihe von Gräbern vorbei und streckte den Arm aus. »Da drüben befand sich eine Straße, die nach Rom hineinführte. Sie hieß Via Cornelia. Auf der gegenüberliegenden Seite lag der Circus des Nero, in dem Christen in großer Zahl gekreuzigt wurden, darunter der heilige Petrus.«
Sie gingen zwischen den Gräbern weiter. Schließlich standen sie vor einer Mauer aus hellen, verblassten Backsteinen. An der Wand, ein wenig über Kopfhöhe, befand sich ein kleiner Spitzbogen. Unten an der Mauer hatte eine Ausgrabung stattgefunden.
»Wir glauben, dass der heilige Petrus hier bestattet wurde. Nach seiner Kreuzigung wurde sein Leichnam aus dem Stadion geschmuggelt. Er wurde über die Straße getragen und in ein flaches Grab gelegt, das zur Grabstelle eines römischen Centurions namens Marcellinus werden sollte. Er half, den heiligen Petrus zu bestatten. Dies geschah im Geheimen. Die Beteiligten wären getötet worden, hätten die Behörden davon erfahren, denn es galt als Verbrechen, die Leichen von Kriminellen zu stehlen.«
»Was ist mit ihnen geschehen?«, fragte Jussef.
»Mit den Leichen der Kriminellen? Nach der Kreuzigung wurden sie normalerweise verbrannt, anschließend wurde ihre Asche in den Tiber geworfen. Als man
hier
Ausgrabungen vornahm« – der Präfekt wies auf den unteren Rand der Mauer –, »wurden einige Knochen gefunden, Knochen eines Mannes mit stämmigem Körperbau. Und ein paar Fäden des purpurnen Umhangs, in den man den Toten gehüllt hatte.«
»War es der heilige Petrus?«
Der Präfekt zuckte die Achseln. »Keiner weiß es, aber die Kirche glaubt es.«
Jussef blickte sich um. Unweit des Grabs befanden sich mehrere römische Grabmale: Steinblöcke mit Inschriften. Ob diese römischen Bürger wohl geahnt hatten, dass sie eines Tages neben dem Oberhaupt der bedeutendsten Kirche der Welt ihre letzte Ruhe finden würden?
Der Präfekt führte die beiden weiter über den unterirdischen Friedhof. Vor ihnen befanden sich drei Türen – Eisentüren, deren schwarzer Farbanstrich stark abgeblättert war. Der Präfekt ging zu einer der Türen, drehte den Schlüssel und erklärte seinen Besuchern:
»Diese Tür führt in den Dom hinauf. Von dort können wir den Vatikan unbemerkt verlassen.«
»Und die anderen?« Josua trat an eine der Türen und strich mit der Hand über die rauhe alte Oberfläche.
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Präfekt.
Die drei betrachteten die beiden Türen; diese mussten zu anderen Orten im Vatikan führen. Pater Gabriele entdeckte Kratzspuren rings um die Schlüssellöcher. Waren die Türen kürzlich geöffnet worden? Von wem? Würden sich mit den anderen Schlüsseln im Tresor in seinem Zimmer diese Türen öffnen lassen?
Plötzlich erlosch das elektrische Licht in dem Friedhof. Zugleich hörten sie ein Geräusch, wie Schritte. Dem Präfekten sträubten sich die Nackenhaare. Die gleiche Angst, die er im Turm der Winde empfunden hatte, drang in sein Herz.
»Schnell!«
Der Präfekt schloss die Tür auf, schloss sie dann mit übertriebener Hast und führte Jussef und Josua einige Stufen hinauf. Sie waren jetzt in der Krypta direkt unter dem Hochaltar. Von hier gingen sie weiter, über Marmorstufen, in den Dom. Das gewaltige Bauwerk lag im Dunkel – bis auf die neunundneunzig Lampen, die Tag und Nacht am Altar brannten. Der Präfekt schaltete einige Scheinwerfer an und rief theatralisch (er wäre gern Schauspieler geworden):
»Schaut!«
»Wow!« Josua und Jussef wechselten einige Worte auf Arabisch und staunten über die architektonischen Schätze, die sie da sahen. Ihre kleine Kirche hatte nichts Vergleichbares zu bieten.
Pater Gabriele ließ ihnen etwas Zeit, in der sie alles auf sich wirken lassen konnten, ehe er ihnen voran den Mittelgang entlangging. Binnen Minuten hatte er sie aus dem Petersdom gebracht, unter der Kolonnade, die an der linken Seite verläuft, und dann zu einem Teil der Außenmauer der Vatikan-Stadt. Zum letzten Mal wurde ein Schlüssel gedreht, zum letzten Mal eine Tür geöffnet, dann standen sie wieder auf den Straßen Roms. Der Präfekt schüttelte den beiden geheimnisvollen Besuchern die Hand. Warum diese ganze Geheimnistuerei? Wer waren diese Leute? Sie sahen eher wie Mörder und weniger wie Priester aus. Seine Neugier übermannte ihn.
»Wohin fahren Sie jetzt?«
»Ins Hotel.«
»Und
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