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Die Jungfrau von Zesh

Titel: Die Jungfrau von Zesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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schockiert gewesen war, kaum mehr Notiz von ihrer Nacktheit genommen. Die Fettschicht verlieh dem muskulösen Kapitän das Aussehen einer feinen Bronzestatue. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch von dem leichten Grünschimmer, der der Hautfarbe der Krishnaner eigen war. Den ranzigen Geruch, der dem Fett entströmte, ‹ konnte Althea jedoch beim besten Willen nicht ignorieren.
    Das kleine Handelsschiff wälzte sich, unter seiner Überlast förmlich ächzend, schwerfällig über einen Wellenberg. Im trägen, gleichförmigen Rhythmus des Auf und Nieder wechselte Altheas Ausblick zwischen Wasser und Himmel mit einem rasch vorbeihuschenden schmalen Streifen Braun dazwischen: Zamba, das hinter ihnen langsam im Dunst versank.
    Althea war schon auf der Erde immer recht seefest gewesen. Seit sie an Bord gekommen war, hatten sich einige der Wolken, die auf ihrem Gemüt lasteten, bereits aufgelöst. Wenn da nicht die Furcht vor Gorchakow und die Ungewissheit über ihre Zukunft gewesen wären, hätte sie sich beinahe gelöst gefühlt. Die Ruhe, das entspannte Dasitzen und Dösen, das scheinbar ziellose Umherwandern des Schiffes zwischen den Märcheninseln dieses phantastischen Planeten, all dies entsprach ihrem Temperament und tat ihrer Stimmung gut.
    Früher hatte sie geglaubt, ihren Lebenszweck darin finden zu können, dass sie sich in hingebungsvoller Fürsorge für ihre Mutter aufopferte. Danach hatte sie all ihre Hoffnungen an die nüchtern abstrakten Heils-. Verheißungen des Ökumenischen Monotheismus gehängt. Dieser einflussreiche synkretistische Kult, der von einem gewissen Getulio Cáo gegründet worden war, vereinigte jüdische, christliche und islamische Elemente in sich.
    Die folgenschwere Abwesenheit von Bischof Harichand Raman hatte indes dazu geführt, dass ihr ohnehin noch nicht sehr gefestigtes Verhältnis zu dieser Kirche noch mehr gestört war. Sie war nun beinahe froh, dass sie noch unter ihrem eigenen Namen fuhr und nicht als Schwester ›Pietas‹ oder ›Immaculata‹ oder dergleichen; denn einen solchen Namen hätte der Bischof ihr gleichzeitig mit der Erteilung ihres Missionsauftrags feierlich verliehen. Trotzdem, wenn der Bischof in diesem Moment an Bord der Labághti aufgetaucht wäre, hätte ihr Gewissen sie gezwungen, seinen Befehlen zu gehorchen.
    Bahr, wie Althea mit einer seefesten Konstitution ausgestattet, lehnte an einer der auf Deck festgeschnallten Kisten und rauchte genießerisch seine Pfeife. Die drei Terraner waren gerade in dem Moment an Bord gekommen, als die Mannschaft beim Verstauen dieser Kisten gewesen war. Da es zu viele gewesen waren, als dass sie alle in den Laderaum gepasst hätten, hatte man den Rest auf Deck gestapelt.
    Brian Kirwan wankte mit einem Gesicht, das fast so grün war wie die der Krishnaner, auf sie zu.
    »Na, fühlen Sie sich noch immer nicht besser?« fragte Althea.
    »Ha! Es braucht schon ein bisschen mehr als ein paar läppische Wellen, um den großen Brian Kirwan aus den Schuhen zu holen. Trotzdem verfluche ich den, der als erster zwei Holzbretter zusammenband, um ein Boot zu bauen.« Der Poet schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken die Stirn. »Es wird schon vorübergehen. Na, ist das nicht eine Aussicht?« Er deutete mit einer etwas theatralischen Geste auf den Sonnenuntergang und deklamierte ein paar Verse in einer Sprache, die sich wie Keltisch anhörte. »Das ist ein Stück aus einem Gedicht, das ich gerade geschrieben habe – natürlich auf Irisch. Es handelt davon, wie die Insel Zamba am Abend auf der smaragdenen Sabadao-See sitzt, aber trotz ihres chlorophyllischen Grüns ist sie nicht Eire und wäre es selbst dann nicht, wenn sie es wäre, weil das Irland, das Zamba nicht ist, nur in der poetischen Phantasie existiert. Wenn ich mich klar genug ausgedrückt habe.«
    Althea fand zwar nicht, dass Kirwan sich klar genug ausgedrückt hatte, unterließ es jedoch, ihm das zu sagen. Die Kostprobe seiner Dichtkunst, die er da gerade gegeben hatte, mutete nach ihrem Geschmack ziemlich amateurhaft an. Tatsächlich kam sie mehr und mehr zu der Überzeugung, dass Kirwan im Grunde nichts weiter als ein exzentrischer Müßiggänger war, der dichterisches Talent reklamierte, um eine ansonsten nutzlose Existenz zu rechtfertigen. »Treffend, nicht wahr?« schwallte Kirwan, offenbar berauscht von der lyrischen Dichte seines jüngsten Meisterwerks. »Aber wenigstens hat Krishna ein bisschen Farbe, ein bisschen Poesie in sich bewahrt – nicht so

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