Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
danach? Woher kommen Sie?«
»Aus Ägypten, aus Alexandria.«
»Oh.«
Und damit eilte das seltsame Paar hinaus in die Nacht, und der Präfekt kehrte in den Vatikan zurück. In seiner Wohnung angekommen, ging er zu Bett, konnte aber nicht einschlafen. Die Gedanken schwirrten ihm nur so durch den Kopf.
Warum
musste der Papst diese Leute unter so geheimen Umständen treffen? Sie behaupteten, sie kämen aus Alexandria. Hatten sie vielleicht irgendwelche Verbindungen zu der Ägypterin, die so lange im Geheimarchiv geforscht hatte? Und was hatte es mit dem Gang unter dem Dom auf sich? Er war zum ersten Mal dort unten gewesen. Sein ganzes Erwachsenenleben war er nun Priester, doch wusste er kaum etwas über den Vatikan und seine verborgenen Geheimnisse. Wohin führten die anderen Türen? Sollte er einmal nachforschen? Versuchung schlängelte sich in seine Gedanken.
Was die geheimnisvollen Besucher betraf, so gingen Jussef und sein Schützling zum billigen Hotel zurück, in dem sie übernachteten, seit sie aus Ägypten hierher nach Rom geflogen waren. Der ältere Jussef saß auf dem Eisenbett. Dies war doch alles ein Traum, oder?
»Ich bin mit dem Papst zusammengetroffen.«
»Ja.«
»Und er wusste wirklich, wie ich heiße?«
»Ja.«
»Woher kannte er meinen Namen?«
»Vielleicht hat ihm den ja Gott verraten.«
Jussef ersparte sich eine Antwort. Der Patriarch musste den Papst informiert haben. »Bist du sicher, dass du mir nichts sagen darfst?«
»Ja.«
»Sicher?«
»Ganz sicher«, erwiderte Josua fest.
»Und dem Patriarchen?«
»Nur ein paar Dinge.«
»Oh.« Jussef war seine große Enttäuschung anzumerken. Er kratzte sich am Bart. Er war der verschwiegenste Mensch auf Erden; er würde Josua gegenüber Geheimhaltung geloben. Und wenn er das tat, würde er kein Sterbenswörtchen darüber verlieren, was er gehört hatte. Na ja, vielleicht würde er Pater Hassan ein, zwei Fingerzeige geben. Und wenn der Patriarch
fragen
würde, müsste er ihm anvertrauen, was Josua ihm erzählt hatte. Und wenn der Bischof verlangte, dass er es ihm erzählte, na ja, er hatte ein Gehorsamkeitsgelübde abgelegt und …
Ein wenig später schlief Jussef tief und fest – erkennbar an seinem Schnarchen, das Tote zum Leben hätte erwecken können. Unterdessen versuchte Josua zu behalten, was der Papst ihm erklärt hatte. Schließlich schlief auch er ein. Sofort begann er zu träumen.
Er hatte das Gefühl, in großer Höhe zu fliegen und die Wolken zu durchstoßen. Seinem Adlerblick bot sich eine große Stadt dar – die er noch nie gesehen hatte. Langsam sank er und schwebte über einem Gebäude. Unter ihm lag ein römisches Stadion, erhellt von brennenden Kohlenpfannen. Hunderte Menschen riefen und schrien mit rauhen Stimmen. In der Arena selbst waren viele Menschen – Männer, Frauen und Kinder – an Pfähle oder Kreuze gebunden. Nachdem man sie mit Teer beschmiert hatte, wurden sie in Brand gesteckt. Ihre Schmerzensschreie gellten, selbst im Traum. Gleichzeitig sah Josua, wie aus einem Seiteneingang der Arena, durch den sonst wilde Tiere hereingelassen wurden, drei Männer einen unter einer Decke verborgenen Körper hinaustrugen. Sie liefen über eine Straße zu einem verlassenen Friedhof. Er sah, wie sie den Leichnam in einer Grube neben einer roten Mauer bestatteten und Erde darüber schaufelten. Nachdem sie dem Toten diese letzte Ehre erwiesen hatten, liefen die drei hinaus in die Nacht, in verschiedene Richtungen. Nur Josua blieb zurück, als himmlischer Betrachter. Es schien nichts weiter zu passieren. Dann aber beschleunigte sich die Zeit vor seinem spirituellen Auge. Um das schlichte Grab herum wurden weitere Gräber ausgehoben, im Kreis – zwölf Päpste insgesamt. Linus, Anacletus, Klemens I., Evaristus, Alexander I., Sixtus I., Telesphorus, Hyginus, Pius I., Anicetus, Soterus und schließlich Eleutherius im Jahr 189. Weitere Zeit verstrich. Schließlich erhoben sich die Toten aus ihren Gräbern, erstrahlend in grellweißem Licht. Die auferstandenen Seelen gingen zum ersten Grab. Dort, wo es einst gewesen war – neben einer blutroten Mauer –, stand ein kleiner, untersetzter Mann, sein Gesicht heller als das der anderen. Der heilige Petrus blickte in Josuas Richtung und lächelte ihm freundlich zu.
Andernorts, im Vatikan, zog sich Papst Johannes XXVI . in seine Privatwohnung zurück und ging zu Bett. Es war ein außergewöhnlicher Abend gewesen, selbst für ihn. Er war mit einem Mann
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