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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Landes und seine eigenen blühten.
    Aber eine neue, schwere Sorge schlich ihn an, Sorge um die Judenheit Toledos und ganz Kastiliens.
    Nach dem unzweideutigen Edikt des Papstes hatten alle jene, die nicht an dem Kreuzzug teilnahmen, den Saladins-Zehnten zu entrichten, also auch die Juden. Erzbischof Don Martín machte sich diesen Erlaß zunutze und forderte die Aljama auf, ihm diese Abgabe zu zahlen.
    Don Ephraim brachte Jehuda das Schreiben des Erzbischofs. Es war scharf, drohend. Jehuda las; er hatte die Forderung Don Martíns seit langem erwartet.
    »Die Aljama«, sagte mit dünner Stimme Don Ephraim, »wird zusammenbrechen, wenn sie zu den andern Steuern auch noch den Saladins-Zehnten zahlen soll.«
    »Wenn ihr euch von der Zahlung drücken wollt«, antwortete unverblümt Jehuda, »rechnet nicht mit meiner Hilfe.«
    Das Gesicht des Gemeindevorstehers wurde böse und entsetzt. Diesen Jehuda, dachte er bitter, kümmert es keinen Daumenbreit, was wir andern zahlen. Er streicht seine Kommission ein, der Wucherer: uns läßt er verderben.
    Don Jehuda erriet genau die Gedanken des andern. »Winsele mir nicht um das Geld, mein Herr und Lehrer Ephraim«, wies er ihn zurecht. »Ihr verdient genug an der kastilischen Neutralität. Ich hätte euch den Saladins-Zehnten schon lange abfordern sollen. Es geht nicht um das Geld. Es geht um Wichtigeres.«
    Dem Párnas Ephraim war vor der ungeheuren Höhe des Betrags, den da seine Aljama zahlen sollte, jede andere Sorge verdämmert; nun Jehuda ihn so unsanft weckte, konnte er sich nicht länger blind stellen vor der sehr viel schlimmeren Gefahr. Der Saladins-Zehnte war eine Steuer, die der Kirchezustand, nicht dem König. Schon als es darum ging, die Steuern von den Christen zu erheben, hatte der Erzbischof die Eintreibung als sein Recht beansprucht, und die Krone hatte ihm mancherlei Zugeständnisse machen müssen. Den Juden gegenüber wird Don Martín auf diesem seinem Privileg noch viel schroffer bestehen; wenn er aber durchdrang, dann war es mit der Unabhängigkeit der Aljama zu Ende.
    Das machte jetzt Don Jehuda dem andern in brutalen Worten klar. »Du weißt doch so genau wie ich, worum es geht«, sagte er. »Kein Zwischenglied darf eingeschoben werden zwischen uns und den König. Unabhängig müssen wir bleiben, wie es niedergelegt ist in den alten Büchern. Unsere eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit müssen wir beibehalten, so wie die Granden. Der König muß das Recht bekommen, ich muß das Recht bekommen, diese Steuer einzuziehen, nicht Don Martín. Darauf werde ich hinarbeiten, nur darauf. Und wenn es mir gelingt, und wenn es euch nichts weiter kostet als das Geld, dann singt Halleluja!«
    Don Ephraim, so hart angepackt, gab in seinem Innern Jehuda recht. Ja, er bewunderte, wie rasch und klar dieser erfaßte, worum es ging. Aber er wollte seinen widerwilligen Respekt nicht zeigen. Zu tief traf ihn der Kummer um das Geld. Er saß da, unbehaglich, fröstelnd, rieb sich die Fläche der einen Hand mit den Nägeln der andern und maulte weiter: »Dein Vetter Don Joseph hat erwirkt, daß die Juden Saragossas nur die Hälfte des Zehnten zu zahlen haben.« – »Vielleicht ist mein Vetter geschickter als ich«, entgegnete trocken Jehuda. »Sicher ist, daß er keinen Erzbischof Don Martín zum Gegner hat.« Er erhitzte sich. »Willst du denn immer noch nicht sehen? Ich werde zufrieden sein, wenn uns dieses Mal der Erzbischof nicht unters Joch kriegt. Dafür zahle ich gern den vollen Zehnten an den König, und es wird ein fetter Zehnter sein, Don Ephraim, verlaß dich drauf. Die Autonomie der Aljama ist mir das wert.« Er sprach unerwartet heftig, ja, er verhaspelte sich und lispelte.
    »Ich weiß, daß du unser Freund bist«, beeilte sich Don Ephraim zu erwidern. »Aber du bist ein strenger Freund.«
    Der Erzbischof, auf eine ehrerbietig ablehnende Antwort Don Ephraims, schickte keine zweite Mahnung. Wohl aber reiste er nach Burgos, offenbar um den König zu bestürmen, er möge ihm Vollmachten gegen die Juden erteilen.
    Jehuda befürchtete, es könnte ihm gelingen. Alfonso und Leonor waren fromm, die kastilische Neutralität bedrückte ihr Gewissen, Don Martín konnte sich auf ein unzweideutiges Edikt des Papstes berufen und sie mahnen, nicht Sünde auf Sünde zu häufen. Jehuda fragte sich, ob er nicht selber nach Burgos fahren solle. Aber das Bedenken des alten Musa, er könnte gerade durch »Tun« alles verderben, hielt ihn ab.
    Es war ihm ein Zeichen des Himmels, als ihn

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