Die Jury
herauszufinden, und dann fertigen wir Karteikarten für die Geschworenen an. Bis zum Montag müssen wir gut mit ihnen vertraut sein.«
Nesbit kehrte zurück, fuhr zweimal um den Platz und beobachtete die Schwarzen. Er parkte zwischen dem Saab und Ellens BMW.
»Der M'Naghten-Bericht ist ein Meisterwerk. Unser Psychiater Dr. Bass kommt morgen hierher, und ich möchte, daß Sie die entsprechenden Fälle mit ihm durchgehen. Notieren Sie alle vor Gericht notwendigen Fragen, und pauken Sie die Antworten mit ihm ein. Der Typ beunruhigt mich. Ich kenne ihn nicht und verlasse mich auf Lucien. Besorgen Sie sich seinen Lebenslauf; stellen Sie Nachforschungen über seine Vergangenheit an. Führen Sie alle erforderlichen Telefongespräche. Fragen Sie beim Ärzteverband nach, um sich zu vergewissern, daß keine disziplinarischen Maßnahmen gegen ihn eingeleitet wurden. Dr. Bass ist sehr wichtig für die Verteidigung, und ich will unangenehmen Überraschungen vorbeugen.«
»Alles klar, Chef.«
Jake trank sein Bier aus. »Dies ist eine kleine Stadt, Row Ark. Meine Frau verließ den Ort vor fünf Tagen, und die Leute erfahren sicher bald davon. Sie wirken verdächtig. Die Einheimischen klatschen gern, und deshalb bitte ich Sie, diskret zu sein. Bleiben Sie möglichst im Büro. Arbeiten Sie hier in Ihrem Zimmer. Und wenn Sie jemand fragt – Sie vertreten Ethel.«
»Es fällt mir sicher schwer, einen so großen BH zu füllen.«
»Sie sind bestimmt dazu in der Lage, wenn Sie sich Mühe geben.«
»Hoffentlich ist Ihnen klar, daß ich nicht annähernd so nett bin, wie es den Anschein hat.«
»Ich weiß.«
Sie sahen, wie sich die Schwarzen ablösten. Eine neue Gruppe übernahm die Kerzen und trug sie ums Gerichtsgebäude. Nesbit warf eine leere Bierdose auf den Bürgersteig.
»Sie fahren nicht nach Hause, oder?« fragte Jake.
»Das wäre keine gute Idee. Habe zuviel Alkohol im Blut. Wenn ich unterwegs in eine Kontrolle gerate...«
»Sie können auf der Couch in meinem Büro schlafen.«
»Danke. Ich nehme das Angebot gern an.«
Jake verabschiedete sich von seiner Assistentin, schloß ab und sprach kurz mit Nesbit. Dann setzte er sich vorsichtig ans Steuer des Saab. Der Deputy folgte ihm zum Haus an der Adams Street, und dort parkte Brigance auf der Zufahrt, neben Carlas Wagen. Nesbit hielt am Straßenrand. Es war ein Uhr, Donnerstag, der 18. Juli.
30
S ie kamen zu zweit und zu dritt, aus allen Regionen des Staates Mississippi, und parkten auf dem Kiesweg im Wald. Als sie ausstiegen, trugen sie normale Kleidung, doch in der Hütte zogen sie sich um, streiften weiße Kutten und Kapuzen über und bewunderten ihr verändertes Erscheinungsbild. Die meisten kannten sich, aber einige wurden einander auch vorgestellt. Sie waren insgesamt vierzig, eine gute Gruppe.
Stump Sisson lächelte zufrieden. Er trank Whisky, stapfte durchs Zimmer und verhielt sich wie ein Trainer, der seine Mannschaft vorbereitet. Er inspizierte die Uniformen, rückte hier und dort eine Kutte oder Kapuze zurecht. Auf seine Männer war er stolz, und das sagte er ihnen auch. »Seit vielen Jahren hat hier keine so große Klanversammlung mehr stattgefunden«, betonte er. »Ich weiß sehr zu schätzen, daß ihr gekommen seid. Trotz eurer Familien und der Arbeit habt ihr euch hier eingefunden, denn es geht um eine wichtige Angelegenheit. Früher ist der Klan sehr einflußreich gewesen, und man hat ihn überall in Mississippi gefürchtet. Jene glorreiche Vergangenheit muß wieder zur Gegenwart werden. Unsere Pflicht besteht darin, für die Weißen einzutreten. Die Demonstration könnte gefährlich sein«, fügte Sisson hinzu. »Die Nigger marschieren den ganzen Tag über, und niemand schert sich darum. Aber wenn Weiße die Stimme des Protestes erheben, werden sie sofort schikaniert. Die Stadt Clanton hat unsere Demonstration genehmigt, und der Sheriff versicherte, für Ordnung sorgen zu wollen, doch wenn der Klan heutzutage irgendwo auftritt, muß er damit rechnen, von Horden junger schwarzer Mistkerle angegriffen zu werden. Seid vorsichtig und schließt eure Reihen. Überlaßt mir das Reden.«
Aufmerksam lauschten die Männer Stumps Ansprache, und als er sie beendet hatte, nahmen sie in zwölf Wagen Platz und folgten ihm zur Stadt.
Nur sehr wenige Bürger von Clanton hatten jemals Demonstrationen des Klans gesehen. Kurz vor vierzehn Uhr nahm die Aufregung am Platz immer mehr zu. Die Ladeninhaber und ihre Kunden traten unter irgendeinem Vorwand auf den
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