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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Ryder und ich haben ihr beigebracht, was sich gehört und was nicht. Sie würde die Hürden nie zu schnell nehmen.«
    Am nächsten Morgen um zehn war Sinjun sehr wohl bereit, alle Hürden möglichst schnell zu nehmen. Sie wartete auf der Freitreppe, und Doris hatte ihr versichert, daß sie in ihrem dunkelblauen Reitkostüm großartig aussah. Ungeduldig schlug sie mit der Reitpeitsche an ihren Stiefel. Wo blieb er nur? Hatte er ihr nicht geglaubt? Oder war ihm inzwischen eingefallen, daß sie seinem Geschmack in keiner Weise entsprach?
    Bevor ihre Selbstzweifel überhand nehmen konnten, kam er auf einem prachtvollen schwarzen Berberroß angaloppiert. Als er sie sah, zügelte er das Pferd und beugte sich lächelnd ein klein wenig zu ihr herab.
    »Werde ich nicht ins Haus gebeten?«
    »Ich glaube, dafür wäre es noch zu früh.«
    Er beschloß, sich im Augenblick mit dieser Erklärung zu bescheiden. »Wo ist Ihr Pferd?«
    »Folgen Sie mir.« Sie ging zu den Stallungen hinter dem Haus, wo ihre Stute Fanny von Henry, einem der Reitknechte, mit zusätzlichen Streicheleinheiten verwöhnt wurde. Ohne seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, schwang sie sich in den Sattel, arrangierte ihre Röcke, schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß ihm dieses Bild gefallen möge, und lächelte etwas zögernd. »Es ist noch früh. Sollen wir in den Park reiten?«
    Er nickte und lenkte sein Pferd neben das ihre, denn die Straßen waren mit Hausierern, Wagen und Karren aller Art, sowie mit zerlumpten Gassenjungen überfüllt, und überall lauerten Gefahren, auch wenn diese junge Person so aussah, als könnte sie sich durchaus ihrer Haut wehren. Jedenfalls war sie eine ausgezeichnete Reiterin. Trotzdem ließ er ihr demonstrativ seinen männlichen Schutz angedeihen.
    Im Park angelangt, schlug er vor: »Wie wär's mit einem kleinen Galopp? Ich weiß zwar, daß sich das für eine Dame nicht schickt, aber wie Sie vorhin richtig bemerkt haben, ist es noch früh am Tag.«
    Sie galoppierten bis zum Ende des langen Weges, und sein kraftstrotzender Hengst schlug Fanny um mehrere Längen. Lachend brachte sie die Stute neben ihm zum Stehen.
    »Sie reiten sehr gut«, sagte Colin.
    »Sie auch.«
    Colin tätschelte seinem Pferd den Hals. »Ich habe mich bei Lord Brassley nach Ihnen erkundigt. Leider hat er uns nicht miteinander reden gesehen. Ich habe Sie beschrieben, aber er konnte sich offen gesagt nicht vorstellen, daß irgendeine Dame, am allerwenigsten Lady Joan Sherbrooke, mich so angesprochen hätte, wie Sie es getan haben.«
    Sie rieb sich die Hände in den weichen Lederhandschuhen. »Wie haben Sie mich denn beschrieben?«
    Er wollte sich nicht anmerken lassen, daß sie ihn schon wieder verblüfft hatte, und berichtete achselzuckend: »Nun, ich habe gesagt, Sie seien groß, blond und ziemlich attraktiv, Sie hätten schöne blaue Augen und ebenmäßige weiße Zähne. Leider mußte ich ihm auch sagen, daß Sie sehr unverschämt auftreten.«
    Sie starrte über seine linke Schulter hinweg ins Leere. »Eine durchaus treffende Beschreibung, würde ich sagen. Und er hat mich nicht erkannt? Das ist wirklich seltsam. Er ist ein Freund meines Bruders, und Ryder sagt, er sei ein Wüstling, aber ein sehr gutherziger. Wahrscheinlich sieht er in mir immer noch die zehnjährige Göre, die ihn um Geschenke anbettelte. Während der letzten Saison mußte er mich einmal zu Almack's begleiten, und Douglas machte mir vorher unumwunden klar, daß Brass mit Intelligenz nicht gerade gesegnet sei, daß ich möglichst wenig reden und auf gar keinen Fall über Bücher sprechen solle. Douglas sagte, das würde Brass ganz verrückt machen.«
    Colin wußte beim besten Willen nicht, was er von ihr halten sollte. Sie sah wie eine Dame aus, und Brass hatte gesagt, Lady Joan Sherbrooke sei ein von ihren Brüdern vergöttertes nettes kleines Ding, das sich ihm gegenüber nie keck benommen hätte. Allerdings sei ihm zu Ohren gekommen, hatte er flüsternd hinzugefügt, daß sie allzugut über Bücher Bescheid wisse. Einige Matronen hätten sich bei einem Ball sehr mißbilligend darüber geäußert. Andererseits, dachte Colin, hatte sie auf der Treppe auf ihn gewartet, und das würde eine Dame doch bestimmt nicht tun. Hätte eine junge Engländerin aus gutem Hause ihn nicht im Salon empfangen, eine Teetasse in der Hand? Außerdem hatte Brass behauptet, daß Joan Sherbrooke ganz normale braune Haare hätte, und das stimmte nun wirklich nicht. In der Morgensonne schimmerte es in den

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