Die Jury
und blickte durch die Jalousien.
»Nie zuvor habe ich sturere Typen gesehen«, fügte Prather hinzu. »Lassen nicht locker. Eine wahre Plage.«
»Und das dort draußen ist nur die eine Hälfte – die andere befindet sich im Gerichtsgebäude.«
Ozzie blieb zunächst stumm. Eine Zeitung hatte ihn heftig kritisiert und angedeutet, die Sicherheitsmaßnahmen im Bereich des Gerichts seien mit voller Absicht nicht sehr streng gewesen.
Allmählich verabscheute er die Presse. Bereits zweimal war er gezwungen gewesen, Reporter aus dem Gefängnis zu verbannen.
»Ich habe eine Idee«, sagte er.
»Was für eine?« fragte Moss Junior.
»Sitzt Curtis Todd noch im Knast?«
»Ja. Wird nächste Woche entlassen.«
»Er ähnelt Carl Lee, nicht wahr?«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, er ist fast so schwarz wie Carl Lee, außerdem ebenso groß und schwer.«
»Ja«, sagte Prather. »Ich verstehe nicht ganz, was...« Moss Junior grinste und sah den Sheriff an, der auch weiterhin aus dem Fenster starrte. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Ozzie.«
»Was kann nicht sein Ernst sein?« brummte Prather. Ozzie nickte langsam. »Also los. Holen Sie Carl Lee und Curtis Todd. Fahren Sie meinen Wagen zum Hintereingang. Und führen Sie Todd hierher. Ich möchte ihm einige Dinge erklären.«
Zehn Minuten später öffnete sich die vordere Tür des Gefängnisses, und mehrere Deputys eskortierten den Häftling nach draußen. Zwei Uniformierte gingen vorn, zwei hinten und jeweils einer rechts und links. Der Mann trug eine dunkle Sonnenbrille und Handschellen, die nicht zugeschnappt waren. Als sie sich den Reportern näherten, klickten und surrten Kameras. Erste Fragen erklangen.
»Werden Sie sich schuldig bekennen, Sir?«
»Wollen Sie sich nicht schuldig bekennen?«
»Haben Sie ein Geständnis abgelegt?«
»Beabsichtigt die Verteidigung, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren?«
Der Gefangene lächelte und schritt zu den Streifenwagen. Die Deputys schnitten grimmige Mienen und schenkten den Journalisten keine Beachtung. Bildreporter fotografierten den Häftling von allen Seiten.
Dutzende von Reportern beobachteten jede Bewegung des Angeklagten, und die ganze Nation sah zu, als er sich plötzlich duckte und loslief. Im Zickzack stürmte er über den Parkplatz, setzte über einen Graben hinweg, erreichte den Highway und verschwand im Gebüsch dahinter. Die Journalisten schrien, und einige von ihnen verfolgten den Geflohenen. Seltsamerweise kehrten die Deputys ins Gefängnis zurück, warfen die Tür hinter sich zu und überließen die Pressegeier sich selbst. Im Wald streifte der Gefangene die Handschellen ab und ging nach Hause. Curtis Todd war eine Woche eher als geplant freigelassen worden.
Ozzie, Moss Junior und Carl Lee kamen durch die Hintertür des Gefängnisses und stiegen in einen Streifenwagen. Einige Minuten später gelangten sie zum Gericht, wo weitere Deputys warteten, um Tonyas Vater in den Verhandlungssaal zu führen.
»Wie viele Nigger sind dort draußen?« wandte sich Bullard mit schriller Stimme an Mr. Pate.
»Jede Menge.«
»Wundervoll! Jede Menge Nigger. Ich schätze, es sind auch jede Menge Rednecks zugegen, oder?«
»Ziemlich viele, ja.«
»Ist der Gerichtssaal voll?«
»Überfüllt.«
»Lieber Himmel – es handelt sich doch nur um eine Voruntersuchung!« heulte Bullard. Er leerte ein Glas Wodka, und Mr. Pate reichte ihm ein weiteres.
»Immer mit der Ruhe, Richter.«
»Brigance. Es ist seine Schuld. Er hätte darauf verzichten können. Ich habe ihn ausdrücklich darum gebeten. Sogar zweimal. Er weiß, daß ich den Fall ans große Geschworenengericht weiterleite. Das weiß er ganz genau. Alle Anwälte wissen es. Aber jetzt verärgere ich die Nigger, weil ich Carl Lee nicht freilasse. Und ich erwecke den Zorn der Rednecks, weil ich nicht sofort seine Hinrichtung anordne. Das zahle ich Brigance heim! Er will nur einen großen Auftritt vor den Kameras. Ich muß wiedergewählt werden, aber er nicht, oder?«
»Nein, Richter.«
»Sind Polizisten im Saal?«
»Viele. Der Sheriff setzt auch die Reservisten ein. Ihnen droht keine Gefahr.«
»Und die Presse?«
»Einige Journalisten sitzen in den vorderen Reihen.«
»Keine Kameras!«
»Keine Kameras.«
»Ist Hailey da?«
»Ja, Sir. Er hat neben Brigance am Tisch der Verteidigung Platz genommen. Alle warten auf Sie.«
Bullard füllte einen Plastikbecher mit unverdünntem Wodka. »Na schön, gehen wir.«
Wie vor den sechziger Jahren war der Gerichtssaal
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