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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Kinder.«
    »Ich befürchte, daß das nicht von dir allein abhängt. Beim Liebesakt können nun mal Kinder gezeugt werden und . . .«
    Sie fiel ihm gereizt ins Wort. »Liebesakt! Ein absurder Ausdruck für das, was du mir angetan hast! Bestimmt gibt es dafür passendere Bezeichnungen — beispielsweise dein berüchtigtes >vögeln    Er ignorierte ihren Sarkasmus. »Für den Geschlechtsakt gibt es viele Ausdrücke«, erklärte er ruhig. »Meiner Erfahrung nach lieben Damen aber Poesie und Euphemismen und bevorzugen deshalb die Bezeichnung >Liebesakt<. Übrigens solltest du etwas leiser sprechen, Joan. Die anderen Gäste mögen in deinen aristokratischen englischen Augen allesamt Barbaren sein, aber meine Landsleute sind nicht taub.«
    »Ich habe nie gesagt, daß es Barbaren sind. Du bist...«
    »Ich bin nur realistisch. Du könntest schwanger sein, damit mußt du dich abfinden.«
    Sinjun schluckte. »Nein, das lasse ich einfach nicht zu.«
    »Komm, jetzt iß erst mal dein Haggis.«
    Sinjuns Blick schweifte von den Beilagen — Kartoffeln und Kohlrüben — zu der heißen Wurst, deren Pelle aus Schafsmagen bestand und die mit einer Masse aus Leber, Herz, Nierenfett und Hafergrütze gefüllt war. »Du hast dieses Essen doch gar nicht bestellt«, sagte sie angewidert.
    »Das ist auch gar nicht nötig. Es ist das Hauptgericht, seit das Gasthaus vor fünf Jahren eröffnet wurde. Iß.« Er schnitt ein Stück von seiner Wurst ab und verspeiste es mit großem Appetit.
    »Nein, ich kann nicht. Gib mir Zeit, Colin.«
    Er lächelte ihr zu. »Ganz wie du willst. Aber probier wenigstens die Beilagen. Angeblich haben schon die Wikinger Gemüse auf diese Art zubereitet.«
    Sie war dankbar für sein Entgegenkommen. Die Kohlrüben schmeckten gräßlich, aber sie konnte sie einfach an den Tellerrand schieben, und die Kartoffeln, mit Muskatnuß und Sahne zubereitet, waren wirklich köstlich. Sie aß schweigend, und auch Colin versuchte nicht mehr, die Unterhaltung fortzusetzen.
    An die nächsten anderthalb Stunden konnte sich Sinjun später nicht mehr genau erinnern. Colin machte sie auf einige Sehenswürdigkeiten aufmerksam, aber sie nahm vor Schmerzen die Landschaft überhaupt nicht mehr wahr. Als sie nahe daran war, ihren Vorsätzen untreu zu werden und Colin zu sagen, daß sie einfach nicht weiterreiten konnte, rief er plötzlich: »Schau mal, Joan, dort drüben ist Vere Castle!«
    Seiner Stimme war Stolz und Liebe deutlich anzuhören, und Sinjun straffte sich ein wenig im Sattel. Vor ihr ragte auf einem niedrigen Hügel ein Bau empor, der etwa so groß wie Northcliffe Hall sein mochte. Damit endeten die Ähnlichkeiten aber auch schon. Der Westteil war ein richtiges Märchenschloß mit Zinnen, Rundtürmen und kegelförmigen Dächern, eine Burg wie aus dem Märchenbuch. Es fehlten nur die Fahnen an den Turmspitzen, eine Zugbrücke, ein Wallgraben und ein Ritter in silberner Rüstung. Ein zweistöckiger langgestreckter Mittelbau verband dieses Märchenschloß mit einem Herrenhaus im Tudorstil. Eigentlich hätte diese Kombination zweier so verschiedener Stilarten absurd oder lächerlich wirken müssen, aber seltsamerweise war das nicht der Fall. Die einzelnen Teile bildeten vielmehr ein harmonisches Ganzes von faszinierender Schönheit. Und dies würde von nun an ihr Zuhause sein.
    »Die Familie lebt hauptsächlich im Tudorflügel, obwohl der Burgteil neueren Datums ist. Aber der Graf, der die Burg Ende des siebzehnten Jahrhunderts erbauen ließ, hatte nicht genug Geld für eine wirklich solide Bauweise, und deshalb verfällt sie schneller als das Tudorhaus, das fast hundertfünfzig Jahre älter ist. Trotzdem liebe ich sie und verbringe viel Zeit im Nordturm. Und Feste veranstalten wir stets in der Burg.«
    »So hatte ich mir dein Heim nicht vorgestellt«, sagte Sinjun beeindruckt. »So ... so massiv, und mit so verschiedenen Teilen.«
    »Wie gesagt, die ursprüngliche Tudorhalle datiert aus dem beginnenden sechzehnten Jahrhundert. Der Kamin ist groß genug, um eine ganze Kuh darin zu braten. Es gibt auch eine Spielmannsgalerie, die es durchaus mit der in eurem Castle Braith in Yorkshire aufnehmen kann. Aber ich verstehe schon — du hast eine Art Schuppen erwartet, niedrig, primitiv und stinkend, denn Schotten leben ja mit ihren Tieren in einem Raum. Mit deiner sagenhaften Northcliffe Hall kann man Vere Castle natürlich nicht vergleichen. Es ist nicht prunkvoll, aber es ist sehr geräumig, und es ist mein Zuhause.« Er rutschte

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