Die Juedin von Toledo
eine böse Genugtuung, daß ihn Alfonso jetzt rief. Der König hatte also rasch gemerkt, daß er ohne ihn nicht auskam. Aber Jehuda wollte sich nicht zu billig machen, er wollte nicht neuen Schimpf entgegennehmen. Er entschuldigte sich ehrfürchtig, er sei unpaß.
Don Alfonso, nach einem Augenblick der Wut, bezwang sich und ließ das Geld für Alarcos durch Don Manrique anfordern, viel Geld, viertausend Goldmaravedí. Der Escrivano stellte die Summe sogleich und ohne Einwand zur Verfügung und beglückwünschte den König in einem untertänigen Schreiben zu dem Entschluß, durch den Ausbau der Festungaller Welt zu zeigen, daß er den Krieg vorbereite. Der König wußte nicht, was er aus dem Juden machen sollte.
Es lockte Alfonso, nach Burgos zu reisen, um sich bei seiner Königin Rat zu holen. Er hätte längst schon hingehen sollen. Doña Leonor war schwanger, wohl von jener Nacht her, da er ihr beigelegen war nach jener glücklichen Rückkehr aus Saragossa. Aber Burgos war jetzt voll von unbequemen Gästen. Die Stadt lag an der großen Heerstraße, die nach Santiago de Compostela führte, zum heiligsten Heiligtum Europas. Und wenn diese Straße alle Zeit von Pilgern bereist war, so wollten sich jetzt, da sie zum Kampf in den Osten fuhren, noch mehr große Herren als sonst den Segen des Santiago holen; sie alle kamen über Burgos, sie alle machten Doña Leonor ihre Aufwartung, und die Vorstellung, wie er, der Ofenhocker, mit diesen Kämpfern zusammentreffen würde, kratzte Don Alfonso.
Aber er konnte nicht faul und traurig in seiner Königsburg herumsitzen. Er machte sich zu tun, reiste hierhin, dorthin. Ritt nach Calatrava zu den Ordensrittern, um diese seine Kerntruppe zu inspizieren. Ritt nach Alarcos, die Festungswerke zu besichtigen. Besprach mit seinen Freunden eitle Kriegspläne.
Wenn er gar nichts anderes zu tun fand, ritt er auf die Jagd.
Einmal, mit Garcerán de Lara und Estéban Illán von einem solchen Jagdausflug zurückkehrend, beschloß er, da es sehr heiß war, auf seiner Besitzung La Huerta del Rey Rast zu machen.
Die Huerta del Rey, kühl an dem sich windenden Flusse Tajo gelegen, war ein weites, von verfallenen Mauern umgebenes Gelände. Einsam stand da ein Tor; von ihm, eingemeißelt in bunten, altertümlichen Lettern, grüßte die arabische Formel: Alafia, Heil, Segen. Gebüsch war da, ein kleiner Wald, auch Beete aller Art; doch hatte der Gärtner da, wo früher wohl seltene Blumen kunstvoll gezüchtet worden waren, Nutzpflanzen angebaut, Gemüse, Kohl, Rüben. Inmitten von alledem stand vernachlässigt das Lustschloß, auchein zierlicher Kiosk, und am Ufer des Flusses verwitterte eine Boots- und Badehütte.
Die Herren saßen unter einem Baum, im Angesicht des Schlosses. Fremdartig stand es da, islamisch durch und durch. Von alters her war an dieser Stätte, wo man in der Kühle des Flusses eine schöne Sicht auf die Stadt hatte, ein Haus gestanden. Römer hatten hier eine Villa gebaut, Goten ein Landhaus hingestellt, und bezeugt war, daß dieses Schloß, das jetzt so verwahrlost dastand, der arabische König Galafré hatte errichten lassen für seine Tochter, die Infantin Galiana; Palacio de Galiana wurde das Schloß jetzt noch genannt.
Heute war es sogar hier heiß, eine beklemmende Stille lag über Fluß und Garten, das Geschwätz der Herren vertröpfelte. »Die Huerta ist eigentlich größer, als ich gedacht hatte«, meinte Don Alfonso. Und plötzlich kam ihm ein Einfall. Seine Väter und er hatten viel zerstören müssen und hatten wenig Zeit gehabt, Neues zu errichten; doch war die Lust zu bauen ihnen eingeboren. Seine Leonor hatte Kirchen gebaut, Klöster, Hospitäler, er selber Kirchen, Kastelle, Festungen. Warum sollte er nicht einmal für sich und für die Seinen bauen? Es konnte nicht schwer sein, die Galiana zu restaurieren und sie bequem und wohnlich zu machen; im Sommer wird es gut sein, hier zu wohnen, und vielleicht dann wird Doña Leonor auch einmal in der heißen Zeit hierherkommen. »Was denkt ihr, Herren?« meinte er. »Wollen wir die Galiana restaurieren?« Und: »Schauen wir uns das Trümmerwerk einmal an«, beschloß er munter.
Sie gingen dem Hause zu. Der Kastellan Belardo kam ihnen entgegen, erregt, eifrig, sehr ehrerbietig. Er wies auf seine Gemüsebeete und erklärte beflissen, was alles er aus dem wertlosen Gelände gemacht habe. Im Hause dann zeigte er die vielen Schäden und erklärte vielwortig, wie schön das alles einmal gewesen sein müsse, die
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