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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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zwang sich, aus dem Bett zu steigen, und begann auf dem Boden nach den Streichhölzern zu suchen, konnte sie aber nicht finden. Als ein neuerliches lautes und schmerzerfülltes Stöhnen ertönte, erstarrte sie vorübergehend auf allen vieren, kroch dann aber doch zum Ende des Podests und spähte vorsichtig um die Ecke. Das Licht war jetzt stärker, aber immer noch seltsam vage.
    Ein gräßlicher Schrei ließ ihr die Haare zu Berge stehen, und sie war nahe daran, aus dem Schlafzimmer zu rennen.
    Plötzlich verschwand das Licht. Die Ecke war wieder völlig dunkel, und es war auch kein Stöhnen mehr zu hören.
    Sie wartete nervös ab, obwohl sie inzwischen nicht nur vor Angst, sondern auch vor Kälte zitterte.
    Nichts. Kein Kratzen mehr, kein Schaben.
    Langsam zog Sinjun die Decken auf den Boden herunter, wickelte sich hinein und schlief vollkommen erschöpft ein.
    Mrs. Seton fand sie am nächsten Morgen. Als Sinjun die Augen aufschlug, stand die Haushälterin händeringend da und rief immer wieder: »Oje! Oje! Sind Sie krank, Mylady? Ojemine!«
    Sinjun war steif vom stundenlangen Liegen auf dem harten Boden, aber sonst fehlte ihr nichts. »Wenn Sie mir bitte aufhelfen würden, Mrs. Seton. Wissen Sie, ich hatte einen gräßlichen Alptraum, und vor Angst habe ich mich hier unten verkrochen.«
    Mrs. Seton hob skeptisch eine schwarze buschige Braue und half Sinjun beim Aufstehen.
    »Mir fehlt wirklich nichts, und wenn Emma mir heißes Wasser für ein Bad bringen könnte, wird es mir bald wieder gut gehen.«
    Mrs. Seton nickte und ging auf die Tür zu, blieb aber plötzlich stehen und starrte in die Zimmerecke. »Himmel, was ist denn das?«
    »Was?« fragte Sinjun heiser.
    »Das da.« Mrs. Seton deutete auf den Boden. »Sieht fast wie Schlamm aus dem Cowal Swamp aus, ganz dick und schwarz und stinkt bestialisch . . .« Sie trat einen Schritt zurück und verfiel vor Aufregung in breiten schottischen Dialekt, obwohl sie normalerweise ein korrektes Englisch sprach. »Wie ist dieses Teufelszeug nur hierhergekommen? Das Moor ist doch ein ganzes Stück entfernt.« Sie warf Sinjun einen seltsamen Blick zu, faßte sich dann aber und sagte achselzuckend: »Na, egal. Ich schicke gleich jemanden rauf, der diesen Dreck beseitigt.«
    Sinjun sah sich die Bescherung aus nächster Nähe an. Das Zeug war wirklich ekelerregend. Jemand mußte es auf den Boden geschüttet oder aber . . . mit einer Kette hereingezogen haben.
    Das haben sie wirklich gut gemacht, dachte sie schmunzelnd, während sie in die Wanne stieg. Wirklich ganz ausgezeichnet.

KAPITEL 11
    Sinjun blieb lächelnd bei vier Männern stehen, die sich laut in einer Sprache unterhielten, die mit Englisch nicht viel Ähnlichkeit hatte. Sie hatten den riesigen Kronleuchter heruntergeholt, die gefährlich verrostete Kette ersetzt und waren jetzt damit beschäftigt, den Schmutz von Jahren zu entfernen, bevor die Frauen das ganze Kristall putzen würden.
    Sie wechselte noch einige freundliche Worte mit ihnen und setzte ihren Weg zum Frühstückszimmer fort, hörte aber plötzlich Tante Arleths keifende Stimme und stellte fest, daß ihr Zorn einer Dienstmagd galt, die in der Eingangshalle auf allen vieren den Marmorboden schrubbte.
    »Ich will das nicht, Annie! Steh auf und verschwinde, aber schnell!«
    »Was ist denn hier los?« fragte Sinjun ruhig.
    Tante Arleth fuhr auf dem Absatz herum. »Ich mißbillige das alles aufs schärfste, Mädchen! Schau nur, was sie macht! Seit Jahren hat niemand es gewagt, diese Marmorquadrate anzurühren.«
    »Das glaube ich gern. Deshalb sind sie auch so schmutzig, daß die arme Annie vom vielen Schrubben bestimmt schon Schwielen an den Knien hat.«
    »Ich habe dir doch gesagt, junge Dame, daß du nicht hierher gehörst, und das war mein voller Ernst. Und jetzt besitzt du auch noch die Unverschämtheit, das Geld des Grafen für solchen Unsinn zu verschwenden!«
    »O nein«, sagte Sinjun lächelnd. »Es ist mein eigenes Geld, das versichere ich dir.«
    »Ich finde, daß es sehr hübsch aussieht, Tante.«
    Serena schwebte in einem hellblauen Seidenkleid die breite Treppe herab und glich mehr denn je einer Prinzessin, die sich verirrt hatte.
    »Was weißt denn du schon? Du nimmst und nimmst immer nur. Schau dich doch nur an. Du bist völlig verrückt!«
    »Ich weiß nur, daß ich schön bin. Spiegel lügen nicht. Du bist alt, Tante, und deshalb eifersüchtig auf mich. Liebe Joan, womit kann ich mich nützlich machen?«
    »Das ist wirklich nett von dir,

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