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Die Jungfrau von Zesh

Titel: Die Jungfrau von Zesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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und starrte aus verquollenen Augen zur Decke, zu müde und zu zerschlagen, um sich zu bewegen. Eine plötzliche Veränderung in der sanften Auf- und Abbewegung des Schiffes ließ sie stutzen. Sie stand auf und ging hinaus auf Deck. Die Labághti hatte beigedreht; Kapitän, Passagiere und Mannschaft drängten sich um den Hauptmast. Der Kapitän schnarrte einen Befehl, und zwei Matrosen banden den Übeltäter los. Gottfried Bahr sagte leise zu seinen beiden Gefährten: »Der Kapitän hat befohlen, sie sollen ihn kielholen.«
    »Kielholen!« echote Kirwan mit funkelnden Augen.
    »Was ist das?« fragte Althea. »Ich habe das Wort wohl schon mal gehört, aber …«
    »Psst!« sagte Kirwan. »Warts ab, du wirst es gleich sehen.«
    Während die Terraner noch miteinander sprachen, hatten die Seemänner bereits grinsend vier lange Seile an den Armen und Beinen des Missetäters befestigt. Drei von ihnen stießen ihn rüde zum Bug hin, während ein vierter an der Reling entlang nach achtern ging und dabei eines der Seile langsam über die Bordwand nach unten schießen ließ.
    Sobald er am Heck angekommen war, packten die Matrosen, die die drei restlichen Seile hielten, den Beschuldigten und warfen ihn über die Bugspitze ins Wasser. Sein Schrei riss jäh ab, als er mit einem lauten Platschen unter der Wasseroberfläche verschwand.
    Der Seemann, der zum Heck gegangen war, stellte sich breitbeinig hin, den Oberkörper leicht zurückgelehnt, und begann, sein Tau einzuholen, so dass das Opfer langsam über den Kiel des Schiffes nach hinten gezogen wurde. Gleichzeitig gingen zwei der drei anderen langsam nach achtern, jeder auf einer Seite des Schiffes, den Arm mit dem Seilende über die Reling haltend, dabei je nach Spannung des Seils leicht ziehend oder lockerlassend, damit der Seemann genau in der Mitte des Schiffes, unter dem Kiel, blieb und nicht zur Seite wegrutschte. Der vierte Mann stand unterdessen am Bug und ließ in der gleichen Geschwindigkeit, wie sein Gegenüber am Heck zog, sein Seil schießen, dabei jedoch immer nur so viel nachlassend, dass sein Seil unter Spannung blieb.
    Bahr sagte: »Es gibt einen leichteren Weg, ihn von * einer Seite des Schiffs zur anderen zu ziehen, aber der Kapitän will an ihm ein Exempel statuieren.«
    »Aber er wird dabei ertrinken!« schrie Althea fassungslos.
    »Psst, Mädel«, sagte Kirwan. »Er ist bestimmt kein großer Verlust.«
    Bahr bemerkte trocken: »Ich glaube, die Dauer der Strafe ist so bemessen, dass das Opfer überleben kann, wenn es die Nerven behält und genug Luft schöpft, bevor es unter Wasser gezogen wird. Aber ich bezweifle stark, dass dieser hier soviel Geistesgegenwart hatte. «
    »Wenn er so schlau gewesen wäre«, sagte Kirwan, »dann hätte er sich von Anfang an gar nicht erst in solche Schwierigkeiten gebracht. Jedenfalls kannst du dich über mangelnde Anziehungskraft auf Männer bestimmt nicht beklagen, Herzchen. Erst Gorchakow, und jetzt dieser Kerl.«
    Mittlerweile war der Kopf des Seemanns am Heck des Schiffes aufgetaucht. Zwei Krishnaner zogen ihn über die Reling und legten ihn auf das Achterdeck. Reglos lag er da, das Wasser lief perlend an seinem eingefetteten Körper herunter. Althea näherte sich ihm ängstlich zögernd. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einen Menschen oder ein humanoides Wesen gesehen, das einen gewaltsamen Tod erlitten hatte. »Vielleicht«, sagte sie leise, »steckt ja noch ein Funken Leben in ihm. Wir sollten es mit künstlicher Beatmung versuchen.«
    »Ich glaube, es ist besser, wenn wir uns da nicht einmischen«, meinte Bahr.
    »Außerdem«, brummte Kirwan, »wozu willst du den Bastard eigentlich zurückholen? Sei froh, dass du ihn los bist.«
    »Nein, das geht gegen meine Prinzipien«, sagte Althea fest.
    Sie beugte sich über den leblos daliegenden Körper, von dessen Gliedmaßen ein paar Seeleute gerade die Seile lösten. Wenn die beiden nicht helfen wollten, dann blieb ihr eben nichts anderes übrig, als es selbst zu tun. Sie empfand das ganz einfach als ihre Pflicht.
    Sie zerrte und wälzte den Körper auf den Bauch, setzte sich rittlings auf den Rücken und fing an, Luft in die Lungen zu pumpen. Kapitän Memzadá tat einen Ausruf des Erstaunens und sprudelte hektisch Fragen heraus. Bahr beantwortete sie und sagte dann, an Althea gewandt: »Ich habe ihm erzählt, dass es sich um einen religiösen Ritus handele. Er meint, er sei jetzt endgültig davon überzeugt, dass alle Terraner verrückt seien, aber er wolle sich nicht

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