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Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Die Juliette Society: Roman (German Edition)

Titel: Die Juliette Society: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Grey
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ich bei dem ganzen Schutt auf dem Boden kaum gehen kann. Ich stehe an einer Straßenecke, sehe aus wie ’ne Nutte und fühle mich verdammt nackt.
    Jack und ich nehmen eine Auszeit. Für mich klingt das eher nach einer eleganten Art, Schluss zu machen. Aber es ist schlimmer als das. Es tut weh wie eine Trennung, aber ohne die Endgültigkeit.
    Anna hat angerufen und gefragt, ob ich mit ihr in die Fuck Factory gehen will, und es gibt niemanden, der mich davon abhält. Was erwartet Jack von mir? Dass ich zu Hause rumsitze und mich selbst bemitleide? Das kann er vergessen.
    DieFuck Factoryist Annas Lieblingsclub. Der einzige Ort, an dem sie sich, wie sie sagt, wirklich zu Hause fühlt, im Reinen mit sich selbst und unter ihresgleichen. Sie meint, sie würde mich gerne mitnehmen, damit ich sie ein bisschen besser verstehe. Warum sie tut, was sie tut.
    Heute Abend ist Black and Blue Night , was aber, wie Anna mir drei oder vier Mal versichern musste, nichts damit zu tun hat, wie unsere Körper aussehen werden, wenn wir da wieder rauskommen.
    »Das ist bloß ein Dresscode, Dummerchen.«
    Leder und Jeans. Und sonst nichts. Keine Baumwolle, keine Kunstseide, kein Polyester, kein Elastan.
    Aber ich schummle.
    Ich habe einen BH und ein Höschen unter den Jeansklamotten an.
    Anna ahnt nichts davon, und wenn doch, dann lässt sie sich nichts anmerken.
    Sie kam zu mir in die Wohnung, und wir haben uns zusammen zurechtgemacht. Sie hatte Klamotten für mich dabei, weil wir ungefähr die gleiche Größe haben. Anna bestand hartnäckig darauf, dass ich mich an den Dresscode halte. Sie meinte: »Du musst schon nach den Regeln spielen. Und das ist die einzige Regel, die es gibt.«
    Doch ich blieb ebenso hartnäckig, was meinen Anstand betrifft, also zog ich Unterwäsche an, als sie kurz nicht aufpasste.
    Sie fasste mich an den Hüften und schob mich vor den Spiegel, damit ich mich betrachten konnte, und hatte ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Ich dachte dagegen, dass ich ziemlich billig und nuttig aussehe, so wie diese Jungschauspielerinnen auf dem Cover der Maxim . Doch Anna betrachtete mich und sagte: »Ich würde mit dir vögeln.«
    Gleich darauf entschuldigte ich mich kurz, ging ins Bad und zog dort wieder meine Unterwäsche an – einen String und meinen Halbschalen-BH. Im Spiegel überprüfte ich, dass das Höschen nicht zu sehen war, und schloss einen Hemdknopf, sodass das Dekolleté noch sichtbar war, der BH aber nicht.
    Anna hielt sich an die Regeln. Sie hatte sich für einen Leder-Catsuit entschieden, der ihr passte wie eine zweite Haut. Er hat einen Reißverschluss, der vorne von ihrem Hals bis zwischen die Beine verläuft. Sie könnte gar keine Unterwäsche tragen, selbst wenn sie wollte, denn die würde sich darunter abzeichnen und die ganze Optik ruinieren. Außerdem hat sie den Reißverschluss fast bis zum Nabel geöffnet, und ihre Titten liegen so gut wie blank.
    Während sie ihr Make-up noch mal auffrischte, fragte ich sie, was mich erwarten würde.
    »Jedenfalls kein Tanztee«, sagte sie. »Dort kommen die Leute zusammen, um zu poppen. Man sieht sich um, man schaut sich an, was abgeht, was einen beim Zuschauen anmacht, und dann steigt man einfach ein. Keine große Sache.«
    Anna erzählte mir, dass die Fuck Factorylegendär sei. Es gab sie bereits, bevor wir geboren wurden. Und sie wurde schon öfter hochgenommen als Lindsay Lohan und Paris Hilton zusammen – aufgrund von fast jeder Gesundheits- oder Sicherheitsvorschrift, die man sich nur vorstellen kann. Selbst der kleinste Verstoß diente als Vorwand. Und nach jeder Razzia zog der Club an einen anderen Ort um und fing wieder von vorne an, noch weiter abseits der bürgerlichen Gesellschaft, noch weiter abseits der Zivilisation, wo er Schikanen oder den Arm des Gesetzes nicht fürchten muss.
    Jetzt ist er hierher umgezogen.
    Wenn es einen Ort gäbe, der Nirgendwo heißt, dann würde es dort vermutlich genauso aussehen wie hier. Ein Kriegsgebiet. Wie auf diesen Fotos, die man manchmal von einer von Konflikten gezeichneten Stadt sieht oder von einer Krisenregion am anderen Ende der Welt, in der es ständig zu Unruhen kommt. Oder wie die längst vergessenen Ruinen einer untergegangenen Zivilisation. Eine seit Langem verlassene Geisterstadt. Leere Straßen. Ausgebombte Häuser, die kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Keine Einwohner. Keine Lebenszeichen.
    So fühlt sich das hier an. Unheimlich und gespenstisch. Zwei Mädchen, die auf einer menschenleeren Straße

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