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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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war.
    Colin stand etwas abseits, beobachtete die Geschwister und gestand sich ein, daß er eifersüchtig war, weil die drei eine so enge Bindung hatten. Er selbst und sein älterer Bruder Malcolm hatten wie Hund und Katze miteinander gelebt, und ihr Vater hatte immer Malcolms Partei ergriffen, weil dieser der zukünftige Graf war. Nur Malcolms Meinung zählte, nur Malcolms Wünsche waren wichtig, und seine ewigen Spielschulden mußten natürlich bezahlt werden. Dann hatte Colin sich geweigert, für Napoleon zu kämpfen, weil er die Überzeugungen seines Vaters, die auch sein Bruder teilte, für verhängnisvoll hielt und am liebsten ein Offizierspatent in der englischen Armee gehabt hätte, das sein Vater ihm aber natürlich nicht kaufen wollte, weil er andere Pläne mit seinem jüngeren Sohn hatte: Colin sollte der Fehde mit den MacPhersons ein Ende bereiten. Mit zwanzig hatte er Fiona Dahling MacPherson geheiratet, und das hatte die Fehde tatsächlich beendet — bis Robert vor etwa einem Monat aus irgendwelchen Gründen das Kriegsbeil wieder ausgegraben hatte.
    »Was hast du, Colin?«
    Douglas Stimme riß Colin aus seinen düsteren Erinnerungen. »Nichts, gar nichts. Ich werde auf eure Schwester aufpassen. Macht euch keine Sorgen.«
    »Glaubst du, daß es euch möglich sein wird, uns im Herbst zu besuchen?«
    Colin nickte nach kurzem Nachdenken. »Du hast mir die Möglichkeit gegeben, mein Heim und meine Ländereien wieder in Ordnung zu bringen. Es gibt für mich viel zu tun, aber bis zum Herbst müßte das meiste geschafft sein.«
    »Es war Sinjuns Geld, nicht meines, und ich bin froh, daß es für vernünftige Zwecke verwendet wird. Ich hasse es, wenn ein Besitz dem Ruin anheimfällt.«
    Colin betrachtete die beiden herrlichen Araberhengste, die ungeduldig wieherten und schnaubten. »Vielleicht habt ihr Lust«, sagte er bedächtig, »uns auch bald einmal zu besuchen. Natürlich erst, wenn Vere Castle ein bißchen aufpoliert ist. Die Auffahrt zum Schloß ist wirklich schön, besonders jetzt im Frühsommer, denn sie ist von Bäumen gesäumt, und die Blätter bilden einen regelrechten Baldachin.«
    »Wir kommen sehr gern«, sagte Douglas, »und Ryder könnte alle Kinder mitbringen.«
    »Ich habe Kinder sehr gern, und Vere Castle ist groß genug, um euch alle mühelos zu beherbergen.«
    Gleich darauf ritten Douglas und Ryder über das Kopfsteinpflaster, und ihre Capes flatterten im Wind.
    Sinjun stand auf der Straße und blickte ihnen nach. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so niedergeschlagen gewesen zu sein, aber sie nahm sich fest vor, gegen ihre Depression anzukämpfen. Ryder hatte recht: sie mußte Geduld haben. Schließlich vergötterte sie ihren Mann, trotz allem, was er ihr angetan hatte. Sie würde damit fertig werden. Es gab soviel zu tun, und sie war keine Frau, die jammernd die Hände in den Schoß legte, wenn sie unglücklich war. Allerdings mußte sie ehrlicherweise zugeben, daß sie bisher kaum jemals Grund zum Unglücklichsein gehabt hatte.
    Sie lächelte ihrem Mann zu; jedenfalls bemühte sie sich redlich, ein Lächeln zustande zu bringen. »Ich möchte noch eine Tasse Tee. Du auch?«
    »Ja, Joan.« Er ging neben ihr her. »Ich mag deine Brüder.«
    Sie schwieg einen Augenblick, und dann brachte sie gespielt munter hervor: »O ja, sie sind in Ordnung.«
    »Ich weiß, daß du sie vermissen wirst. Wir werden sie bald besuchen, das verspreche ich dir.«
    »Ja, du versprichst es mir.«
    Er zog es vor, auf ihre sarkastische Bemerkung keine Antwort zu geben.

KAPITEL 8
    Das Dock am Firth of Forth war schmutzig, und es stank nach Fisch in allen Stadien der Verwesung, nach den ungewaschenen Leibern der herumbrüllenden Stauer und nach noch Schlimmerem. Bei dem Gewimmel von Wagen und Karren aller Art schienen häufige Zusammenstöße unvermeidlich, und tatsächlich kollidierten in diesem Moment zwei Karren. Ein Eichenfaß fiel dabei herunter und rollte über das Kopfsteinpflaster, prallte gegen ein Eisengeländer und zerbrach. Dunkles Bier sprudelte hervor, und das kräftige Aroma vermischte sich mit all den anderen Gerüchen. Sinjun schnupperte lächelnd. Sie vermutete, daß es auf den Londoner Docks ähnlich zuging, aber sie war nie dort gewesen. Colin nahm sie wortlos am Ellbogen und führte sie zu einer Fähre, die auf dem letzten Loch zu pfeifen schien. Der stolze Name Forth Star paßte so gar nicht zu dem Prahm mit rohem Holzgeländer. Die Pferde waren schon an Bord, in unmittelbarer Nähe

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