Die Jungfrau von Zesh
Lust, sich um Mutter zu kümmern, die zugegebenermaßen ein schwieriger Charakter war. Sie rechneten sich aus, dass ich das schon machen würde, solange ich unverheiratet wäre. Wenn ich mal einen Freund mitbrachte, gaben sie sich denn immer auch gleich alle Mühe, ihn wieder zu vergraulen. Und wenn sie das dann auch endlich geschafft hatten, redeten sie mir jedes Mal ein, dass er sowieso nichts tauge und überhaupt ein langweiliger Trottel sei, und ich sollte froh sein, ihn los zu sein. Und nun habe ich das Gefühl, dass dieser Zug für mich ohnehin abgefahren ist.«
»Ach was, es ist nie zu spät«, sagte Kirwan. »Ganz ehrlich, wenn ich nicht andere Pläne hätte, würde ich dir glatt selbst einen Heiratsantrag machen – oder wenigstens versuchen, dich ins Bett zu kriegen.« Er setzte ein lüsternes Grinsen auf. »Aber ich denke mir, deine Religion feit dich vor derlei Gefahren, nicht wahr, mein Herzchen?«
»Das sollte man annehmen«, entgegnete Althea kühl. »Haben Sie denn eine Religion?«
»Ein berühmter irischer Gelehrter, Stephen Makkenna, hat mal gesagt, die beste Religion, die der Mensch haben könne, sei, ein schlechter Katholik zu sein. Aber ich bin nicht einmal das.«
»Was dann?«
»Ich bezeichne mich als Pseudo-Neuheiden.«
»Als was?«
»Es überrascht mich nicht, dass du davon noch nie was gehört hast; ich bin nämlich der einzige. Ich stöbere so ein bisschen in den ganzen alten Kulten und Sekten herum – nicht so richtig ernsthaft und mit Wissenschaft und dem ganzen Kram, versteht sich – und suche mir hier und da was Passendes heraus, speziell die Dinge, die meine poetische Phantasie beflügeln. Solltest du auch mal versuchen.«
Der Tag ging zu Ende. Kirwan gähnte. »Zeit, dass wir uns schlafen legen, Herzchen – falls du nicht vorhast zuzugucken, wie die drei Monde sich gegenseitig jagen.«
»Ich glaube, ich schlafe draußen auf Deck«, meinte Althea. »Ich kann den Gestank in der kleinen Kabine nicht ertragen, besonders den von dem ranzigen Fett, das der Kapitän und der Maat drauf haben.«
»Hast du keine Angst, dass einer der Seemänner das falsch auslegen könnte, wenn du dich hier so einladend auf dem Deck niederlässt?« fragte Kirwan.
»Ach wo, an einer dürren alten Jungfer wie mir wird sich schon keiner vergreifen.«
»Es wird aber nachts kälter, als Sie denken«, wandte Bahr ein.
»Könnte dann nicht vielleicht einer von euch mir eine Jacke leihen?«
»Aber klar doch«, sagte Kirwan und ging sofort nach achtern in die kleine Kabine unter der Hütte. Gleich darauf kam er mit einer Windjacke zurück, die er Althea reichte. Er und Bahr sagten gute Nacht und gingen.
Als sie die Kabine betraten, hörte Althea, wie Kapitän Memzadá wütend über irgend etwas schimpfte. Aus den wenigen Worten, die sie aufschnappte, hörte sie heraus, dass er Bahr ausschalt, weil er mit brennender Pfeife unter Deck gekommen war. Bahr murmelte eine Entschuldigung und klopfte seine Pfeife an der Reling aus. Althea sah, wie ein Schwarm roter Funken davonstob. Wenig später war sie fest eingeschlafen.
Sie träumte, wie sie auf der Insel Zesh an einen Brandpfahl gebunden wurde. Brian Kirwan und ein gorillaähnlicher Eingeborener mit einem Zylinder auf dem Kopf stritten sich darüber, was mit ihr geschehen sollte. Ein Schwarm nackter Rousselianer, alle dick mit Fett eingeschmiert, tanzte zu den Klängen einer Eingeborenentrommel um den Pfahl herum. Kirwan wollte sie verbrennen, weil man das bei den Riten der alten numidischen Gottheit Baal-Glub auch so machte, während der Eingeborene (ein geschwänzter haariger Bulle mit dem Gesicht Gorchakows) dafür plädierte, sie zu retten, weil er mit ihr eine Dynastie gründen wolle. Gottfried Bahr widerlegte beide mit wissenschaftlichen Argumenten – Kirwan, weil sie zu frisch sei zum Verbrennen, und den Zau, weil er und sie aufgrund ihrer verschiedenen Rasse keine Nachkommen, haben könnten.
»Das glaubst du auch nur!« schnaubte der Eingeborene. »Ich werd’s dir beweisen!« Mit diesen Worten begann er, Althea die Kleider vom Leib zu reißen.
Sie wachte auf, um festzustellen, dass tatsächlich jemand damit zugange war, an ihren Kleidern, wenn auch nicht zu reißen, so doch aber in eindeutiger Absicht herumzufummeln.
Ein fettüberzogener Krishnaner kauerte neben ihr, den Oberkörper über sie gebeugt, und nestelte an den für ihn ungewohnten Knöpfen herum.
Althea Merrick presste ihre Handflächen gegen die Deckplanken und stieß sich
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