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Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Titel: Die Juliette Society: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Grey
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jemandem, das oder der für seine Mission entscheidend ist, gehört aber bestimmt nicht hierher – möchte bestimmt nicht einmal hier sein.
    Dieser Protagonist ist fast immer ein Mann – verklemmt, gehemmt und unerschütterlich heterosexuell. Wie die männliche Version von Séverine.
    Und der Club ist wie Séverines Arbeitsplatz, das Bordell. Der Club stellt einen Ort dar, an dem Sex in allen Formen und alle Spielarten der Perversion ausgelebt werden dürfen, ungehindert durch Gesetze, Moral oder die Mitmenschen. Und das ist eine massive Bedrohung seiner Männlichkeit, der angeblichen Ordnung in seinem Leben.
    Aber er wird nicht gefickt werden. Ihm wird es erlaubt sein, den Ort wieder zu verlassen, ohne dass ihm seine Männlichkeit streitig gemacht wird.
    Er wird bloß ein bisschen provoziert.
    Gleichzeitig ist das hier ein Club, wie man ihn noch in keinem Film gesehen hat, wie man ihn in keinem Film sehen wird. Denn die Clubszenen in Filmen werden meistens von Leuten gemacht, die höchstwahrscheinlich noch nie einen richtigen Club betreten haben. Sie haben bloß einen für ihren bescheuerten Film entworfen, damit ihr Held ihn durchqueren und völlig baff sein kann angesichts all der Freaks ohne jegliches Modebewusstsein, die wie die Bekloppten zur schlimmstem Clubmucke tanzen, die man je gehört hat.
    Zumindest haben die Leute, die die Clubszenen in Filmen machen, sicher noch nie einen Fuß in diesen hier gesetzt. Denn die Fuck Factoryist ein Club, in dem die Leute nur durch ihre sexuellen Vorlieben definiert werden, durch ihre Fetische und Begierden. Nothing else matters. Niemand schert sich drum, ob man jung oder alt ist, wer man ist oder was man im echten Leben so macht, ob man Hausmeister ist oder Geschäftsführer.
    Anna sagt: »Du musst Kubrick kennenlernen«, und sie bugsiert mich zu einem älteren Mann hinüber, der an der Bar lehnt. Kubrick ist Chef und Eigentümer der Fuck Factory . Nicht Stanley, sondern Larry – aber jeder hier nennt ihn Kubrick. Er ist ein kleiner, dicker, tuntiger, glatzköpfiger Typ. Denn wenn das Leben einem eine Arschkarte ausspielt, dann versaut es einem gern auch gleich das ganze Deck. Aber Kubrick scheint das nicht zu stören. Er freut sich wie Larry.
    Kubrick hat ein nettes Lächeln und eine auf Körperkontakt ausgerichtete Art. Er wirkt ziemlich harmlos. Er hat einen langen, schneeweißen Bart, einen Schleier aus flaumiger, weißer Behaarung überall am Körper, an den Armen, auf der Brust und auch am Bauch, der die Größe und Form eines Wasserballs hat, aber nicht schwabbelig ist, sondern so fest und straff, als würde er nur aus Muskeln bestehen. Er erinnert mich an den Weihnachtsmann. Einen Weihnachtsmann allerdings, der seinen rot-weißen Mantel gegen eine Lederweste eingetauscht hat und sich Sadist auf die Brust hat schnitzen lassen.
    Kubrick trägt tatsächlich das Wort Sadist auf der Brust, und es sieht so aus, als hätte es ihm jemand mit dem Dosenöffner eingeritzt. Große, krakelige Buchstaben erstrecken sich über seinen gesamten Oberköper zwischen Hals und Brustwarzen. Und ich frage mich, ob er wirklich ein Sadist ist, oder ob er da bloß etwas falsch verstanden hat, denn es muss höllisch wehgetan haben.
    Die Fuck Factory ist Kubricks Laden, seine Schöpfung, sein Happening. Ein pansexuelles Labor der fleischlichen Gelüste, wo alles und jedes möglich ist. So schwer das auch vorstellbar ist – hier gehen Dinge ab, die man nicht einmal im Internet finden kann.
    Wenn man seinen Club schon Fuck Factory nennt, dann sorgt man verdammt noch mal besser dafür, dass er diesem Namen auch gerecht wird. Kubrick scheint sich seiner Sache da ziemlich sicher zu sein, denn er begrüßt mich mit den Worten: »Süße, ich sag dir, dass hier ist der beste Sexclub der Welt. Der beste Sexclub, den es je gegeben hat.«
    Kubrick nennt mich Süße. Anna nennt er »die da«.
    Kubricks fleischige Arme sind um Annas Taille geschlungen. Er zieht sie fest an sich, sodass sich ihre Brüste an seinen Oberkörper schmiegen. Seine Oberarme sehen aus wie Schinken und seine Unterarme wie die von Popeye. Auf einem Arm erkenne ich ein verblasstes blaues Matrosentattoo, auf dem anderen ein seltsames Siegel oder ein Piktogramm, das ich beim besten Willen nicht entschlüsseln kann.
    Er drückt Anna noch mal und sagt: »Die da weiß nicht, wann es genug ist.«
    Dann lacht er und gibt ihr spielerisch einen Klaps auf den Hintern. Da sie damit nicht gerechnet hat, zuckt sie erst zusammen und fängt

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