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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Neutralität im Heiligen Krieg, und besser tat er’s auf solche Art als dadurch, daß er den Saladins-Zehnten dem Erzbischof überließ. »An welche Summe hast du gedacht, Herr König?« fragte er. »Ich möchte deine Meinung hören«, verlangte Alfonso. Jehuda schlug vor: »Wenn du Calatrava den gleichen Betrag anwiesest wie Alarcos: viertausend Goldmaravedí?« – »Du scherzest, mein Lieber«, sagte freundlich der König. »Ich werde doch meine besten Ritternicht wie Bettler abspeisen. Stell die Schenkung aus auf achttausend Maravedí.«
    Dieses Mal konnte Don Jehuda sein Gesicht nicht verhindern, zu zucken. Doch verneigte er sich ohne Widerrede und sagte: »Du hast in dieser Stunde vierundzwanzigtausend Goldmaravedí für heilige Zwecke verschenkt, Herr König. Bestimmt wird Gott dir’s lohnen.« Und munter, schon hatte er sich gefaßt, sprach er weiter: »Ich hatte ohnedies erwartet, daß die Gnade Gottes mit dir sein werde, und ich habe Vorsorge getroffen.« Der König schaute verwundert. »Ich habe«, erläuterte Jehuda, »damit rechnend, daß Gott dir nach Verdienst einen Thronerben bescheren wird, meine Repositarii angewiesen, das Register der Taufgeschenke zu revidieren.« Es war nämlich in den alten Büchern festgelegt, daß anläßlich der Geburt eines ersten Sohnes der König das Recht haben sollte, von jedem Vasallen eine Beisteuer zur würdigen Aufziehung des Thronerben einzufordern, und es ging um hohe Beträge.
    Don Alfonso hatte wie Doña Leonor die Hoffnung auf einen Thronerben aufgegeben, und daß sein Escrivano auf sein Glück baute, freute ihn. Belebt, mit einem kleinen, verlegenen Lächeln meinte er: »Du bist wirklich ein vorsorglicher Mann«, und schon wollte er, da der Jude ihm die verlangte Summe ohne Zögern zur Verfügung stellte, seinem Vorsatz gemäß ihn und nicht Don Martín mit der Eintreibung des Zehnten betrauen.
    Aber hatte sich nicht der Jude herumgedrückt um den Saladins-Zehnten der Aljama und ihn mit keinem kleinsten Wort erwähnt? »Wie ist das eigentlich mit eurem Saladins-Zehnten?« fuhr er ihn an, ohne Übergang. »Man sagt mir, ihr wollt die Kirche darum betrügen. Das dulde ich nicht, da seid ihr bei mir an den Falschen geraten.«
    Der jähe, gereizte Angriff warf Jehuda aus dem Gleichgewicht. Aber er überlegte, daß jetzt das Schicksal der sephardischen Juden auf seiner Zunge lag, er riß sich zusammen, er befahl sich kühles Wägen und Geduld. »Man hat uns verleumdet,Herr König«, antwortete er. »Ich habe den Saladins-Zehnten der Aljama längst in meine Rechnung eingestellt; sonst wäre das Geld nicht da, das du heute verlangt hast. Aber natürlich wollen deine jüdischen Untertanen auch diese Steuer nur dir entrichten, Herr König, und nicht irgendwem sonst, der sie fordern könnte oder gefordert hat.«
    Don Alfonso, wiewohl befriedigt, daß der Jude die Beschuldigung Don Martíns so mühelos widerlegte, wies ihn zurecht: »Werde mir nicht zu dreist, Don Jehuda! Der ›Irgendwer‹, von dem du sprichst, ist der Erzbischof von Toledo.«
    »Das Statut«, antwortete Jehuda, »welches deine Väter der Aljama gewährt und welches deine Majestät bestätigt hat, sieht vor, daß die Gemeinde Steuern nur dir zu entrichten hat und niemand sonst. Wenn du es befiehlst, dann wird der Zehnte selbstverständlich an den Herrn Erzbischof gezahlt werden. Allein es wird der Zehnte sein und kein Sueldo mehr, ein sehr magerer Zehnter; denn es ist schwierig, einen widerspenstigen Bock zu scheren. Wenn aber der Zehnte deiner Majestät gehört, wird es ein fetter, reicher Zehnter sein; denn dich, Herr König, liebt und verehrt die Aljama von Toledo.« Und leise, eindringlich fuhr er fort: »Was ich dir jetzt sage, sollte ich vielleicht besser in meinem Busen bewahren. Aber ich bin dein ehrlicher Diener und kann dir’s nicht verschweigen. Es wäre schlimm für uns und drückte unser Gewissen, wenn wir Geld beisteuern sollten zur Eroberung einer Stadt, die uns heilig ist seit Urzeiten und die Gott uns zum Erbteil bestimmt hat. Du, Herr König, wirst unser Geld nicht für den Krieg im Osten verwenden, sondern für die Mehrung der Würde und Macht deines Kastiliens, das uns schützt und uns Blüte und Sicherheit gibt. Wir wissen, du brauchst das Geld zu unserem Wohl. Wofür es der Herr Erzbischof braucht, wissen wir nicht.«
    Der König glaubte, was der Jude sagte. Der Jude, aus welchen unheimlichen Gründen immer, ging den gleichen Weg wie er, er war sein Freund, Alfonso spürte es.

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