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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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Josua betrachtete ihn eingehender. Ja, er war’s. Nach einer Weile wandte er sich wieder der kleinen Gruppe von Männern zu, die auf dem Balkon saß – und sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Da waren noch mehr! Er konnte sie sehen! Neben jedem Mann stand ein Wesen von außergewöhnlicher Helligkeit. Die Gesichter der Schutzengel (denn um sie handelte es sich) waren von einer solchen Schönheit, dass Josua bereitwillig all seinen Besitz weggegeben hätte, um sie länger anschauen zu dürfen. Eine der sitzenden Gestalten wandte sich um. Josua schaute den Papst an, der ihm wie zum Gruß zunickte. Der Engel, der neben dem Papst stand, sagte etwas. Josua versuchte zu verstehen, was …
    »Bist du noch da?«, fragte eine Stimme. Jussef rüttelte ihn an der Schulter.
    Der Traum zerplatzte. Josua fand sich auf dem Dach des Kornspeichers wieder. Es war dunkel.
    »Wo bin ich gewesen?«
    »Was soll das denn heißen?«, rief sein Mentor entrüstet. »Du hast den ganzen Nachmittag geschlafen und das Abendessen verpasst.«
    »Aber es sind doch nur ein paar Minuten vergangen.«
    »Stell dich doch nicht dumm! Steh auf! Es ist Zeit für die Messe.«
    Nach der Messe zog sich Josua in seine Mönchszelle zurück. Eigentlich wollte er über die Bibelstelle meditieren, die Bruder Theodore ihm genannt hatte, aber er grübelte die ganze Zeit über seinen Traum nach. Warum konnte der Papst mit Engeln sprechen? Und wieso konnte Josua dort sein? Existierten Zeit und Raum? Er fiel in einen Schlaf, aus dem er durch ein lautes Geklopfe an der Tür geweckt wurde. Der junge Mönch war gekommen, um ihn abzuholen. Es war kurz vor ein Uhr in der Früh. Schlaftrunken wurde Josua in die Kirche des heiligen Antonius geführt. Abermals saß er auf einer Bank im
khurus
. Der Mönch Theodore war bereits da, seine knotigen Hände hielten die schwarze Bibel, die Josua schon einmal gesehen hatte.
    »Was bedeutet die Stelle?«
    Josua zögerte. Sollte er Jussefs Deutung wiedergeben – dass der Mensch aussah wie Gott? Sie kam ihm nicht richtig vor, und er selbst wäre nie darauf gekommen. »Ich weiß es nicht.«
    Theodore nickte. Der Junge zeigte Demut, es gab also Hoffnung.
    »Gott schuf den Menschen nach Seinem Abbild, doch wer ist Gott? Er ist dreifaltig. Ungeschöpft – doch der Schöpfer aller Dinge. Herr der Geister – der Heilige Geist. Und Christus – Herr der Menschen. Drei in eins. Göttlich, spirituell und menschlich, aber dennoch Gott. Wenn wir nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, sind wir dann nicht gleich?«
    Der Mönch hielt inne.
    »Wir sind Menschen: Individuen aus Fleisch und Blut. Wo ist der Geist? Er ist in uns verborgen. Will man ihn finden, Josua, dann ist das, wie wenn eine Frau in ihrem Haus nach einer verlorenen Münze sucht. Wenn sie die Münze findet, stößt sie einen lauten Freudenschrei aus. Das ist das Gleiche, wie wenn ein Mensch den Geist in sich wiederentdeckt. Plötzlich bekommt er wieder Hoffnung. Er erkennt, dass er nicht nur ein müder Leib ist, der sterben muss. Noch größer als dies ist die ›besonders wertvolle kostbare Perle‹. Für sie wird selbst der habsüchtigste Mensch, ein Händler, alles geben, was er hat. Verborgen im Geist liegt die Seele, der göttliche Teil von uns – der ewige Teil. Also ist der Mensch nach dem Abbild Gottes geschaffen. Er ist einer, aber auch drei: Mensch, Geist und Gott. Deswegen ist der Mensch ein Mysterium. Wenn er sich findet, findet er Gott. Und wenn er Gott findet, findet er sich selbst.«
    Der Mönch wartete, dass die Stille sich ausbreitete. In der Stille lag Wahrheit.
    »Wie entdecken wir das? Die Bibel sagt uns, dass wir schauen und schauen können, aber nicht sehen. Wie ist das möglich? Es bedeutet, dass ein Mensch manchmal schaut und schaut, aber nichts
wahrnimmt
. Ein Mensch kann den Geist niemals mit seinem Verstand entdecken. Der Verstand kann nicht den Geist sehen, aber das Herz kann ihn erkennen. Zum Herzen zurückkehren bedeutet, in sich selbst hineinzuschauen. Die Frau, die nach der verlorenen Münze suchte, suchte in
ihrem
Haus.«
    Der Mönch tippte auf die Bibel, die er in der Hand hielt. »Dieses Buch spricht eigentlich nicht von menschlichen Dingen, sondern von spirituellen. Und es spricht nur zu jenen, die wahrhaft spirituell werden möchten.« Er tippte noch einmal auf die Bibel. »Vielen Menschen bleibt dieses Buch verschlossen. Für sie stellt es bloß eine Ansammlung alter Geschichten oder Schriften dar, die einander widersprechen. Es

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