Die Jungens von Brug Schreckenstein
wir je so böse gesehen.
„In unserer Abwesenheit“, begann der Rex mit einem drohenden Unterton in der Stimme, „in unserer Abwesenheit sind hier höchst unerfreuliche Dinge vorgefallen! Die Sache ist weder witzig noch des Rittergeistes würdig und kann daher, so sehr es mir widerstrebt, das anzunehmen, nur mit Lust am Randalieren bezeichnet werden!“
Alle Blicke wandten sich zu den Verschwörern, und auch der Rex schaute sie voll an, als er fortfuhr:
„Graf Schreckenstein wird aus dem Vorfall seine Konsequenzen ziehen. Das bedeutet: die Schule muß die Burg räumen!“
Ein böses Raunen ging durch den Raum. Das hatte niemand erwartet. Die drei Verschwörer und der unerschütterliche Horst Strehlau standen mit steinernen Gesichtern in ihrer Ecke.
„Herr Doktor Waldmann, Stephan und Ottokar sind die einzigen, die den ganzen Tag über hier waren“, begann der Rex erneut, „vielleicht können sie uns eine Auskunft geben!“
Alle waren aufs äußerste gespannt. Stephan wollte gerade den Mund aufmachen, doch der Doktor kam ihm zuvor:
„Gewiß können wir das!“ sagte er ruhig, „wenn ich Herrn Direktor auch vorschlagen möchte, die Angelegenheit nicht öffentlich zu verhandeln.“ Die Bestimmtheit, mit der er sprach, verfehlte ihre Wirkung nicht. Wir schauten einander an, und sogar der Rex stockte einen Augenblick, bevor er fortfuhr:
„Herr Doktor Waldmann, ich brauche wohl nicht extra zu betonen, wie bedauerlich ich es finde, daß gerade Sie in die Sache verwickelt zu sein scheinen. Ich bedaure jedoch ebensosehr, daß Sie die offene Aussprache scheuen!“
Wenn jetzt nicht gleich eine Antwort kam, stand es eins zu null für den Rex. Der Doktor holte auch schon Luft, doch diesmal war Stephan schneller:
„Wir scheuen die ritterliche Aussprache keineswegs, wir wollten sie nur vermeiden, aus Rücksicht auf Graf Schreckenstein!“
Wieder ging ein Raunen durch den Raum. So hatte noch keiner mit seinem Direktor zu sprechen gewagt. Der Rex selbst war ganz verblüfft und machte eine halb fragende, halb erstaunte Kopfbewegung zu Mauersäge hin. Der war völlig verdattert. Er wackelte mit dem Unterkiefer und schaltete mehrere Male vergeblich, bis er endlich den Gang hineinbrachte:
„Das... ks... das... ks... wieso?“
Nie zuvor hatten sich die Verschwörer so miteinander verbunden gefühlt wie jetzt. Die gegenwärtige Verblüffung war der ideale Moment, den Gegenangriff zu starten. Diesmal zeigte sich Ottokar als der Schnellste: „Graf Schreckenstein wollte uns sowieso an die Luft setzen, wir können das beweisen!“ kam es wie aus der Pistole.
Jetzt wurden die Jungens unruhig. Mauersäge ruderte verlegen mit den Armen, während der Rex leise auf ihn einredete.
„Eins zu null für uns!“ flüsterte Doktor Waldmann, und Stephan versetzte Ottokar vor lauter Freude einen Rippenstoß. Wie ein Block standen sie da, indes sich die Gegenseite über die Weiterführung der Verhandlung nicht einig zu sein schien. Immer noch wurde getuschelt. In dieser allgemeinen Verwirrung schob sich Mücke von hinten an die Verschwörergruppe heran: „Mir geht gerade ein ganzer Kronleuchter auf“, sagte er leise, „ihr seid ja ein toller Verein!“
Drüben sah es inzwischen klarer aus. Der Rex nickte mehrere Male heftig mit dem Kopf und wandte sich dann an Doktor Waldmann:
„Graf Schreckenstein ist einverstanden, den Vorfall mit Ihnen zu besprechen. Würden Sie bitte mitkommen.
— Die Schulversammlung ist geschlossen“, fügte er noch hinzu.
„So ein Gauner“, entfuhr es Ottokar halblaut, was jedoch im allgemeinen Aufbruchstrubel unterging.
Das hatte sich Mauersäge sehr geschickt ausgedacht. Er wollte sie trennen! Aber Verschwörer soll man nicht unterschätzen.
„Einen Moment noch“, tönte Doktor Waldmanns Stimme durch den Raum, und sofort trat Stille ein.
„Ich habe Graf Schreckenstein eine Unterredung mit allen Beteiligten vorgeschlagen“, fuhr er betont deutlich fort, „das heißt, daß auch Stephan und Ottokar dabei sind!“
Mauersäge verfärbte sich; das war zu viel für ihn. „Dann sollen sie... ks... mitkommen“, rief er mit überschnappender Stimme und wandte sich zum Gehen. Der Rex winkte den Verschwörern, ihm zu folgen, und so schritten sie durch das Spalier der völlig verdutzten Jungen und Lehrer.
Bei Mauersäge brannte ein offenes Kaminfeuer. Es war der Raum mit den „Nasenbildern“, wo Stephan schon einmal Tee getrunken hatte. Die Verschwörer berichteten von Anfang an. Vom
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