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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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dunkelblauer und weißer Livree zu. »Bitte holen Sie die Kinder, Rory.«
    Ein wütendes Zischen war zu hören, und Sinjun wandte sich hastig Tante Arleth zu. »Bitte, Madam, auch ich möchte die Kinder bei Tisch dabei haben. Ich bin jetzt für sie verantwortlich und möchte sie besser kennenlernen.«
    »Ich war von jeher der Meinung, daß Kinder nicht zusammen mit Erwachsenen essen sollten.«
    »Ja, Tante, wir kennen deine Einstellung, aber heute abend wirst du dich damit abfinden müssen. Joan, einen Sherry? Tante, was möchtest du trinken?«
    Tante Arleth setzte sich wieder, trank ihren Sherry und schwieg demonstrativ. Dann betrat Serena den Salon in einem Abendkleid aus hellrosa Seide. Ihre schönen dunkelbraunen Haare waren mit passenden rosa Bändern durchflochten. Sie lächelte, ihre grauen Augen leuchteten, und sie sah offensichtlich nur Colin. O Gott, dachte Sinjun, während MacDuff ihr ein Glas Sherry reichte, wie wird es mir hier ergehen, sobald Colin fort ist? Aber sie wollte ihr Bestes versuchen und lächelte der schönen Serena zu. Zu ihrer Überraschung erwiderte Serena das Lächeln, und es wirkte aufrichtig, aber Sinjun gab sich keiner Täuschung hin: es gab tiefe Wasser in Vere Castle, sehr tiefe Wasser. Dann wurden die Kinder von Dulcie, dem Kindermädchen, hereingeführt, einem jungen Ding mit fröhlichen dunklen Augen, einem hübschen Lächeln und riesigem Busen.
    Philip, das Ebenbild seines Vaters, stand stolz da, ohne etwas zu sagen, aber seine Blicke schweiften etwas ängstlich von seinem Vater zu Sinjun und wieder zurück. Dahling lief in ihrem viel zu kurzen Kleid und schäbigen Schuhen auf Colin zu und berichtete: »Dulcie hat gesagt, wenn wir bei Tisch nicht brav sind und du uns anschreien mußt, wird Perlen-Jane uns bestrafen.«
    »Was für 'ne Range!« Dulcie warf lachend die Arme hoch. »'N bißchen vorwitzig biste schon, mein Mädchen!«
    »Danke, Dulde.« Tante Arleths Stimme duldete keinen Widerspruch. »Hol die Kinder in spätestens einer Stunde wieder ab.«
    »Ja, Madam«, murmelte Dulde kleinlaut, während sie einen Knicks machte.
    »Ich schätze es gar nicht, wenn du dem Kind diese absurden Geistergeschichten erzählst.«
    »Ja, Madam.«
    »Viele Menschen haben Perlen-Jane aber gesehen«, warf MacDuff ein. An Sinjun gewandt, erklärte er: »Sie ist unser berühmtestes Gespenst, eine junge Frau, die angeblich von unserem Urgroßvater betrogen und herzlos ermordet wurde.«
    »Unsinn!« kommentierte Tante Arleth. »Ich habe sie nie gesehen. Euer Urgroßvater hätte keiner Fliege etwas zuleide getan.«
    »Fiona hat sie oft gesehen«, teilte Serena Sinjun leise mit. »Sie hat mir erzählt, daß sie beim erstenmal vor Angst fast in Ohnmacht gefallen sei, als sie die junge Frau im perlenbesetzten Kleid gesehen hat, aber der Geist wollte ihr nichts zuleide tun. Perlen-Jane saß mit leichenblassem Gesicht auf dem Schloßtor und hat Fiona angesehen.«
    »Das muß etwa zu der Zeit gewesen sein, als Fiona herausfand, daß Colin eine Geliebte hatte.«
    Sinjun schnappte nach Luft und starrte Tante Arleth fassungslos an. Sie konnte einfach nicht glauben, daß die Frau tatsächlich eine so bösartige Bemerkung gemacht hatte, aber die haßerfüllte Stimme richtete sich jetzt direkt an sie: »Stell dich doch nicht dumm, Mädchen! Männer sind eben Männer, und sie haben alle ihre Mätressen, jawohl, und Fiona hat herausgefunden, daß er mit jener kleinen Schlampe ins Bett gegangen ist.«
    Sinjun blickte zu Colin hinüber, aber er stand mit unbewegter, leicht sardonischer Miene da, so als sei er an solche Angriffe längst gewöhnt und ignoriere sie einfach. Aber Sinjun war nicht gewillt, sie zu ignorieren. Sie be~ zwang ihre Wut und sagte laut und deutlich: »Sie werden nicht wieder auf diese abfällige Art und Weise über Colin reden. Er würde niemals seinen Treueschwur brechen. Wenn Sie das von ihm glauben, sind Sie entweder blind oder dumm oder bösartig. Ich werde so etwas nicht dulden, Madam. Sie leben im Haus meines Mannes, und Sie werden ihn mit dem Respekt behandeln, den er verdient.«
    Tante Arleth holt tief Luft. Sie schwieg aber. Sinjun wußte natürlich, sich diese Frau nun endgültig zur Feindin gemacht zu haben, und schwieg beklommen.
    Colin lachte schallend, und dieses tiefe Lachen hallte von den stockfleckigen Wänden wider. »Nimm dich in acht, Tante Arleth. Joan glaubt, mich unbedingt beschützen zu müssen, und sie wird nicht zulassen, daß ich in irgendeiner Weise beleidigt

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