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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Don Martíns nicht aus dem Kopf. Der Erzbischof hatte recht: er hatte sich mit dem Juden zu tief eingelassen. Er hatte ihn nicht wie einen Menschen gehalten, mit dem man notgedrungen Geschäfte macht, sondern wie einen Freund. Hatte ihn in seinem Hause aufgesucht, seinen Sohn zum Edelknaben genommen, mit seiner Tochter scharmutziert und sich vom Spott und Hochmut des Mädchens verlocken lassen, das islamische Lustschloß aufzubauen. Wenn man die Schlange in den Schoß nahm, dann biß sie. Vielleicht hatte sie schon gebissen.
    Der Jude soll ihn nicht länger berücken. Er soll sich verantworten, daß er der Aljama den Saladins-Zehnten noch nicht abverlangt hat. Und wenn er keine Gegengründe weiß, die schlagen und treffen, dann wird Alfonso die Juden dem Don Martín überantworten. Sie sollen ihm nicht den Kopf zu dreist in die Höhe strecken, die Ungläubigen!
    Aber darf er sein Besitzrecht an den Juden, dieses Patrimonio Real, der Kirche überschreiben? Keiner seiner Vorfahren hat daran tasten lassen.
    Er nahm die Berichte vor über die Finanzlage des Reiches. Sie waren günstig, mehr als günstig. Der Mann hatte ihn gut bedient, das war nicht zu leugnen. Aber er wird die Mahnung des Erzbischofs im Herzen tragen; niemand soll ihn übertölpeln.
    Zunächst einmal wird er dem Juden für Calatrava und für den Freikauf der Gefangenen eine ungeheure Summe abverlangen. Schon die Antwort des Juden wird zeigen, ob er die Interessen der Krone und des Reiches voranstellt oder seine eigenen und die seiner Judenheit.
    Er empfing Jehuda erwartungsvoll.
    Jehuda selber war voll unruhiger Spannung. Unendlich vieles hing ab von dieser Aussprache mit dem König, er mußte vorsichtig sein.
    Zunächst berichtete er ausführlich über den Stand der Wirtschaft. Erzählte von ansehnlichen Erfolgen und vergaß nicht kleinere Errungenschaften, die geeignet schienen, dem König Vergnügen zu machen. Da war etwa das große Gestüt; sechzig edle Pferde aus dem moslemischen Andalús und aus Afrika waren auf dem Transport nach Kastilien, drei Pferdezüchter von hohem Sachverstand waren angeworben worden. Dann war da die kastilische Münze; Goldmaravedí wurden in immer größerer Anzahl geprägt, und wiewohl das Bildnis Alfonsos wie jedes Bildnis den Anhängern des Propheten ein Ärgernis war, verbreiteten sich auch in den islamischen Ländern die Goldmünzen, die Don Alfonsos Antlitz und das Wappen seiner Macht zeigten. Und der Frau Königin wird es vielleicht Freude machen, daß sie in nicht allzu ferner Zeit Gewänder wird tragen können, die aus kastilischer Seide gewebt sind.
    Der König hörte gut zu und schien befriedigt. Aber er erinnerte sich seines Vorsatzes, den Juden nicht übermütig werden zu lassen. »Das klingt ja erfreulich«, meinte er, um mit bösartiger Freundlichkeit fortzufahren: »Und nun haben wir wohl auch endlich das Geld, um gegen unsere Moslems loszuschlagen.«Don Jehuda war enttäuscht über den geringen Dank, doch antwortete er ruhig: »Wir nähern uns diesem Ziele schneller, als ich hoffte. Und je länger du Frieden hältst, Herr König, um so besser sind deine Aussichten, ein Heer aufzustellen, groß und stark genug, dir den Sieg zu verbürgen.«
    Don Alfonso, mit der gleichen, hinterhältigen Freundlichkeit, fragte weiter: »Wenn du glaubst, mir den Heiligen Krieg noch immer verbieten zu müssen, bewilligst du mir wenigstens Geld, der Christenheit meinen guten Willen zu zeigen?« – »Habe die Gnade, Herr König«, erwiderte Don Jehuda, »deinem unverständigen Diener deine Meinung deutlicher zu machen.« – »Ich und Doña Leonor haben beschlossen«, eröffnete ihm Alfonso, »Gefangene des Saladin loszukaufen, viele Gefangene«, und er nannte eine noch höhere Zahl, als er hatte verlangen wollen: »tausend Männer, tausend Frauen, tausend Kinder.«
    Jehuda schien betroffen, und Alfonso dachte bereits: Da hab ich ihn ertappt; jetzt zeigt er sein wahres Gesicht, der Fuchs. Da aber antwortete Jehuda: »Sechzehntausend Goldmaravedí sind sehr viel Geld. Kein anderer Fürst dieser Halbinsel könnte für einen uneigennützig frommen Zweck eine so hohe Summe spenden. Du kannst es, Herr König.«
    Alfonso, nicht wissend, ob er sich freuen oder ärgern sollte, fuhr fort: »Des weiteren möchte ich dem Calatrava-Orden eine Stiftung machen, und sie soll nicht schäbig sein.«
    Nun war Jehuda ernstlich bestürzt. Aber sogleich sagte er sich, der König wolle vermutlich dem Himmel Verzeihung abkaufen für seine

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