Die Jungfrau von Zesh
wie mein Heimatland, das dieselbe düstergraue Uniformität angenommen hat wie der Rest der Erde. Auf den Müll mit der ganzen verfluchten Demokratie! Wir brauchen wieder Könige und Adlige und Ritter, ein System mit Seele.«
»Das ist alles ganz schön und gut, wenn Sie in dem glücklichen Umstand sind, einer von den Adligen zu sein …« sagte Althea trocken.
»Und wer könnte dem großen Brian Kirwan einen solchen Rang verwehren? Aber wer vermag schon ernsthafte Poesie über irgendeinen Einfaltspinsel zu schreiben, der eine Beamtenprüfung absolviert, um von irgendeiner dämlichen Kommission als Testbogenausfüller angeheuert zu werden?«
»Hören Sie nicht auf ihn«, sagte Bahr. »Als Poet fühlt er sich verpflichtet, solche Anschauungen zu vertreten.«
»Du elender Philister!« schnaubte Kirwan. »Bei Gott, wenn ich gewusst hätte, welch dumpfes, dämliches, langweiliges Fossil von einem Mann mir das Leben mit seinem Stumpfsinn unerträglich machen würde, dann hätte ich auf das nächste Schiff gewartet!«
Bahr, der sich nicht im geringsten aus der Ruhe bringen ließ, fuhr höflich fort: »Wie ich gerade erläutern wollte, ist die moderne Psychometrie keine bloße Theorie, sondern eine experimentell abgesicherte, wissenschaftlich untermauerte Methode. Außerdem ist sie keineswegs antidemokratisch, zumindest nicht mehr als die gegenwärtige menschliche Rasse.«
»Wie meinen Sie das mit der menschlichen Rasse?« fragte Althea leicht verdutzt.
»Nun, auch nach den langen Jahren der Erziehung, der großartigen Verfassungen, Weltregierungen und was weiß ich noch alles, betrachten die meisten Menschen ein öffentliches Amt immer noch als einen Vorwand, um sich zu bereichern, ihre Freunde und Verwandten zu protegieren, ihre Feinde zu vernichten. Und überhaupt, Demokratie ist nicht dasselbe wie Gleichmacherei …«
»Du verschwendest deine Zeit«, sagte Kirwan. »Das Mädel weiß das alles nämlich schon längst. Wofür hat sie denn ihren Propheten?«
Althea protestierte: »Anscheinend glaubt jeder, weil ich Missionarin bin, müsste ich so eine Art verbissene Fanatikerin sein. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht gerade eine Menge über die Feinheiten in der Theologie von Getulio Cáo, obwohl ich natürlich bei meinem Eintritt in die Mission die grundlegenden Lehren und Regeln annehmen musste. Aber ich kann immer noch für mich selber denken.«
»Ein Glück für Sie!« sagte Bahr. »Wie sind Sie eigentlich zu dieser Art von Arbeit gekommen?«
»Oh, meine Mutter starb, und ich fühlte mich nutzlos und allein. Ich hatte mich jahrelang nur um sie gekümmert und nie etwas gelernt oder studiert, womit ich mir meinen Lebensunterhalt hätte verdienen können.«
»Wovon hatte Ihre Mutter denn gelebt?« fragte Bahr mit neugierigem Blick.
»Sie hatte Vermögen, aber sie hinterließ alles meinen Brüdern. Alles, was ich abbekam, war ein nutzloses Fleckchen Land in der Nähe vom Lake George.«
»Eine Schande so was!« ereiferte sich Kirwan. »Konntest du sie denn nicht irgendwie belangen? Oder haben sie bei euch in Amerika keine Gesetze zum Schutz von Erben?«
»Oh, ich konnte doch wohl schlecht gegen meine eigene Familie klagen!« erwiderte Althea.
»Bei Gott, ich könnte das aber! Ich könnte ihnen sogar eins über den hässlichen Schädel ziehen, wenn es gar nicht mehr anders ginge. Du hast keinen Mumm, Mädel, das ist alles. Aber das erklärt noch immer nicht, wieso du Missionarin geworden bist.«
»Nun, ich wollte ganz einfach irgendwo in in der Galaxis was Gutes tun. Und da ich im Sinne des Ökumenischen Monotheismus erzogen worden war, was lag da näher, als zu unserem Presbyter ZT *. gehen und ihn um Rat zu fragen? Er schickte mich gleich auf die Ausbildungsschule, und die schickten mich hierher.«
»Was fehlt den jungen Männern, auf der Erde? Sind sie blind, oder wie ist es sonst zu erklären, dass nicht einer von ihnen dich als Mutter seiner Söhne erkoren hat? Ich kapiere das nicht, wo du doch so schön bist und alles.«
»Brian!« sagte Althea streng. »Na ja, eigentlich kann ich es euch ja ruhig erzählen. Ich habe drei Brüder …«
»Ihre Eltern müssen ja eine hohe genetische Einstufung gekriegt haben«, warf Bahr ein, »dass man ihnen gleich vier Kinder zugestanden hat – eine ganze Menge!«
»Hatten sie auch; mein Vater war ein gefragter New Yorker Anwalt. Aber nachdem er gestorben war, versuchten meine Brüder auf jede erdenkliche Weise, mich vom Heiraten abzuhalten. Sie hatten nämlich keine
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