Die Jury
zurückließ. Sie parkten an einer kleinen, aus roten Ziegelsteinen errichteten Kirche. Nacheinander trug man die Särge zu dem unkrautüberwucherten Friedhof, und im Anschluß an ein kurzes Gebet gingen die Trauergäste auseinander.
Cobbs Eltern hatten sich vor vielen Jahren scheiden lassen, und der Vater war von Birmingham gekommen, um an dem Begräbnis teilzunehmen. Dann verschwand er.
Mrs. Cobb wohnte in einem kleinen weißen Holzhaus unweit des Ortes Lake Village, etwa fünfzehn Kilometer von Clanton entfernt. Ihre beiden anderen Söhne sowie einige Vettern und Freunde saßen unter einer Eiche auf dem Hinterhof, während sich mehrere Frauen um die Mutter des Verstorbenen kümmerten. Die Männer sprachen über Nigger, kauten Redman, tranken Whisky und erinnerten sich an die guten alten Zeiten, als die Schwarzen noch nicht gewagt hatten aufzumucken. Jetzt genossen sie den Schutz von Regierung und Gerichten; und die Weißen konnten nichts dagegen unternehmen. Ein Vetter entsann sich an einen Freund oder jemanden, der zum Ku-Klux-Klan gehörte, und schlug vor, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Cobbs Großvater war viele Jahre vor seinem Tod Mitglied des Klans gewesen, erklärte der Cousin; er hatte ihm und Billy Ray häufig Geschichten über aufgehängte Nigger in den Countys Ford und Tyler erzählt. Sie sollten ebenfalls Selbstjustiz üben, so wie der verdammte Schwarze im Knast. Aber niemand fand sich dazu bereit. Vielleicht war der Klan interessiert? Weiter im Süden gab es eine Gruppe, in der Nähe von Jackson und der Nettles County; der Vetter bekam den Auftrag, einen Kontakt herzustellen.
Die Frauen trugen das Mittagessen auf. Die Männer aßen stumm und kehrten dann zum Whisky im Schatten der Eiche zurück. Jemand erwähnte die um zwei Uhr beginnende Voruntersuchung des Niggers, und daraufhin fuhren sie nach Clanton.
Es existierte ein Clanton vor dem Doppelmord und ein Clanton danach, und es würde Monate dauern, bis sich die beiden Orte einander wieder ähnelten. Ein tragisches, blutiges Verbrechen, das weniger als fünfzehn Sekunden gedauert hatte, verwandelte die ruhige Kleinstadt im Süden in ein Mekka für Journalisten, Reporter, Kameramänner und Fotografen. Einige kamen aus der Nachbarschaft, andere von nationalen Nachrichtenagenturen. Auf den Bürgersteigen in der Nähe des Platzes wimmelte es geradezu von Kameraleuten und Fernsehjournalisten. Immer wieder fragten sie Einheimische, wie er oder sie angesichts des Hailey-Falls empfanden und wie er oder sie als Geschworene entscheiden würden. Nur selten bekamen sie klare Antworten. Dutzende von Reportern ermittelten auf eigene Faust, gingen Spuren nach und erhofften sich sensationelle Storys. Zuerst hatten es die meisten von ihnen auf Ozzie abgesehen – am Tag nach der Schießerei bat man ihn sechsmal um ein Interview. Schließlich wurde es ihm zuviel, und er überließ den Medienrummel Moss Junior, der sich häufig Scherze mit der Presse erlaubte. Er konnte zwanzig Fragen beantworten, ohne ein einziges Detail preiszugeben. Darüber hinaus log er oft, und die Fremden waren nicht imstande, seine Lügen von der Wahrheit zu unterscheiden.
»Sir, gibt es Hinweise auf zusätzliche Schützen?«
»Ja.«
»Tatsächlich? Wer steckt dahinter?«
»Wir haben einige Anhaltspunkte dafür, daß Angehörige der Black Panthers bei dem Doppelmord eine maßgebliche Rolle spielten«, erwiderte Moss Junior ernst.
Mehrere Reporter stotterten verblüfft oder rissen die Augen auf. Ihre Kollegen wiederholten die Worte und kritzelten hastige Notizen.
Bullard blieb in seinem Büro und nahm keine Anrufe entgegen. Erneut telefonierte er mit Jake und flehte ihn an, auf die Voruntersuchung zu verzichten. Brigance lehnte ab. Journalisten warteten vor Bullards Arbeitszimmer im Gerichtsgebäude, aber der Countyrichter verriegelte die Tür und tröstete sich mit Wodka.
Jemand wollte die Beerdigung der beiden Opfer filmen. Die Cobb-Jungs waren damit einverstanden, wenn sie Bares dafür bekamen, doch Mrs. Willard sprach sich dagegen aus. Die Reporter versammelten sich also vor der Kirche, begleiteten die Prozession zum Friedhof und verwendeten dort Teleobjektive. Anschließend folgten sie den Trauergästen zu Mrs. Cobbs Haus, wo Freddie, der älteste Bruder, sie hingebungsvoll verfluchte und aufforderte, das Grundstück zu verlassen.
Am Mittwoch herrschte Stille im Café. Die Stammgäste, unter ihnen auch Jake, beobachteten mehrere Fremde, die in ihr Reich vorgedrungen
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