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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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spirituelle Herz zu bohren.
    Je näher die Katastrophe der Heimat rückte, desto mehr wuchs natürlich die Besorgnis. Als in New York der drohende Zusammenbruch des internationalen Bankensystems verkündet wurde, löste dies erste Schockwellen einer globalen Panik aus. Obwohl die Pendler – die »Ameisen« der Welt – noch immer ihre Fahrt zum Arbeitsplatz antraten und spätabends heimkehrten, blickten sie nun mit dem Kaffeebecher oder Weinglas in der Hand vor dem Zubettgehen aus dem Küchenfenster. Wenn es zu einem Zusammenbruch kam, was würde dann aus ihren Ersparnissen werden? Ihrem Notgroschen? Es würde doch sicher nicht alles in Flammen aufgehen, oder? Die Retter des Menschengeschlechts, die Politiker, würden sie doch bestimmt vor Unheil bewahren? Und dann gingen sie, besorgt, zu Bett – und wälzten sich schlaflos hin und her, während der Dämon der Angst in ihre Herzen drang. Tags darauf eilten sie jedoch wieder zur Arbeit, beteiligten sich wieder am Büroklatsch, versuchten wieder, die rutschige Leiter ihrer Ambitionen hinaufzuklettern. Kurzum: Sie taten das Gleiche, was sie immer getan hatten.
    Was Johannes  XXVI . anging, so hatte er eine Schlacht zu schlagen. Viele von jenen Kardinälen und Bischöfen, in die er sein Vertrauen gesetzt hatte, widersetzten sich im Geheimen seinen Anweisungen. Als es darum ging, das Eigentum der Kirche zu verschenken, waren sie – so wie die meisten Leute – bereit, ein wenig zu geben. Die Quellen der Wohltätigkeit trockneten jedoch schnell aus.
Warum
sollten sie etwas geben? Sie hatten sich ja an ihr komfortables Leben gewöhnt. Sie liebten ihre großen Einkehrzentren und Klöster, liebten ihre Kunstwerke und die weitläufigen Gärten, in denen sie über die Wohltätigkeit Gottes nachsinnen konnten – in Frieden. Sie wollten den Armen nicht zu nahe sein. Schlimmer noch: Sie wollten nicht arm sein. Deshalb zogen es die Kirchenoberen von Chile bis Korea, von der Arktis bis zur Antarktis vor, so zu handeln, wie sie immer gehandelt hatten. Die Menschen gaben ihnen Geld. Sie nahmen es und gaben es – wenn etwas übrig blieb – den Armen. Natürlich fiel es in diesen schweren Zeiten schwer, etwas zu finden, was übrig war; dafür sorgten sie schon. Und die anderen Kirchen verhielten sich auch nicht besser. Viele waren sogar schlimmer. »Jesus rettet« interpretierten sie als »Jesus hortet«.
    Für die Apparatschiks im Vatikan war es problematischer, das Verschenken der Vermögenswerte zu verhindern, da der Papst persönlich anwesend war. Aber weil die Italiener die kreative Buchführung erfunden hatten, konnten die Leiter der kirchlichen Abteilungen den Reichtum der Kirche vor den Blicken Johannes’ XXVI . verstecken. Zudem stellte der Papst fest, dass er sich zwar – so wie früher – auf die Hilfe und Freundschaft aller im »Hauptquartier« verlassen konnte, dass sich deren Reihen jedoch lichteten, da kaum jemand einen fröhlichen Geber
innerhalb
der Kirche mochte. Und es gab auch niemanden, dem er sich anvertrauen konnte. Er war Chinese und deshalb ein Außenseiter in einer Institution, die aus historischen Gründen von Italienern beherrscht worden war und noch immer beherrscht wurde. Gott war gebürtiger Italiener – das wusste jeder, der etwas zu sagen hatte.
    Obwohl die Wahrheit vor ihm verborgen wurde, tat der Papst alles, was er konnte, um sie aufzudecken. Eines windigen Septembernachmittags unternahm er einen Spaziergang in den vatikanischen Gärten. Ihn begleitete ein Bischof aus Afrika, ein Mann, dem er vertraute. Er zog seinen Gefährten zu einem Pavillon, wo sie sich setzten.
    »Erzählen Sie mir, was Sie Neues wissen!«
    »In Afrika ist eine Hungersnot ausgebrochen, die sich rasant ausbreitet. Die Ernten waren schlecht. Es gibt Berichte über Hungertote.«
    »Wo?«
    »Im Norden. Die Regierungen äußern sich nicht dazu, weil sie nicht wollen, dass die Nachrichten nach außen dringen.« Der Bischof zögerte; mit verschwörerischer Stimme sagte er: »Heiliger Vater, seid Ihr Euch sicher, dass die Menschen hier, die Menschen in Eurem inneren Kreis, Euch … auf dem Laufenden halten? Ihr habt angeordnet, dass die Kirche ihre Besitztümer verkauft. In Afrika sieht man nichts davon. Die Kardinäle verhindern es.«
    »Ah.« Johannes hob den Blick zum Himmel. Der beste Ort, um Kardinälen aus dem Weg zu gehen.
    »Offen gesagt, geschieht das überall.« Der Bischof zögerte, unsicher, wie viel er sagen sollte. »Ich meine, es
kann
überall

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