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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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waren. Die meisten von ihnen hatten Bärte, sprachen mit ungewöhnlichem Akzent und bestellten keine Grütze.
    »Sie sind doch Mr. Haileys Anwalt, oder?« rief einer von ihnen durch den Raum.
    Jake schmierte Marmelade auf seinen Toast und schwieg. »Stimmt das, Sir?«
    »Ja«, bestätigte Brigance widerstrebend.
    »Wird sich Ihr Mandant schuldig bekennen?«
    »Ich frühstücke.«
    »Schuldig oder nicht schuldig?«
    »Kein Kommentar.«
    »Warum kein Kommentar?«
    »Kein Kommentar.«
    »Warum?«
    »Während des Frühstücks gebe ich keinen Kommentar ab.«
    »Sind Sie später bereit, einige Fragen zu beantworten?«
    »Ja, vereinbaren Sie einen Termin mit meiner Sekretärin. Jedes Interview kostet sechzig Dollar pro Stunde.«
    Die übrigen Stammgäste lachten, doch die Fremden behielten ihre Hartnäckigkeit bei.
    Am Mittwoch sprach Jake mit Reportern aus Memphis und gab ein Interview, ohne Geld dafür zu verlangen. Später verbarrikadierte er sich im Kriegszimmer, um dort Vorbereitungen für die Verhandlung zu treffen. Um zwölf besuchte er seinen Klienten im Gefängnis. Carl Lee wirkte ruhig und entspannt. Von seiner Zelle aus beobachtete er die vielen Journalisten auf dem Parkplatz.
    »Wie gefällt's Ihnen hier?« fragte Jake.
    »Eigentlich ganz gut. Das Essen ist nicht übel. Ich nehme die Mahlzeiten zusammen mit Ozzie in seinem Büro ein.«
    »Was?«
    »Ja. Wir spielen auch Karten.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein. Manchmal sitzen wir vor dem Fernseher. Zum Beispiel gestern abend bei den Nachrichten. Sie sahen gut aus. Ich mache Sie berühmt, nicht wahr?«
    Jake blieb stumm.
    »Wann kann ich vor die Kameras treten? Ich habe Cobb und Willard umgebracht, aber Sie und Ozzie werden dafür berühmt.« Der Klient lächelte – der Anwalt nicht.
    »In etwa einer Stunde.«
    »Ja, ich habe gehört, daß man uns heute vor Gericht erwartet. Weshalb?«
    »Wegen der Voruntersuchung. Keine große Sache – normalerweise. Diesmal ist es anders. Aufgrund der vielen Journalisten.«
    »Was soll ich sagen?«
    »Nichts! Sie sprechen mit nie mandem. Weder mit dem Richter noch mit dem Ankläger oder irgendwelchen Reportern. Wir hören einfach nur zu, um festzustellen, wie die Staatsanwaltschaft den Fall vorträgt. Angeblich hat sie einen Augenzeugen, und vielleicht gibt er eine Aussage zu Protokoll. Bestimmt wird Ozzie in den Zeugenstand gerufen, um von der Tatwaffe zu berichten, den Fingerabdrücken und Looney...«
    »Wie geht's Looney?«
    »Keine Ahnung. Es steht schlimmer um ihn, als man zunächst dachte.«
    »Mann, es tut mir wirklich leid, daß er getroffen wurde. Ich habe ihn nicht einmal gesehen.«
    »Nun, dafür müssen Sie mit einer zusätzlichen Anklage rechnen: schwere Körperverletzung. Wie dem auch sei... Die Voruntersuchung ist nur eine Formalität. Der Richter entscheidet dabei, ob es genug Gründe gibt, den Fall ans große Geschworenengericht weiterzuleiten. Bestimmt gibt es keine Überraschungen – Bullard leitet alle Fälle weiter.«
    »Warum findet dann überhaupt eine Voruntersuchung statt?«
    »Wir könnten darauf verzichten«, sagte Jake und dachte an die vielen Kameras. »Aber das halte ich für verkehrt. Wir bekommen die Möglichkeit, erste Eindrücke von der Strategie der Staatsanwaltschaft zu gewinnen.«
    »Nun, es dürfte ihr ziemlich leicht fallen, meine Schuld zu beweisen, oder?«
    »Ja. Trotzdem: Wir hören uns alles an. Das ist der Sinn einer Voruntersuchung. In Ordnung?«
    »Meinetwegen. Hatten Sie heute Gelegenheit, mit Gwen oder Lester zu reden?«
    »Nein. Ich habe Montag abend mit ihnen telefoniert.«
    »Gestern waren sie hier, in Ozzies Büro. Versprachen mir, heute im Gerichtssaal zu sein.«
    »Ich glaube, heute sind alle im Saal.«
    Jake ging. Auf dem Parkplatz schob er sich an einigen Journalisten vorbei, die darauf warteten, daß man Carl Lee vom Gefängnis zum Gericht brachte. Er hatte keine Kommentare für sie, auch nicht für die Reporter, die vor seinem Büro standen.
    Derzeit war er zu beschäftigt, um weitere Fragen zu beantworten, doch die Präsenz der Kameras entging ihm nicht.
    Um halb zwei suchte er das Gerichtsgebäude auf und verbarg sich in der Rechtsbibliothek des zweiten Stocks.
    Ozzie, Moss Junior und die Deputys beobachteten den Parkplatz. Sie verfluchten die Journalisten und Kameramänner – es war Viertel vor zwei, und es wurde Zeit, den Gefangenen zum Gericht zu bringen.
    »Wie Geier, die neben dem Highway darauf warten, über einen toten Hund herzufallen«, meinte Moss

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