Die Juliette Society: Roman (German Edition)
hier erst seit drei oder vier Tagen. In der Zeit kann er unmöglich all dieses Essen verdrückt haben, außer die ganze Aufregung verleitet ihn zum Kampffressen. Bundy ist sowieso ein bisschen moppelig, also ist es schwer zu sagen, ob er zugenommen hat. Ich schätze, er ist einer dieser ewigen Teenager, die nie ihren Babyspeck verlieren. Er wird mit zunehmendem Alter bloß weniger niedlich.
Ich sehe stapelweise Baseballkappen, an denen noch Preisschilder hängen, und schachtelweise Turnschuhe, die er wohl nie angehabt hat, weil die Kartons allesamt noch ungeöffnet aussehen. Bundy erklärt mir, dass er jeden Tag ein neues Paar Turnschuhe trägt und es dann in den Müll schmeißt wie Bonbonpapier. Er sagt, das sei der einzige Luxus, den er sich leistet. Aber ich habe eher den Verdacht, dass der einzige Grund, warum er die Turnschuhe wechselt wie andere Leute ihre Unterhosen, wohl eher darin besteht, dass er ganz schlimme Käsefüße hat.
Plötzlich dämmert mir auch, warum es hier so müffelt. Das kommt nicht etwa von der gammligen Pizza oder den Resten von chinesischem Essen, sondern von Bundys Stinkefüßen. Es ist die Art von Gestank, der sich nur ganz schwer überdecken lässt und sich scheinbar überall festsetzt wie Kotzegeruch. In Bundys Wohnung riecht es so mies, dass ich versuche, nur noch durch den Mund zu atmen. Ich will so schnell wie möglich wieder hier raus, aber Bundy scheint überzeugt, dass seine Leiden so weltbewegend sind, dass er mir gleich seine ganze Lebensgeschichte aufs Auge drücken will, vom Anfang bis zum heutigen Tag. Ach was, er fängt sogar noch vor seiner Geburt an. Bei dem Tag, als seine Eltern sich für seinen Namen entschieden haben.
Bundy sitzt im Schneidersitz auf dem Boden wie ein schmollendes Kind inmitten seiner Spielsachen. »Ich bin kein schlechter Mensch«, jammert er. »Das ist halt so meine Art.« Während er das sagt, schiebt er geistesabwesend eine Chewbacca-Sammelfigur mit dem Kopf voraus in eine Taschenmuschi.
Bundys Wohnung ist vollgestopft mit Spielzeug – Kinderspielzeug und Sexspielzeug – und für ihn ist das alles ein und dasselbe. Er hat zwei Glücksbärchis auf allen vieren so positioniert, dass sie sich die Hintern zuwenden, und einen Zweiender-Dildo durch die aufgeschlitzten Nähte in die Füllung gestopft. Daneben ist ein Teletubby, der einen Strap-on als Maske aufhat. Das Ganze wirkt so, als wäre irgendein verkorkster Wichser mit seinen Abarten auf halbem Weg zwischen Pubertät und Anfang zwanzig in einem hoffnungslosen Stadium der Unreife steckengeblieben, weshalb er nun allem Gesunden und Reinen, was ihm in die Finger kommt, zwanghaft eine sexuelle Komponente verleihen muss.
Bundy hat ein riesiges, lebensgroßes Poster von Britney Spears an der Wand hängen, auf dem sie superkurze Hotpants mit offenen Knöpfen trägt. Sie hält die Hände so an den Hüften, dass es aussieht, als wäre sie drauf und dran, es sich vom Leib zu reißen. Außerdem trägt sie ein weißes, bauchfreies Oberteil, das nur einem Zweck zu dienen scheint: ihre Titten hervorzuheben. Ihr Blick sagt: »Ich weiß, dass du mich ficken willst, aber Pustekuchen, Freundchen.«
Es ist Britney Spears auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, als sie die Fantasien praktisch jedes Mannes bediente; die typisch amerikanische, blonde Wichsvorlage mit den heißen Kurven. Noch bevor sie eine Million Männerherzen brach, weil Britney sie alle plötzlich bloß noch an ihre eigenen Psycho-Exfreundinnen erinnerte, die sie am liebsten nie getroffen, geschweige denn ihren Schwanz in sie reingesteckt hätten.
Bundy zieht die Fantasie-Britney der echten Britney ganz eindeutig vor. Er hat sogar noch ein paar Nachrüstungen vorgenommen, damit sie seinem Traumbild von der perfekten Frau noch besser entspricht. Also hat er das Poster mit Körperteilen gepimpt, die er aus Pornoblättchen ausgeschnitten und aufgeklebt hat. Seine Britney Spears hat eine Muschi als Lippen, und ein erigierter Penis ragt aus ihren Hotpants heraus. Nicht bloß irgendein Penis, sondern ein schwarzer Riesenpenis, der fast so groß ist wie ihr Kopf. Ich betrachte Bundys aufgemotzte Britney mit den Genitalerweiterungen und denke: »Was für ein kranker Heuler.« Fast automatisch suche ich den Raum nach Transvestitenpornos ab, denn ich würde wetten, dass das genau sein Ding ist. Ich gebe allerdings schnell wieder auf, da es in dem ganzen Wust unmöglich ist, irgendetwas zu finden.
Er hat außerdem eine riesige Sammlung von
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