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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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geröteten Wangen, als sie den Eid ablegten und hofften, daß sich der Dragon mit dem Unsinn beeilen würde. Als der Sprechchor verklang, standen die neuen Mitglieder hastig auf und wichen vom Kreuz zurück. Ihre Gefährten umarmten sie, packten sie an den Schultern und klopften ihnen Beschwörungsformeln aufs schweißfeuchte Schlüsselbein. Freddie Cobb und seine Begleiter nahmen die Kapuzen ab und folgten den übrigen Klanmitgliedern in eine Hütte auf der anderen Straßenseite. Der Wächter saß vorn auf der Treppe, als sich drinnen Gläser mit Whisky füllten, als man Pläne für den Prozeß gegen Carl Lee Hailey schmiedete.
    Deputy Pirtle hatte Nachtschicht – von zehn bis sechs. Am Highway im Norden der Stadt parkte er vor Gurdys Rund-umdie-Uhr-Imbiß, um einen Kaffee zu trinken. Kurze Zeit später hörte er über Funk, daß man ihn im Gefängnis brauchte. Es war Freitag, drei Minuten nach Mitternacht.
    Pirtle ließ seine Pastete stehen und fuhr anderthalb Kilometer weit nach Süden. »Was ist los?« fragte er den Beamten in der Zentrale.
    »Vor einigen Minuten meldete sich ein anonymer Anrufer und wollte den Sheriff sprechen. Als ich antwortete, daß Ozzie heute nacht nicht im Dienst sei, forderte mich der Typ auf, ihn mit einem Deputy zu verbinden. Angeblich geht es um eine sehr wichtige Sache. Der Bursche will in fünfzehn Minuten noch einmal anrufen.«
    Pirtle besorgte sich Kaffee und wartete in Ozzies Büro. Schließlich klingelte das Telefon. »Für Sie!« ertönte es aus der Zentrale.
    Pirtle nahm den Hörer ab. »Hallo.«
    »Wer spricht dort?« fragte jemand.
    »Deputy Joe Pirtle. Und wie heißen Sie?«
    »Wo ist der Sheriff?«
    »Zu Hause. Und er schläft vermutlich.«
    »Na schön. Hören Sie jetzt gut zu, denn ich habe eine wichtige Mitteilung für Sie und rufe nicht noch einmal an. Kennen Sie den Hailey-Nigger?«
    »Ja.«
    »Kennen Sie seinen Anwalt, Brigance?«
    »Ja.«
    »Dann sperren Sie die Ohren auf. Irgendwann zwischen eins und drei heute nacht will man sein Haus in die Luft jagen.«
    »Wer?«
    »Brigance.«
    »Nein, ich meine, wer hat vor, sein Haus in die Luft zu jagen?«
    »Stellen Sie keine dummen Fragen, Deputy. Hören Sie nur zu. Dies ist kein Scherz. Wenn Sie glauben, ich wollte Sie auf den Arm nehmen, so warten Sie nur ab, bis es kracht. Es könnte jeden Augenblick geschehen.«
    Stille folgte, doch der Anrufer legte nicht auf. Pirtle lauschte.
    »Sind Sie noch da?«
    »Gute Nacht, Deputy.« Es klickte in der Leitung.
    Pirtle sprang auf und eilte in die Zentrale. »Haben Sie mitgehört?«
    »Natürlich.«
    »Benachrichtigen Sie Ozzie. Ich fahre zu Brigance.«
    Pirtle ließ den Streifenwagen auf einer Zufahrt an der Monroe Street zurück und schlich durch die Vorgärten zu Jakes Haus. Ihm fiel nichts Verdächtiges auf. Es war jetzt fünf Minuten vor eins. Langsam ging er um das Gebäude und leuchtete mit seiner Taschenlampe – nichts. Dunkelheit umhüllte alle anderen Häuser an der Adams Street. Der Deputy trat auf die vordere Veranda, schraubte dort die Glühbirne aus ihrer Einfassung und nahm in einem Korbsessel Platz. Brigances ausländischer Wagen stand ganz in der Nähe, neben dem Oldsmobile. Pirtle beschloß, auf Ozzie zu warten und ihn zu fragen, ob Jake aus dem Bett geholt werden sollte.
    Scheinwerfer erschienen am Ende der Straße. Pirtle sank noch tiefer in den Sessel, davon überzeugt, daß ihn niemand sehen konnte. Ein roter Pickup näherte sich verdächtig langsam, hielt jedoch nicht an. Er hob den Kopf und beobachtete, wie der Wagen die Fahrt fortsetzte und verschwand.
    Kurze Zeit später bemerkte er zwei Gestalten, die aus der Richtung des Stadtplatzes kamen. Pirtle löste die Sicherheitsschlaufe des Halfters und zog seine Dienstwaffe. Die erste schemenhafte Gestalt war wesentlich größer als die zweite, sie bewegte sich auch müheloser und eleganter – Ozzie. Der andere Mann war Nesbit. Pirtle begegnete ihnen auf der Zufahrt, und von dort aus wichen sie in die Finsternis der Veranda zurück. Sie flüsterten miteinander und blickten zur Straße.
    »Was hat Ihnen der Anrufer gesagt?« fragte Ozzie.
    »Angeblich beabsichtigt jemand, Jakes Haus zwischen eins und drei heute nacht in die Luft zu jagen.«
    »Das ist alles?«
    »Ja. Es klang nicht sehr freundlich.«
    »Seit wann sind Sie hier?«
    »Seit zwanzig Minuten.«
    Ozzie wandte sich an Nesbit. »Geben Sie mir Ihr Funkgerät, und verstecken Sie sich hinter dem Haus. Halten Sie dort die Augen offen.«
    Nesbit hastete

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