Die Juedin von Toledo
den Schwachen, zu den Feigen, welche nur die Tapfern behindern auf ihrem von Gott vorgeschriebenen Weg. Eine Vilaine war sie von Wesen, Jüdin durch und durch. Sie vorenthielt seinem Sohne Taufe, Gnade, Seelenheil.
Er flüchtete in die Geschäfte. Besichtigte Soldaten, verhandelte mit Baronen, Feldhauptleuten. Aß und trank mit dem Erzbischof, mit Bertran.
Abend kam, Nacht. Er sehnte sich nach Raquel. Nicht nach ihrer Umarmung, das nicht: nach einer Auseinandersetzung. Er wollte ihr in das reine, unschuldige, verlogene Gesicht hinein sagen, was er von ihr dachte, was für eine sie war. Aber er verharrte in kindischem Trotz und blieb, wiewohl es ihn zog und riß, in seiner Burg.
So verlief auch der nächste Tag.
Als aber die zweite Nacht einfiel, ritt er in die Galiana. Übergab sein Pferd den Knechten, ließ sich nicht melden, ging durch den Garten. Lobte sich, daß er die Zisternen des Rabbi Chanan hatte zuschütten lassen. Sah befriedigt, daß das Glas der Mesusa fehlte.
Stand vor Raquel. Sie leuchtete auf. Er hatte sich all das Böse zurechtgelegt, das er ihr sagen wollte, lateinisch, einiges auch arabisch, damit sie es bestimmt verstehe. Er sagte es nicht, er gab sich nur mürrisch, einsilbig.
Später dann, im Bett, fiel er mit wütiger Lust über sie her. Haß, Liebe, Gier mischten sich ihm. Er wollte, daß sie das spüre. Sie spürte es wohl auch, und das machte ihm Freude.
Eine moslemische Gesandtschaft traf in Toledo ein, um dem König von Kastilien eine Botschaft des Kalifen zu überbringen. Es verlautete, die Gesandten sollten den König an seinenVertrag mit Sevilla erinnern. Man hatte also in Burgos richtig vermutet: der Kalif wollte dem Kriege fernbleiben, wenn nur Don Alfonso den Waffenstillstand mit Sevilla nicht offen verletzte.
Don Manrique de Lara und fast alle andern Berater des Königs freuten sich von Herzen, daß sich Kastilien und Aragon nicht mit der ganzen Macht des Kalifen würden messen müssen. Dem Domherrn Rodrigue gar war das Eintreffen der Delegierten ein großes Licht in seiner Trübsal. Wenn nur Don Alfonso sich zähmte und die Gesandten mit einigem Takt behandelte, dann wird sich der Krieg auf Schlachten und Scharmützel mit den Emiren von Córdova und Sevilla beschränken, er wird nicht die ganze Halbinsel in Blut und Elend tauchen.
Dem König selber war die Ankunft der Gesandten keineswegs willkommen. Er war ungeduldig und gereizt. Er wollte Toledo, wollte den Frieden hinter sich haben. Wollte auch die Galiana hinter sich haben. Wollte endlich, endlich! seinen Krieg beginnen. Und da kamen nun diese Beschnittenen, um von neuem zu schwatzen und zu verhandeln. Aber er hatte in Burgos Konzessionen genug gemacht, er war nicht gewillt, nun auch noch diesem Jakúb Almansúr demütigende Versicherungen abzugeben. Er dachte daran, die Gesandten grob abzufertigen oder sie gar nicht erst zu empfangen.
Der Erzbischof und Bertran bestärkten ihn in seinem Trotz. Don Manrique indes hatte mit dem Domherrn alle die hellen Aussichten erwogen, welche das Eintreffen der Gesandtschaft öffnete, und er stellte dem König in dringlichen Worten vor, das Wohl des Reiches und der ganzen Christenheit verlange, daß er auf das Spiel des Kalifen eingehe und dessen Warnung mit ernsten Beteuerungen erwidere. Wenn er sich weigere, wenn er Jakúb Almansúr herausfordere und kränke, statt ihn zu sänftigen, dann ziehe er die Heere des ganzen westlichen Islams ins Andalús, dann werfe er den Kriegsplan von vornherein über den Haufen und breche den Vertrag, den er in Burgos feierlich beschworen habe. Alfonsoerwiderte störrisch, er widerstrebte lange und setzte erst auf unablässiges Zureden Don Manriques mürrisch eine Stunde fest, die Gesandtschaft zu empfangen.
Die moslemischen Herren wurden geführt von dem Prinzen Abul-Asbag, einem Verwandten des Kalifen, sie traten glänzend auf. Alfonso empfing sie, umgeben von seinen Räten und Granden, in dem mit Wandteppichen und Standarten geschmückten Großen Audienzsaal.
Es wurden unter mancherlei Zeremoniell die üblichen, umständlichen Einführungsreden ausgetauscht. Alfonso, fürstlich lässig auf seinem erhöhten Sitz, hörte das feierlich förmliche Geschwatze. Er sah das finstere Gesicht des Erzbischofs, das spöttische Bertrans, das sorgenvolle Don Rodrigues. Und immer wieder suchte sein Aug den Juden, der sich bescheiden in einer hinteren Reihe hielt. Dieser Jehuda war schuld daran, wenn er, Alfonso, früher der Erste Ritter der Christenheit,
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