Die Jury
bemerkte, wie sich im zweiten Stock des Gerichtsgebäudes ein kleines Fenster öffnete. In der Dunkelheit dahinter holte jemand aus und warf eine primitive Brandbombe aufs Podium. Sie platzte vor Stumps Füßen, und Flammen leckten nach dem Wizard.
Von einem Augenblick zum anderen ging es drunter und drüber. Stump kreischte und torkelte über die Stufen. Drei seiner Leute rissen sich Kutten und Kapuzen vom Leib und versuchten damit, die Flammen zu ersticken. Die hölzerne Plattform brannte; Rauch stieg auf, und es stank nach Benzin. Die Schwarzen griffen mit Knüppeln und Messern an und schlugen auf jeden ein, der ein weißes Gesicht hatte oder einen weißen Umhang trug. Die Klanmitglieder waren vorbereitet: Unter jeder Kutte verbarg sich ein langer, dicker Schlagstock. Einige Sekunden nach der Explosion verwandelte sich der Rasen vor dem Gerichtsgebäude in ein Schlachtfeld. Männer stürmten durch den Qualm, schrien, fluchten und heulten schmerzerfüllt. Steine flogen durch die Luft, und die beiden Gruppen trafen sich im Nahkampf.
Hier und dort sank jemand zu Boden. Ozzie fiel als erster – jemand schmetterte ihm eine Brechstange an den Hinterkopf. Nesbit, Prather, Hastings, Pirtle, Tatum und andere Deputys rannten umher und trachteten vergeblich danach, Kämpfer voneinander zu trennen, bevor sie sich umbrachten. Die Reporter und Journalisten gingen nicht etwa in Deckung, sondern bahnten sich einen Weg durchs Getümmel und bemühten sich um die besten und blutigsten Schnappschüsse. Schnell wurden sie zu Zielscheiben. Ein Kameramann blickte mit dem rechten Auge durchs Okular, und ein scharfkantiger Stein traf ihn am linken. Zusammen mit seiner Kamera fiel er auf den Bürgersteig. Wenige Sekunden später erschien ein anderer Journalist und filmte den gefallenen Kollegen. Eine furchtlose und ehrgeizige Reporterin aus Memphis eilte mit einem Mikrofon über den Rasen, dichtauf gefolgt von einem Kameramann. Sie wich einem Ziegelstein aus und arbeitete sich zu einem Klanmitglied vor, das gerade zwei schwarze Teenager ins Reich der Träume schickte. Der ganz in Weiß gekleidete Mann stieß einen wilden Schrei aus, schlug die Journalistin, trat nach ihr, als sie zu Boden sank, und nahm sich dann ihren Begleiter vor.
Frische Polizeitruppen trafen ein. Nesbit, Prather und Hastings begegneten sich mitten auf dem Schlachtfeld, stellten sich Rücken an Rücken, hoben ihre Smith-&-Wesson-Dienstrevolver und schossen. Das Krachen der Schüsse kühlte die erhitzten Gemüter ab. Die Krieger erstarrten, sahen sich nach den Schützen um, stoben auseinander und verharrten zornig. Langsam kehrten sie zu ihren jeweiligen Gruppen zurück. Die Beamten schufen eine Trennungslinie zwischen den Schwarzen und Klanmitgliedern, die für den Waffenstillstand dankbar waren.
Ein Dutzend Verwundete blieb im Gras zurück. Ozzie setzte sich benommen auf und tastete nach seinem Nacken. Die bewußtlose Reporterin aus Memphis hatte eine stark blutende Kopfverletzung erlitten. Mehrere Kluxer, die weißen Kutten schmutzig und blutbefleckt, lagen auf dem Bürgersteig und rührten sich nicht. Das Podium brannte nach wie vor.
Sirenen erklangen. Kurze Zeit später rollten Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenwagen auf den Platz. Ärzte untersuchten die Verwundeten; niemand war getötet worden. Stump Sisson gehörte zu den ersten, die man ins Hospital brachte. Einige Deputys trugen Ozzie zu einem Streifenwagen. Noch mehr Polizisten kamen und trieben die Menge auseinander.
Jake, Harry Rex und Ellen aßen eine lauwarme Pizza. Ihre Blicke galten einem kleinen Fernseher auf dem Konferenztisch: Die Nachrichten berichteten ausführlich über die Ereignisse in Clanton, Mississippi. CBS brachte sogar eine Sondersendung. Der betreffende Reporter hatte den Aufruhr offenbar ohne einen Kratzer überstanden, und seine Aufnahmen zeigten den marschierenden Klan, die wütenden Schwarzen, die Brandbombe, den Kampf. »Heute nachmittag stand die genaue Anzahl der Verwundeten noch nicht fest«, sagte er. »Mr. Sisson, der sich als Imperial Wizard des Ku-Klux-Klans vorstellte, scheint besonders schwer verletzt zu sein. Er wird im Mid South Hospital in Memphis behandelt, und sein Zustand ist nach wie vor kritisch.«
Zoom auf Stump: Flammen umhüllten ihn, das Chaos wurde sichtbar. Der Journalist fuhr fort: »Das Verfahren gegen Carl Lee Hailey beginnt am Montag hier in Clanton. Bisher ist unbekannt, welche Auswirkungen die heutigen Unruhen auf den Prozeß haben
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